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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Autoren: Mark Billingham
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nicht.«
    Thorne ebenso wenig, wenn er ehrlich war. Er wusste nur zu gut, wie leicht häusliche Gewalt außer Kontrolle geraten
konnte, hatte schon zu oft erlebt, wie ein eifersüchtiger Liebhaber oder ein tyrannischer Ehemann durchdrehte. Er blinzelte, sah den Arm zur Seite fallen, als die Leiche umgedreht wurde. Briefkastenrote Flecken auf schwarz-weißem Schachbrettmuster. Das war nicht einfach …
    »Vielleicht ist er einfach nur völlig durchgedreht?«, sagte Holland. »Wie viele solcher Fälle hatten wir schon?«
    Thorne blies die Backen auf. Diese Frage musste er nicht wirklich beantworten.
    »Genau. Und ich kann mir noch immer nicht vorstellen, wie sich das anfühlt. Nicht mal annähernd.«
    Holland war fünfzehn Jahre jünger als Thorne. Seit mehr als siebzehn Jahren arbeiteten sie Seite an Seite, und auch wenn er nicht mehr der rotwangige Anfänger von damals war, freute sich Thorne über das Aufblitzen eines von diesem Job unverdorbenen Charakters. Früher mal hatte Holland zu ihm aufgesehen, hatte ein Polizist werden wollen wie er, das war Thorne klar. Ihm war auch klar, dass Holland anders reagierte als er, wenn es darauf ankam, und dass er dafür dankbar sein sollte.
    »Vor allem bei einer Frau«, sagte Holland. »Wissen Sie, ich seh die Männer und Freunde und Väter, seh, wie sie das trifft. Und es spielt keine Rolle, ob sie hysterisch oder wütend sind oder einfach nur dasitzen wie Zombies. Ich hab null Ahnung, was in ihrem Kopf vorgeht.«
    »Bleiben Sie dran, Dave«, sagte Thorne.
    Beide sahen zum anderen Ende des Gartens, wo Lachen zu hören war. Einer der Beamten war anscheinend in etwas getreten, was er nun im Rasen abzustreifen versuchte.
    »Und wo haben Sie vorher noch vorbeigeschaut?«, wollte Holland wissen.
    »Wie bitte?«

    »Als das hier über uns hereinbrach.«
    Thorne räusperte sich.
    Louise war einverstanden gewesen, dass er den Fall übernahm, als er im Krankenhaus vorbeigefahren war und ihr ihre Sachen gebracht hatte. Sie lag bereits im Bett und arbeitete sich gerade durch ein Magazin, heat , wobei sie sich bemühte, das ununterbrochene Geschnatter der Frau im Bett gegenüber auszublenden. Er fragte sie, ob sie sich sicher sei. Woraufhin sie ihn nur ansah, als sei er nicht ganz dicht im Kopf, und ihn fragte, warum sie das nicht sein sollte. Er bat sie, ihn anzurufen, wenn sie etwas brauche oder ihn brauche. Sie meinte, er solle sich nicht unnötig aufregen und sie könne sich ein Taxi rufen, wenn alles vorüber sei und sie nach Hause wolle.
    »Beim Zahnarzt« sagte Thorne. »Eine Stunde bei dieser Nazi-Schergin von Zahnhygienikerin. Wie aus dem Marathon-Mann «.
    Holland lachte. »Ist es sicher?«
    »Ich sag’s Ihnen.«
    »Es gibt ein Remake von dem Film, wissen Sie das.« Holland sah zu Thorne, ob dieser anbeißt. »Aber sie mussten ihn Snickers-Mann nennen, weil die Marathon-Riegel-Hersteller sonst geklagt hätten.« Wieder lachte er, vor allem da er sah, wie Thorne sich bemühte, nicht zu lachen.
    »Haben Sie Sophie schon gesagt, dass Sie wieder rauchen?«, fragte Thorne.
    Holland schüttelte den Kopf. »Mein Handschuhfach ist bis oben hin vollgestopft mit extrastarken Pfefferminzbonbons.« Er beugte sich vor und spuckte in den Gully. »Eigentlich blöd, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass sie Bescheid weiß. Wahrscheinlich will sie nur nicht streiten.«
    Holland und seine Freundin waren auch so ein Paar, das
mit dem Gedanken spielte, aus London hinauszuziehen, und damit, ob Holland sich einen anderen Job suchen sollte. Thorne fragte sich, ob das auch zu den Themen gehörte, die die beiden nicht ansprachen, um einen Streit zu vermeiden. Er war immer der Meinung gewesen, Holland solle bleiben, wo er war, aber er hätte das nie und nimmer gesagt. Hätte Sophie Wind davon bekommen, wie Thorne darüber dachte, hätte sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Gegenteil zu erreichen.
    Also hielt er die Klappe und freute sich, dass Holland noch immer hier war.
    »Die offizielle Identifizierung machen wir gleich morgen früh«, sagte Thorne. »Und dann unterhalten wir uns mit dem Ehemann.«
    »Okay.«
    »Man weiß nie, vielleicht haben wir ja Glück.«
    Holland stieß die Luft aus und deutete mit einem Nicken hinüber zu dem Polizisten, der noch immer mit der Scheiße an seiner Schuhsohle beschäftigt war. »Die Art von Glück.«
    Sie sahen beide auf, als nicht allzu hoch über ihren Köpfen ein blinkendes Flugzeug hinwegdonnerte. War wohl auf dem Weg nach Luton. Thorne sah ihm zu,
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