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0182 - Mord ist kein Geschäftsbetrieb

0182 - Mord ist kein Geschäftsbetrieb

Titel: 0182 - Mord ist kein Geschäftsbetrieb
Autoren: Mord ist kein Geschäftsbetrieb
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Es roch in der Kneipe, wie es nur in kleinen chinesischen Garküchen zu riechen pflegt, in denen Küche, Essraum der Gäste und das Spielzimmer der Kinder des Koches auf knappen zwanzig Quadratyards untergebracht sind, ohne unnötige, raumfressende Zwischenwände.
    Undefinierbare Düfte stiegen von dem Herd auf, an dem der chinesische Besitzer, Koch, Kellner und Kassierer in einer Person, in den Töpfen rührte.
    Wie Sardinen in der Büchse zwängten sich die Gäste, lauter Chinesen, an den Tischen und warteten darauf, dass serviert wurde.
    Das Lokal hatte zwei Ausgänge. Der eine führte atif irgendeine namenlose, enge Gasse in Chinatown, eine dieser Gassen, die nicht zur Attraktion der Besucher von San Francisco dienen, sondern in der die Bewohner von Chinatown hausen. Ein Vorhang aus Perlenschnüren verhinderte den Blick nach draußen. De,r andere Ausgang führte in einen Hof, auf dem die lebenden Vorräte des Küchenchefs in Gestalt von zwei kleinen schwarzen Schweinen herumschnüffelten.
    Nur ein Weißer befand sich außer mir in der Kneipe, ein mittelgroßer, fuchsäugiger Mann in einem grellen, abgetragenen Anzug. Sein Hemd war angeschmutzt, die Krawatte voller Flecken. Der Kerl wirkte kaum sauberer als die Schweine im Hof.
    Jerry, alter Junge, sagte ich mir, du hast es gerade nötig, dich lustig zu machen. Fasse in dein Gesicht! Du fühlst einen vier Tage alten Bart! Sieh dir die bestaubten und abgelatschten Stiefel an den Füßen an. Die Hosen, die du trägst, sind nicht mal gut genug, einen Fußboden damit zu wischen. Deine Jacke wurde schon während des Bürgerkriegs als abgetragen auf den Müll geworfen, und wenn du in die Taschen dieser Jacke fasst, so wirst du nichts darin finden als ein zusammengeknotetes Taschentuch, in dem sich genau vier Dollar und sechzig Cent befinden, die du in das Tuch geknotet hast, damit sie sich nicht durch die zahlreichen Löcher verflüchtigen. Also los, mein Junge, keine Hemmungen. Setz dich ruhig zu dem Schmutzfink an einen Tisch. Es ist ohnedies sonst kein Platz frei.
    Aus irgendeinem Grund hatten es die Chinesen vermieden, sich zu dem Weißen zu setzen. Er saß allein vor dem kleinen Tisch, und es gab keinen zweiten Stuhl, sondern nur eine Bank.
    Ich schob mich auf die Bank neben ihm.
    »Hallo!«, sagte ich.
    Seine Fuchsaugen musterten mich von oben bis unten. Dann verzog er die Lippen zu einem Grinsen und zeigte vier oder fünf schwarze Zahnstummel.
    »Setze dich, old Chap!«
    Der Küchenchef verließ für einen Augenblick seine brodelnden Töpfe und rollte seinen Bauch zu unserem Tisch. Er lächelte wie ein ganzer Eimer voll Schmalz.
    »Willkommen, Sir«, lispelte er. »Sehr willkommen! Wünschen zu speisen? Empfehle Suey mit Reis und Bambus! Empfehle Huhn und Morchel! Empfehle Sate und Chip-Chip! Empfehle…«
    »Hast du Whisky?«
    »Sehr guten Whisky, Sir! Fine old Whisky, 20 Cent das Glas. Noch Finer old Whisky 25 Cent. Schottischer Whisky, sehr alt, 30 Cent. Wirklicher Whisky, nicht von mir, sondern aus Fabrik, 50 Cent.«
    »Okay, bring mir den für einen halben Dollar.«
    Der Wirt trollte sich, verweilte kurz an seinen Töpfen und zauberte dann eine Flasche und ein Glas aus einem Eiskasten.
    Mein Nachbar kommentierte meine Bestellung mit Kopf schütteln.
    »Niemals Drinks bei den Chinesen bestellen«, sagte er und beugte sich zu mir herüber. »Vom Kochen verstehen sie ’ne Menge, aber von Drinks verstehen sie gar nichts. Bist du nicht von hier?«
    Der Wirt stellte den Whisky auf den Tisch. Ich nahm das Glas und leerte es auf einen Zug. Das Teufelszeug warf mich nahezu von der Bank. Es hatte mehr Verwandtschaft mit unraffiniertem Petroleum als mit einem ehrlichen Whisky.
    Ich wischte mir die Tränen aus den Augen.
    »Jetzt Essen?«, fragte der Chinese. »Empfehle ..:«
    »Nein, noch ein Glas von dem Gift!«
    Jetzt lächelte er nicht wie ein Eimer, sondern wie ein Fass voll Schmalz.
    »Erst diesen Drink zahlen!« Er hielt mir in untertäniger Verbeugung, aber unmissverständlich seine schmutzige Hand unter die Nase.
    Ich zog mein Taschentuch, knotete es auseinander und gab ihm einen Dollar.
    »Kein Hunger?«, erkundigte sich mein Nachbar.
    »Doch, aber kein Geld für ein Essen«, knurrte ich. »Die drei Dollar, die ich noch besitze, lege ich lieber in Drinks an. Wenn ich jemanden um ein Essen angehe und dabei meinen Magen laut knurren lasse, dann packt ihn das Mitleid und er gibt mir irgendetwas, in das ich beißen kann. Aber versuch’s mal, Bruder, und geh
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