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Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Titel: Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
Autoren: Mark Billingham
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Hände plötzlich überall.« Sie nahm ihre Hand von der Stuhllehne, während sie sprach, und ließ sie von ihrer Brust in ihren Schoß wandern. »Sie waren überall, wissen Sie … seine Finger. Ich habe ihm gesagt, dass ich nach Hause will, weil ich am nächsten Tag früh aufstehen muss, aber in Wirklichkeit hatte ich auf einmal das Gefühl, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte, dass ich Mist gebaut hatte, obwohl er gesäuselt und mir gesagt hat, wie toll es werden würde. Wie lange er … könnte. Ich habe ihm gesagt, dass er aufhören soll.« Sie blickte abermals auf, und ihre Stimme klang plötzlich wieder kräftig. »Ich habe ihm gesagt , dass er aufhören soll, und ich war nicht betrunken. Ich hatte nur zwei Gläser getrunken, und ich war … nicht betrunken. Aber er war echt kräftig, wissen Sie? Er hat auch im Unterricht immer eine Show abgezogen, beim Bankdrücken und so, hat ein paar von den Mädels als Gewichte benutzt, also konnte ich nichts machen, als er anfing, grob zu werden. Er hat ununterbrochen auf mich eingeredet … während er an mir rumgefummelt hat, hat gesagt, er wüsste, wie sehr ich es will, dass seine Freundin auch immer so getan hätte, als würde sie es nicht mögen, wenn er grob ist, aber dass sie ein verlogenes Miststück wäre. Ich habe einfach die Augen zugemacht, bis es vorbei war, habe versucht, keinen Ton von mir zu geben, aber … er hat mir wehgetan.
    Er hat mir wehgetan …
    Dann habe ich mich angezogen, und er hat mir dabei zugesehen und gemeint, es hätte keinen Sinn, wenn ich es irgendjemandem erzählen würde, weil ich freiwillig mit ihm nach Hause gegangen wäre und was getrunken hätte und mir niemand glauben würde, dass ich ihn nicht darum angefleht hätte.«
    Sie hielt inne, und Jesmond sagte irgendetwas darüber, wie diskret Vergehen dieser Art inzwischen gehandhabt würden. Doch Thorne hörte ihm nicht richtig zu und Andrea Keane ebenso wenig.
    »Als ich ging«, sagte sie und sah Thorne an, »saß er einfach da und hat an seinen Fingern geschnüffelt, genauso wie davor an dem Korken. Genüsslich . Als wäre ich eine … Flasche, die er aufgemacht hatte.«
    Ihr Vater stöhnte neben ihr auf.
    »Ich konnte nicht nach Hause gehen, ich konnte es eine Zeit lang nicht ertragen, irgendjemanden zu sehen, also habe ich Sarah angerufen, und sie ist gekommen, um mich abzuholen. Ich hatte nicht vor, so lange wegzubleiben. Ich will damit sagen, ich hatte keine Pläne oder so, aber als ich erfuhr, dass alle nach mir suchen, wurde es immer schwieriger zurückzukommen. Dann habe ich gehört, dass er verhaftet wurde, also …«
    Sie blickte auf, und es war klar, dass sie fertig war. Jetzt rannen ihrem Vater Tränen übers Gesicht. Jesmond griff in die Tasche, um ihm ein Taschentuch zu reichen, wurde jedoch ignoriert.
    »Also, warum jetzt?«, fragte Thorne. »Warum sind Sie jetzt zurückgekommen?«
    »Weil er freigesprochen wurde. Weil er aus dem Gerichtssaal marschiert ist, als könnte er kein Wässerchen trüben, und ich ihn im Fernsehen und in den Zeitungen gesehen habe. Das hat sich angefühlt, als würde er mir alles noch mal antun. Als würde er es allen antun.«
    »Was, wenn er nicht freigesprochen worden wäre? Hätten Sie einfach mitangesehen, wenn er wegen Mordes hinter Gitter gekommen wäre?«
    »Ohne zu zögern«, sagte sie. »Selbst wenn das bedeutet hätte, dass ich für immer wegbleiben muss. Es hätte sich allein dafür gelohnt zu wissen, dass er für irgendwas bestraft wird.«
    »Was ist mit Ihren Eltern? Warum haben Sie nicht wenigstens ihnen gesagt, dass es Ihnen gut geht?« Thorne blinzelte, als er sich daran erinnerte, dass er Ellie Langford ein paar Wochen zuvor fast genau dieselbe Frage gestellt hatte.
    »Ich hätte mich schon noch bei ihnen gemeldet«, sagte Andrea. »Und sie hätten mich verstanden.« Sie sah ihren Vater an. »Sie hätten es für sich behalten.«
    Stephen Keane nickte, lehnte sich zurück und wischte sich das Gesicht ab. »So … das wär’s.«
    »Gut«, sagte Jesmond. »Danke …«
    Als der Chief Superintendent darüber sprach, dass Aussagen zu Protokoll genommen werden müssten, zeichneten sich in seinem aufgedunsenen Gesicht Mitgefühl und Entschlossenheit in gleichem Maß ab. Doch Thorne wusste, wie geschickt Jesmond war, wenn es darum ging, anderen Leuten das zu zeigen, was sie sehen wollten. In Wirklichkeit empfand er nichts als pure Erleichterung.
    Thorne empfand etwas viel Düstereres.

Neunundvierzigstes Kapitel

    Thorne und
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