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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung
Autoren: Julie Kagawa
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trug eine Ahnung des Neubeginns mit sich. Allerdings nicht für mich.
    Eine Gruppe Soldaten, angeführt von Sergeant Keller, stürmte auf mich zu. Sie umzingelten mich, hoben die Waffen und fixierten mich mit misstrauischen, ängstlichen Mienen. Ich hob beschwichtigend die Hände.
    Der Sergeant trat vor. Das sympathische Lächeln war verschwunden, grimmig presste er die Lippen zusammen. »Ist es wahr?«, fragte er und musterte mich mit schmalen Augen. »Bist du wirklich ein Blutsauger, wie der Doc behauptet?« Als ich nicht antwortete, versteinerte seine Miene. »Antworte mir, sonst pumpen wir dich mit Blei voll, dann werden wir ja sehen, ob du stirbst oder nicht.«
    »Ich will keinen Ärger«, sagte ich ruhig und achtete darauf, dass meine Hände dort blieben, wo sie alle sehen konnten. »Ich wollte gerade gehen. Lasst mich hier raus, dann werdet ihr mich niemals wiedersehen.«
    Sergeant Keller zögerte. Die anderen Soldaten zielten weiterhin auf mein Herz. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Bewegung auf dem Wasser: Eine schmutzig weiße Fähre näherte sich der Anlegestelle. Dieses Boot würde alle außer mir nach Eden bringen.
    »Sarge«, knurrte einer der Männer schließlich, »wir sollten sie töten. Und zwar sofort, bevor jemand mitkriegt, dass wir einen Vampir durchs Tor gelassen haben. Wenn der Bürgermeister das erfährt, bricht in der ganzen Stadt Panik aus.«
    Betont ruhig sah ich Keller in die Augen, auch wenn mein ganzer Körper unter Hochspannung stand – bereit, sofort auf Gewalt umzuschalten, falls es nötig wurde. Ich wollte diese Männer nicht verletzen, aber wenn sie das Feuer eröffneten, blieb mir keine andere Wahl, als sie auseinanderzunehmen. Und zu hoffen, dass sie mich nicht völlig durchlöcherten, bevor mir die Flucht gelang.
    »Du gehst?«, fragte Keller ernst. »Du gehst fort und kommst niemals zurück?«
    »Ihr habt mein Wort.«
    Seufzend ließ er die Waffe sinken. »Also gut«, sagte er laut, als einige seiner Männer protestierten. »Wir eskortieren dich bis zum Tor.«
    »Sarge!«
    »Es reicht, Jenkins!« Keller funkelte den Sprecher wütend an. »Sie hat hier niemandem etwas getan, und ich werde sicher keinen Kampf mit einem Vampir anfangen, wenn es nicht nötig ist. Halten Sie die Klappe und treten Sie zurück.«
    Die Soldaten fügten sich, aber ich spürte ihre finsteren Blicke in meinem Rücken, als sie mich über den schlammigen Hof führten, zurück zu dem mächtigen Eisentor, das den Eingang bildete. Keller brüllte einen Befehl, dann öffnete sich ein Torflügel gerade so weit, dass jemand hindurchgehen konnte.
    »Also gut, Vampir.« Keller nickte Richtung Tor. Ich hörte das Klicken der Waffen hinter mir, als sich ein halbes Dutzend Gewehre auf mich richteten. »Da ist die Tür. Verschwinde und komm nie wieder zurück.«
    Ich sagte nichts. Blickte nicht zurück. Mit festen Schritten ging ich durch das Tor nach draußen. Knirschend schloss sich der eiserne Flügel hinter mir, schnitt mich ab von der Menschheit, Eden und Zeke.
    Wir sind Vampire , hatte Kanin mir in einer unserer letzten gemeinsamen Nächte erklärt. Es spielt keine Rolle, wer wir sind oder woher wir kommen: Prinzen, Meister oder Verseuchte, wir alle sind Monster, abgeschnitten von der Menschheit. Sie werden uns niemals trauen. Sie werden uns niemals akzeptieren. Wir verbergen uns in ihrer Mitte, wandeln unerkannt unter ihnen, aber wir stehen immer am Rand. Verdammt. Allein. Jetzt begreifst du es noch nicht, aber eines Tages wirst du das verstehen. Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem sich zwei Wege vor dir auftun werden, und du wirst einen von ihnen wählen müssen. Wirst du dich dafür entscheiden, zu einem Dämon mit menschlichem Gesicht zu werden? Oder wirst du den Dämon in dir bis ans Ende aller Tage bekämpfen, und das in dem Wissen, bei diesem Kampf ganz allein zu sein?
    Vor mir lag die stille, regennasse Straße, übersät mit alten Autos. Noch während ich dort stand, krochen die ersten bleichen Gestalten zwischen den Bäumen hervor und wühlten sich aus der Erde. Sie schlurften über den Asphalt und belagerten fauchend und zischend die Straße. In ihren leeren, weißen Augen flackerten Wahnsinn und Hunger, während die Ersten von ihnen auf mich zurannten.
    Mit sicherem Griff zog ich mein Schwert, spürte das leise Summen, als es aus der Scheide glitt. Funkelnd re flektierte die Klinge das Licht. Lächelnd sah ich den heran stolpernden Kreaturen entgegen.

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Danksagung
    Schon
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