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Tote gehen nicht

Tote gehen nicht

Titel: Tote gehen nicht
Autoren: Carola Clasen
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gut. Ich komme dich besuchen, Edgar!«, rief Rita und schaute ihm nach, als würde mit ihm der Sinn ihres Lebens ans Ende der Welt für immer davongetragen.
    »Gar nichts werden Sie tun!«, schrie Neugebauer sie an.
    Rita hörte es nicht einmal. »Du kannst auf mich zählen, Edgar.«
    Der Notarzt warf noch einen kurzen Blick auf das Bein auf der Bank und schlug Sonja Senger ermunternd auf die Schulter. »Halb so schlimm«, meinte er. »Sonst fehlt Ihnen nichts?«
    »Nein. Ich frage mich nur, wie ich nach Hause kommen soll, wenn Sie alle Autos auf den Schrottplatz geschafft haben«, krähte sie.
    Er senkte seine Stimme und flüsterte: »Unter uns, Sie stehen in Alendorf auf dem Wendelinusplatz. So böse sind wir gar nicht.« Laut fügte er hinzu: »Ich nehm’ Sie mit. Dann können wir das Bein direkt röntgen.«
    »Ins Krankenhaus? Kommt nicht infrage. Da schleppe ich mich lieber über den Kalvarienberg.«
    »Na, dieser Ort passt doch sehr schön zu Ihrem Krankheitsbild«, meinte der Notarzt und kletterte zu Edgar in den Krankenwagen, zog die Türen zu und hantierte hinter der Milchglasscheibe im Inneren. Ein Sanitäter klemmte sich hinters Steuer und sprach in ein Funksprechgerät. Der andere musterte die verstörte Gruppe und schien Mitleid zu haben. »Ich würde Sie ja mitnehmen, aber wir sind voll.«
    »Reden Sie kein Blech. Im Notarztwagen ist noch Platz«, erinnerte ihn Roggenmeier.
    »Der hat schon den nächsten Einsatz in der Leitung. Keine Zeit, irgendwelche Leute in der Gegend herumzuchauffieren, tut mir echt leid. Wir müssen los!«
    »Wohin bringen Sie ihn?«, wollte Wesseling wissen.
    »Mal schauen, wo ein Bett frei ist.«
    Er nahm den jungen Mann beiseite, klopfte ihm auf die Schulter und flüsterte: »Bringen Sie ihn mal in die   Klinik am Wald . Da kommt er her, da gehört er hin.«
    Während Brummer und Neugebauer neben ihren Gefangenen stehen blieben wie die Wachsoldaten, orderte Roggenmeier zwei Streifenwagen und Wesseling gab dem Piloten des Hubschraubers zu verstehen, dass seine Arbeit getan war. Danach sammelte er den anderen Teleskop-Stock auf und schlenderte damit zur Bank.
    Nachdem der Hubschrauber abgedreht hatte und es im Lampertstal wieder leise geworden war, fragte Wesseling Sonja Senger: »Wie geht es dir?« Vorsichtig setzte er sich neben ihr Bein und betrachtete angewidert den dunkelrotblauen Sohlenabdruck, die Schrammen und Hautabschürfungen. »Sieht übel aus.«
    »Nicht wahr?« Sonja linste über ihre Sonnenbrille hinweg.
    »Du warst gut«, lobte er sie. »Vielleicht ein bisschen übertrieben, aber nur ein bisschen.«
    »Nur das Einwohnermeldeamt war fiktiv.«
    »Sollte nicht Sarah Neroth den Job machen?«, fragte er und bog die Schultern zurück.
    »Für sie war mir das zu gefährlich«, erklärte Sonja. »Sie hat das ganze Leben noch vor sich.«
    »Sie waren einfach fantastisch!«, rief der hinzukommende Roggenmeier aus, umfasste Sonjas Rechte mit beiden Händen und drückte sie so fest er konnte. »Herzlichen Glückwunsch. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Besonders, wenn ich bedenke, wie Sie es hassen zu wandern. Abgrundtief, wenn ich nicht irre.«
    Sonja betrachtete ihre rechte Hand, als gehöre sie ihr nicht mehr. Die Finger baumelten herab, als handele es sich um einen Bund Möhren. »Sie irren«, sagte sie, blickte zu ihm auf und strahlte ihn an. »Ich glaube, es könnte glatt meine Lieblingsbeschäftigung werden, und das habe ich allein Ihnen zu verdanken.«
    Roggenmeier lächelte irritiert.
    Sonja zog sich den Südwester vom Kopf und nahm ihre Sonnenbrille ab. Sie blinzelte ins Tageslicht.
    »Aber für wen haben Sie sich so verkleidet?«, wollte Roggenmeier wissen. »Und warum haben Sie die ganze Zeit Ihre Stimme verstellt?«
    »Für Rita Funke natürlich«, erklärte Sonja verwundert. »Ich musste davon ausgehen, dass sie mich in Einruhr oder Gemünd oder Blankenheim gesehen hat.«
    »Egal. Hauptsache wir haben Rita Funke.«
    »Was egal ist, bestimme ich«, behauptete Wesseling.
    Sonja fasste sich an den Kopf und war froh, als sie endlich die Reifengeräusche auf dem steinigen Weg hörte.
    Lutz Winkelmann und Rita Funke wurden, nachdem man ihnen die Fußfesseln abgenommen hatte, auf die beiden Streifenwagen verteilt. Brummer und Neugebauer erklärten sich zu ihrem Begleitschutz. Roggenmeier und Wesseling setzten sich neben die jeweiligen Fahrer.
    Als alle Platz genommen hatten, die Türen geschlossen und die Motoren angeworfen waren, fiel Wesseling auf, dass man
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