Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
spiegelte. Er wirkte um Jahre älter, um Augen und Mund hatten sich Schatten und Falten ausgebreitet, die vorher nicht da gewesen waren. »Ich habe versucht, es ihm zu erklären, aber …« Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Wahrscheinlich musste er es von dir hören.«
    »Es war nicht deine Schuld, das weißt du doch, oder?«
    »Das sagt mir jeder.« Der Wind nahm zu und Zeke zog schützend die Schultern hoch. »Ich wünschte nur, ich könnte es auch glauben.« Er strich sich die Haare aus der Stirn, dann schüttelte er resigniert den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte glauben … dass wir es schaffen werden. Dass Eden nach all der Zeit tatsächlich auf uns wartet. Dass es auf dieser gottverlassenen Welt irgendwo einen Ort gibt, an dem man sicher ist.« Mit voller Wucht trat er gegen eine Flasche, die vor uns im Gras lag, sodass sie klirrend an der Hauswand zerschellte. Die grünen Scherben flogen in alle Richtungen. Ich blinzelte erschrocken, dann sah ich ihn traurig an.
    Zeke hatte den Kopf in den Nacken gelegt und starrte zu den Wolken hinauf. »Gib mir ein Zeichen«, flüsterte er und schloss die Augen. »Einen Hinweis. Irgendetwas. Irgendetwas, das mir sagt, dass ich das Richtige tue. Dass ich nicht aufhören soll, nach dem Unmöglichen zu suchen, bevor alle um mich herum tot sind!«
    Wie erwartet antworteten ihm nur der Wind und das Grollen des nahenden Gewitters. Zeke ließ stöhnend den Kopf sinken. »Gehen wir«, sagte er leise und sah mich mit völlig ausdruckslosem Blick an. »Wir sollten wieder auf der Straße sein, bevor der Sturm losbricht.«
    Ich musterte die Wolken, die sich über dem See zusammenballten. Vor dem schwarzen Hintergrund schimmerte plötzlich etwas, es sah aus wie eine kurze Bewegung. Angestrengt spähte ich über den See und wartete darauf, dass es wieder erschien. »Zeke«, flüsterte ich, ohne den Blick abzuwenden. »Sieh mal.«
    Er drehte sich um und kniff die Augen zusammen. Einen Augenblick lang standen wir reglos da, während der Wind um uns herumfegte und Blitze über den Horizont zuckten. Es donnerte laut, dann fielen die ersten Tropfen.
    In weiter Ferne leuchtete plötzlich etwas auf, ein Lichtstrahl huschte über die Wolken. Er war sofort wieder verschwunden, tauchte aber nur wenige Sekunden später wie der auf, wie ein Scheinwerfer, der auf den Himmel gerichtet war.
    Zeke blinzelte überrascht. »Was ist das?«
    »Keine Ahnung«, murmelte ich und stellte mich direkt hinter ihn. »Mag sein, dass ich falsch liege, aber ich würde sagen, es kommt aus dem Osten.«
    »Wo Eden liegen soll«, fügte Zeke atemlos hinzu. Dann rannte er los und verschwand ohne einen Blick zurück hinter dem Haus. Ich hörte, wie er nach den anderen rief, also schloss ich mich ihnen an. Aufregung und Anspannung lagen in der Luft, während alle sich zum Aufbruch rüsteten. Und ich wünschte mir verzweifelt, dass sie am Ende des Weges das finden würden, wonach sie so lange gesucht hatten.
    Wir setzten unseren Weg am Seeufer entlang fort und behielten dabei immer den schwachen Lichtstrahl hinter den Bäumen im Auge. Niemand sprach, aber an dem schnellen Pochen der sieben Herzen war ihre Aufregung leicht zu erkennen. Der Regen schlug gegen die Scheiben und Zeke starrte konzentriert auf die Straße. Obwohl es bei diesem Wetter nur schwer zu erkennen war, setzte das Licht niemals aus, und dieser sichtbare Hoffnungsschimmer trieb uns voran.
    Die Straße wurde schmaler und wand sich durch einen dichten Wald. Manchmal verschwand sie sogar ganz, wenn das Unterholz dicht herandrängte und Gras durch den Asphalt brach. Zunächst hinter den Bäumen, dann auch dicht neben dem Weg tauchten alte Autos auf, die verlassen im Straßengraben standen. Das löste ein ungutes Gefühl in mir aus und meine Instinkte meldeten sich warnend. Vielleicht hatten diese Wagen ja anderen Leuten gehört, die von dem Licht angelockt worden und dem Versprechen von Hoffnung und Sicherheit gefolgt waren. Doch sie hatten es nicht geschafft. Irgendetwas hatte sie auf ihrem Weg nach Eden aufgehalten. Etwas, das höchstwahrscheinlich auch uns erwartete.
    Die Verseuchten werden von Orten angelockt, an denen es viele Menschen gibt , hallte Kanins Stimme durch meinen Kopf. Deswegen sind die Ruinen außerhalb der Vampirstädte so gefährlich. Die Verseuchten haben herausgefunden, wo sich ihre Beute aufhält, und auch wenn sie die Mauern nicht überwinden können, hören sie doch niemals auf, es zu versuchen. Natürlich fehlt es ihnen an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher