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Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
Autoren: Dietrich Faber
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nicht stimmt. Aber ich versuche es doch! Ich gehe doch Schritte auf sie zu. Warum sonst sitze ich hier mit meinen Eltern im Zug und tue mir das an? Es war
mein
Angebot, meine Eltern auch auf die blöde Beerdigung zu begleiten. Ich kenne diesen alten Kollegen meines Vaters nicht. Er ist nach Berlin gezogen, da war ich zwanzig, und mein Vater war der große Zampano in der Polizeidirektion.
    «Hat sie wirklich noch so gar keine Idee?», reißt mich Mutter aus meinen Gedanken, und Vater flucht: «Diese Klimaanlagen, die sind viel zu kühl. Immer! Immer viel zu kühl, viel zu kühl sind die. Moderner Mist!»
    JVA Butzbach, 26 . 9 . 1991
    liebe kirsten. ich weiß nicht, ob du dich freust, wenn du das liest. ich weiß noch nicht mal, ob du das hier überhaupt lesen kannst und diesen brief erhältst, da, wo du bist. wo auch immer das ist. vielleicht muss ich mich bei dir entschuldigen, ich weiß es nicht. ich weiß aber nicht, wie. ich weiß nur, dass ich dich vermisse. das ist die strafe. diese zelle hier und all die jahre, die ich hier verbringen muss, könnte ich ertragen, wenn ich dich nur danach wiedersehen könnte. ich werde mich hier durchbeißen. ich habe vor niemandem mehr angst, ich lass nicht mehr auf mir rumtrampeln, ich lass mich von keinem mehr verarschen. und sie werden es alle bereuen, das sage ich dir. vielleicht interessiert dich das jetzt nicht mehr, nach alldem. doch ich weiß, dass du zu mir hältst. weil du mich liebst, kirsten, oder? du liebst mich doch??? noch immer, oder? da, wo du bist!
     
    kirsten, nur du und ich, nur wir beide kennen die wahrheit. wir wissen, was und wie es geschah. das ist unser geheimnis, für immer. und ich werde es hüten, für dich. dann können sie, so oft, wie sie wollen, mit mir reden oder psychologen auf mich ansetzen. für dich sitze ich die jahre nun ab. für dich lasse ich mir von diesem penner mirko aufs maul hauen. mir ist das egal.
    eigentlich sind nur arschlöcher hier. nur mit einem, mit jan, komme ich ganz gut klar. der ist in ordnung. der hat seinen vater erschlagen.
    es gibt essen nun, ich meld mich wieder, versprochen!

Kapitel 3
    D ie Bundeshauptstadt zeigt sich von ihrer bewölkten, windigen, pieseligen Seite, als wir mit unserem Zug endlich ankommen.
    «Aha, das ist also der Hauptbahnhof», stellt mein Vater messerscharf fest und deutet mit dem Finger irgendwohin.
    «Na ja, da wir mit dem Zug gefahren sind, glaube ich auch, dass dies hier nicht der Flughafen ist», nörgele ich spätpubertär und befeuere die leicht aggressive Grundstimmung.
    «Sei nicht so frech», sagt meine Mutter und sieht dabei blass aus.
    Ich frage sie in aufrichtig sorgenvollem Ton, ob ihr nicht gut ist.
    «Ach, das geht schon», winkt sie ab. «Macht euch mal um mich keine Gedanken.»
    Meine Mutter ist keine Memme. Nicht so wie ihr Sohn. Sie nervt einen mit dieser Selbstlosigkeit, die für Frauen ihrer Generation nicht ganz untypisch ist.
     
    Wir zerren unsere jeweiligen Koffer, Hunde, Mütter, Väter, Söhne und Töchter über diverse Gleise, Rolltreppen, an unzähligen Geschäften und Restaurants vorbei, durch irrsinnige Menschenmassen hindurch, und steuern am Bahnhofsvorplatz einen Taxi-Van an. Ein kleiner Mann mit Brille, der ein wenig wie Hermann Hesse aussieht, packt unser Gepäck in den Kofferraum. Er schwäbelt, und ich bin ein klein wenig überrascht, da ich immer davon ausging, dass hier alle Taxifahrer berlinern, schroff und unfreundlich oder wenigstens Inder mit Turban sind.
    Unser Fahrer erzählt auf der kurzen Strecke zum Hotelkettenhotel in der Chausseestraße mit freundlicher, weicher Stimme, dass er derzeit an einem Krimilyrikband schreibt, in dem er assoziativ reale Kriminalfälle aus Böblingen in Versform verarbeitet. Es sei schwer, für solch ein Projekt einen Verlag zu finden, meint er, zumal sein Buch gut 700  Seiten haben würde. Berlusconi, der unruhig auf meinen Schoß haart, knurrt eine Ampel an. Charlie, der in Laurins Gewahrsam sitzt, sabbert. Melina lässt sich von ihrem Smartphone orten.
    «Kann man nicht mal hergehen, Melina, und rausschauen, wenn man schon mal in Berlin ist?», unterbricht mein Vater den Redefluss des schwäbelnden Dichterfahrers. «Weiß man denn überhaupt, wie der Fluss heißt, den wir linker Hand fließen sehen?»
    «Keine Ahnung», nuschelt Melina fast so wie Til Schweiger. «Themse?»
     
    Eins muss man meinen Eltern lassen. Sie haben mich und die Kinder großzügig in ein Vier-Sterne-Hotelzimmer in «Toplage» nahe
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