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Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)

Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als ihm Eirik zuvorkam.
          >> Man kann die Verletzung und die Todesursache auch sehr theatralisch beschreiben, nicht wahr Hochwürden? <<
          Taris biss sich auf die Zunge. Eirik fing schon wieder an.
    Der Erlöser schmunzelte. >> Ich gebe zu, dass jener, der sucht, viel Theatralik in der Kirche finden wird. Die meisten machen dann jedoch den Fehler und sehen nicht, was hinter der Theatralik auf sie wartet: unverblümte, sachliche Wahrheit. << Uriel machte eine kurze Pause und noch bevor der Medikus etwas darauf antworten konnte, fuhr er fort. >> Fakten, Eirik Bentlahn. Ihr mögt doch Fakten, nicht wahr? <<
          Das war das erste Mal, dass der Erlöser in die Offensive gegangen war und noch dazu, zumindest in Taris’ Augen, sehr erfolgreich. Auch wenn Eiriks Vorbehalte gegenüber der Kirche langsam anfingen, ihm auf die Nerven zu gehen, war Taris dennoch auf dessen Reaktion gespannt.
          >> Fakten findet man in der Wissenschaft, Hochwürden. Das hier… << , Eirik deutete auf die roten Verfärbungen, >> sind keine Male, sondern Druckstellen. Seine Mörder haben sie ihm beigebracht und ich bin mir sicher, dass sie letzten Endes auch zum Tod geführt haben! <<
          >> Nun, dann ist die Bezeichnung Male des Todes doch ganz treffend << , konterte Uriel ruhig und lächelte dabei.
          >> Nennt es, wie Ihr wollt! << , bellte Eirik trotzig und zuckte dann mit den Schultern. Für ihn hatte sich die Sache damit scheinbar erledigt. Er widmete sich wieder der Leiche und begann, vorsichtig den reglosen Kopf abzutasten. Ganz sachte drehte er ihn dabei hin und her.
          >> Ihr werdet keine gebrochenen Knochen finden Eirik. << , kommentierte Uriel sachlich die Bemühungen des Medikus und wechselte danach kurz einen vielsagenden Blick mit Bruder Malachias.
          Der Medikus ließ sich davon zunächst nicht stören und führte seine Finger langsam über den Scheitel der Schädeldecke bis runter zum Nacken. Dann jedoch stutzte er und sah ehrlich überrascht zu Uriel. Das Wortgefecht von eben schien vergessen. >> Wie habt Ihr das gemacht? Ihr habt den Leichnam doch nur einmal kurz berührt! <<
          Jeder andere Erlöser hätte seinen wortgewandten Sieg sofort ausgekostet und sich auf eine besonders überhebliche Art bestätigt gefühlt, doch nicht Uriel. Der beugte sich neben Eirik zum Leichnam runter und deutete auf die roten Male. >> Bücher, Eirik. Ich habe diese Male schon einmal gesehen und auch über sie gelesen. Jemand mit diesen Malen stirbt nicht an gebrochenen Knochen oder Blutverlust. << Uriel machte eine Pause und suchte den Blick des Medikus. >> Ich bin mir sicher, Ihr wisst wovon ich spreche << , fügte er dann noch hinzu und forschte in den Augen des alten Mannes.
          Eirik wirkte kurz irritiert, winkte dann jedoch ab und erhob sich mit einem Stöhnen. >> Ich kenne die Verse der Altvorderen, ja. Nützliches, das mir bei meiner Arbeit helfen konnte, fand ich jedoch nicht. <<
          >> Dann hättet Ihr genauer suchen müssen. Euer Bericht der heutigen Nacht und dieser Unglückliche hier << , er deutet kurz auf Talins Leichnam, >> sollten Euch Beweis genug sein, dass die alten Verse die Wahrheit erzählen. Eine alte, lang vergangene Wahrheit, meinetwegen auch in pathetische Worte verpackt und mit viel Theatralik versehen, aber am Ende … schlicht die Wahrheit. <<
          >> Wahrheit liegt in der Wissenschaft, Hochwürden, aber ganz sicher nicht in alten, dogmatischen Texten. << , erwiderte Eirik verbittert.
          Taris sog scharf die Luft ein und Bruder Malachias erging es nicht anders. Er konnte sehen, wie der Glaubensbruder förmlich zusammenzuckte. Sich über Facetten des Glaubens zu unterhalten war mutig, blasphemische Äußerungen, noch dazu gegenüber einem Erlöser der Herrin, zu tätigen hingegen einfach nur dumm! Uriels Augen wurden hart und kalt wie Eis. Taris rechnete mit dem Schlimmsten. Zu seiner großen Überraschung blieb es jedoch aus.
          >> In anderen Teilen des Reiches würdet Ihr für diese Worte in das Feuer der Erlösung gehen, Medikus. Es würde zu keiner Verhandlung kommen und das Urteil auf der Stelle vollstreckt werden. <<
          Taris konnte spüren, wie aufgebracht und empört der Erlöser war, doch meinte er im selben Moment auch etwas Anderes in Uriels Blick zu sehen: Enttäuschung. Ehrliche, unverhohlene Enttäuschung.
          >> Schickt mich
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