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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht
Autoren: Oliver G Wachlin
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Verzweifelt wie er war, machte er den Steve McQueen, wie sich Boelter ausdrückte. Lahn klatschte gegen die Windschutzscheibe des schweren Plymouth und war sofort tot.
    So weit das Geständnis. Plausibel, wie ich finde. Dennoch habe ich das Gefühl, dass etwas fehlt. Ich klopfe an das blickdichte Fenster zum Vernehmungsraum. Hünerbein schaut auf und kommt sofort heraus.
    »Was ist?«
    »Lass mich mit ihm sprechen. Bitte!«
    »Das geht nicht.« Hünerbein schüttelt den Kopf. »Damit gefährdest du die rechtliche Verwertung seiner Aussage. Du giltst vor Gericht als befangen.«
    »Ich weiß«, erwidere ich genervt, »und trotzdem muss ich mit ihm reden. Meinetwegen außerhalb des Protokolls, klar?«
    »Mensch, Sardsch …« Hünerbein wiegt unwillig das Haupt. »Was willst du denn mit ihm bereden? Worum geht’s denn?«
    »Zum Beispiel um den toten Arndt«, antworte ich, »Werner von Lahn muss vermutet haben, dass er von Arndt erpresst wird. Deshalb ließ er ihn umbringen.«
    Hünerbein starrt mich an. »Du meinst …« Er deutet durch die Scheibe zu Boelter, »von ihm?«
    »Sein Motorrad war am Tatort.«
    »Okay«, seufzt Hünerbein nach einer Weile. »Außerhalb des Protokolls, klar? Die Sache bleibt unter uns.«
    Und dann öffnet er mir die Tür zum Vernehmungsraum.
    Boelters Gesicht erhellt sich merklich, als er mich erkennt.
    »Ja, ich bin wieder auf den Beinen«, sage ich lächelnd und setze mich ihm gegenüber, »dank deines Yogitees wahrscheinlich.«
    »Ick sage ja imma«, Boelter strahlt, »die Inda mit ihre Spiritualität. Wer nich als Rind wiedajeboren wird, überlebt mit Yogitee, wa?«
    »Okay, Heini«, ich beuge mich etwas vor und sehe ihn an, »wie oft hast du für diesen Borsalinohut gearbeitet?«
    »Zweimal«, kommt es prompt.
    »Zweimal«, frage ich nach, »also erst in der Stasizentrale und dann dieser etwas unangenehme Job auf dem Bauernhof?«
    Heini Boelter klappt der Unterkiefer herunter. »Woher wissense ‘n det?«
    »Yogitee«, ich tippe mir gegen den Kopfverband, »ist auch gut fürs Hirn. Wollen wir mal Klartext reden?«
    »Mann«, jammert Boelter, »ick bin doch keen Verbrecher. Ich wollte doch nur …«
    »Ein ganz großer Agent sein, richtig? Das Abenteuer erleben, wie im Film. Da müssen auch Leute sterben. James Bond hat die Lizenz zum Töten.« Ich biete ihm eine Zigarette an, und fast tut er mir leid. »Heini, was ist auf Arndts Hof in Selchow passiert?«
    Er starrt mich an, und seine Augen füllen sich mit Tränen. Dann fängt er an zu erzählen.
    »Samstagmorgen fand ick in mei’m Postkasten ‘n Umschlag mit Jeld. Fünftausend Märker und ‘n Zettel, auf dem stand, dass ick nachmittags, Punkt sechzehndreißig mit meine Beiwagenmaschine nach Schönefeld fahren soll. Im Flughafenrestaurant hat der Borsalinohut auf mich jewartet.«
    »Werner von Lahn«, nicke ich.
    »Meinetwegen«, sagt Boelter. »Diesmal war der Auftrag, ein Objekt abzufackeln.«
    »Arndts Bauernhof«, präzisiere ich. »Hat er gesagt, warum der Hof brennen sollte?«
    »Nee. Ick wollte och nich so jenau nachfragen. So wat macht man als Profi nich, vastehste? Jedenfalls hat er mir noch mal fünf Mille versprochen. Wenn allet jut jeht.«
    Also insgesamt zehntausend Mark, denke ich. »Und weiter?«
    »Na ja, wir sind runtergegangen. Auf den Parkplatz vor der Abflughalle. Da stand so ‘ne dicke S-Klasse.«
    Lahns Wagen, vermute ich und sehe Boelter fragend an. »Kennzeichen?«
    »Keene Ahnung. Da hab ick nich druff jeachtet. Jedenfalls holt der aus sei’m Kofferraum zwei Vierzig-Liter-Kanister Benzin und stellt sie mir in den Beiwagen.« Boelter schnieft und tupft sich die Augen trocken. »Ick wusste doch nich, dass …«
    »Ganz ruhig«, tröste ich ihn, »immer der Reihe nach. Ich nehme an, ihr seid dann nach Selchow gefahren. Zum Hof von Arndt. Mit der Beiwagenmaschine?«
    Boelter nickt. »Der Borsalinohut saß hinten und zeigte mir, wo’s lang jeht. Wir fuhren so ‘n Schleichweg über die Felder, det hatte der vorher allet ausbaldowert. Und hinter der Scheune musste ick dann halten.«
    Das deckt sich mit Damaschkes Spurenanalyse, überlege ich.
    »Der Borsalinohut ging dann auf den Hof und in die Scheune«, erzählt Boelter weiter, »ick sollte warten, bis er zurückkommt.«
    »Und dann?«
    »Nach ‘ner janzen Weile – ick denke noch, wat macht der so lange in der Scheune – fährt so ‘n alter Dreielfer Wartburg auf det Jehöft und ‘n Typ steigt aus und jeht ins Haus.« Boelters Hände zittern
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