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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Autoren: Mark Billingham
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bleibt Jason an der gewohnten Stelle stehen
und wartet auf sie. Er weiß, dass sie ihm helfen wird, den Zug zu sehen, wenn er kommt. Er wirkt verwirrt, als sie ihn erreicht. Er bläst die Backen auf und winkt mit den Armen.
    Es gab mal ein Metallgeländer als Schutz, aber im Lauf der Zeit war es stückweise herausgerissen worden, als die, die nichts Besseres zu tun hatten, jedes Stück Mauerwerk mit Graffiti besprühten.
    Wer wen gefickt hatte. Wer schwul war. Wer hier gewesen war.
    Sie legt Jason die Hand auf die Schulter und zieht sich hoch. Sie ignoriert die Schmerzen, als sie sich die Knie an der Mauer aufreißt, und hievt sich vorsichtig Zentimeter für Zentimeter nach oben. Dann holt sie ein paarmal schnell Luft, bevor sie langsam die Beine nacheinander über die Mauer schwingt, bis sie sitzt. Sie wagt es nicht, hinunterzuschauen, noch nicht.
    Sie blickt sich um, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtet, und da hört sie die Stimme des echten Polizisten. Er ist irgendwo in der Nähe der anderen Brückenseite, er kommt von der anderen Richtung. Er klingt heiser und krächzend, als er ihren Namen ruft. Er muss gerannt sein. Er hört nicht auf zu rufen und zu suchen, aber Debbie wendet sich ab.
    Zu spät, denkt sie. Viel zu spät.
    Sie greift nach unten, um Jason heraufzuziehen. Ihr Herz macht einen Sprung, als sie sein aufgeregtes Lächeln sieht. Bisher hatte sie ihn immer nur so weit hochgehoben, dass er über die Kante sehen konnte, wie der Zug unten vorbeidonnerte.
    Das ist ein ganz neues Abenteuer.
    Als sie ihn hochzieht, schreit sie vor Anstrengung auf
und unterdrückt die Tränen, als er sich setzt, die Beine baumeln lässt und sich an sie kuschelt. Er spürt die Vibrationen und schnappt nach Luft und ruft, um sie darauf aufmerksam zu machen.
    Debbie wird mulmig zumute, und sie blickt auf. In der Ferne biegt der Zug um die Kurve. Die U-Bahn aus High Barnet. Vor der Brücke wird sie abbremsen, um in den Bahnhof von Totteridge and Whetstone einzufahren, aber noch immer schnell genug sein.
    Debbie sucht nach der Hand ihres Sohns und drückt sie. Sie beugt sich zu ihm und flüstert ihm ins Ohr, ein Geheimnis - was immer die Experten sagen, sie weiß, dass er sie versteht. Er deutet und schreit, als der Zug näher kommt, lauter wird. Dieses Lächeln bricht ihr das Herz.
    Debbie schließt die Augen.
    »Tsch-tsch«, sagt Jason und bläst die Backen auf.

Erster Teil
    Neuer Kummer

Erstes Kapitel
    »… ist nicht lebensfähig.«
    Die Frau reichte Louise die dicke Küchenrolle, schaltete das Gerät aus und wartete kurz. Dann, als Louise sich das Gel vom Bauch wischte, sagte sie es ihr.
    Sie schob noch ein paar statistische Fakten nach: Prozentzahlen und Wochen und wie viele von zehn Schwangerschaften. Dann noch, wie häufig das vorkam und wie viel besser es war, es passierte jetzt als später.
    Thorne hatte nicht viel davon mitbekommen. Nicht wirklich.
    Nicht lebensfähig.
    Er sah Louise nicken. Sie blinzelte langsamer als sonst und knöpfte sich die Jeans zu, während die Frau ein, zwei Minuten über die weitere Vorgehensweise sprach. »Über die Details können wir später reden«, sagte sie. »Wenn Sie etwas Zeit für sich hatten.«
    War sie eigentlich eine Ärztin ? Thorne war sich nicht sicher. Vielleicht so eine Art »Ultraschalltechnikerin« oder etwas in der Richtung. Nicht dass das wirklich von Bedeutung gewesen wäre. Es war offensichtlich nicht das erste Mal, dass sie diese Worte sagte. Es hatte keine Pause oder auch nur eine Andeutung von Unsicherheit gegeben, und das erwartete er auch nicht. Wahrscheinlich war es für alle Betroffenen das Beste, solche Angelegenheiten geschäftsmäßig zu behandeln. Er vor allen anderen sollte das wissen.
Am besten man sagte nur das, was gesagt werden musste, und erledigte seinen Job, vor allem wenn weitere Termine anstanden und draußen eine Menge andere glückliche Paare warteten.
    Doch dieser Ausdruck …
    Danach saßen sie in einer Ecke neben dem Wasserspender, der vom großen Warteraum etwas abgetrennt war. Vier zusammengehängte Plastikstühle. Eine ganz nette zitronengelbe Wand und an ein Korkbrett gepinnte Kinderzeichnungen. Ein Korbtisch mit ein paar Zeitungen und einer Box Papiertücher.
    Thorne drückte Louises Hand. Sie fühlte sich klein und kalt an. Er drückte sie noch mal, und sie sah auf, lächelte und schniefte.
    »Alles okay mit dir?«, fragte sie.
    Thorne nickte. Was Beschönigungen anging, war die hier kaum zu schlagen. Unverbindlich und
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