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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Autoren: Mark Billingham
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Augenblicke entfernt.
    Sie konnte riechen, wie sie stank, der Wind blies ihr ins Gesicht, ein Gesicht, das leer und blutlos war. Wie das Gesicht einer Sterbenden.
    Was sie ja war.
    In diesem Augenblick, als sie ihr Herz in die Hand nehmen wollte, hörte sie Thornes Stimme heiser und verzweifelt über dem Rattern und Quietschen des Zugs. Alle paar Sekunden rief er ihren Namen, zuerst von der Straße her, dann vom Weg rechts oben.
    Sein Timing war so schlecht wie seine Witze, dachte sie, und drehte sich wieder um.
    Sie schloss die Augen und hob die Hände, um die engen, schmalen Träger eines längst nicht mehr vorhandenen Badeanzugs zu richten.
    Die Hand ihres Vaters im Rücken.

Dreiundvierzigstes Kapitel
    Thorne war den Anweisungen der Frau im Garten nebenan gefolgt. Er war zurück durch das Haus und durch die Vordertür hinaus auf die Straße gelaufen, hatte die Blicke der Leute, die er dabei mehr oder weniger über den Haufen rannte, und die Fragen von Russell Brigstocke ignoriert. Zurück auf die Great North Road und nach Süden Richtung Whetstone. Er zählte die Seitenstraßen, bis die richtige kam, und lief in eine U-förmige Straße.
    Suchte nach dem Fußweg, der oberhalb der Zuggleise verlief.
    Das war der normale Weg, hatte ihm die Frau erklärt, der Weg, den die Kinder aus der Gegend und die Leute, die ihren Hund spazieren führten, normalerweise benutzten. Und er wäre damit um einiges schneller im Park als auf dem Weg, den Debbie Mitchell anscheinend genommen hatte. Es gab ein paar Abkürzungen, hatte sie gesagt, schmale Gässchen durch die Häuserreihen. Den besten Überblick über den Park hätte er, wenn er von oben reinkäme, über die Eisenbahnbrücke.
    Thorne parkte in zweiter Reihe, als er den Eingang gefunden hatte, und als er um das Auto bog, sah er aus einer der Abkürzungen fünf Häuser weiter links eine alte Frau mit einem Hund kommen. Er lief zu ihr. Sie erschrak, als er näher kam, ging zur nächsten Haustür und zog den Labrador zu sich. Thorne holte seinen Polizeiausweis aus der Tasche und schrie bereits, da war er noch fünf Meter weg.

    »Polizei«, rief er. »Ich suche nach einer Frau und einem achtjährigen Jungen.«
    Der Hund begann zu bellen, und die Frau wies ihn zurecht.
    »Haben Sie die beiden im Park gesehen? Sie ist groß, blond.«
    Die alte Frau gab dem Hund etwas aus ihrer Tasche zu fressen. »Das stimmt, mit ihrem Sohn«, sagte sie. »Ein lieber Kerl. Er sagt nicht viel …«
    »War jemand bei ihnen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf, plötzlich verwirrt. »Ich glaube nicht. Ich habe niemanden gesehen.«
    »Wohin liefen sie?«
    Sie überlegte kurz und deutete über Thornes Schulter. »Sie waren Richtung Brücke unterwegs, denk ich.« Wieder bellte der Hund. »Das war vor fünf Minuten, aber sie schienen ziemlich in Eile zu sein.«
    Thorne rannte schon wieder weiter.
    An der Stelle, an der der Weg von der Straße abzweigte, war er für ein Auto breit genug, aber dann wurde er schmaler. Thorne lief fünfzig Meter, als der Weg eine Kurve nach rechts beschrieb. Was nach der Kurve kam, konnte er nicht sehen, Bäume und eine Reihe niedriger Gebäude nahmen ihm den Blick.
    Thorne rief Debbies Namen.
    Hinter den Gärten war der Weg links und rechts von Garagen, Schuppen und Gartenhäuschen gesäumt. Zäune in diversen Verfallsstadien begrenzten links und rechts den Weg. Riesige Sträucher und Bäumchen lösten sich mit abblätterndem Holz und Ziegelmauern ab. Das Graffiti nahm er nur als Farbflecken wahr, als er vorbeisprintete.
    »Debbie!«
    Mein Fehler, dachte Thorne, als er rannte. Mein Fehler,
mein Fehler, im Rhythmus, während er durch den Dreck und über die losen Steine lief. Oder wenn nicht, dann meine Verantwortung .
    Wieder rief er und hörte nur sein Keuchen, das Wechselgeld in seinen Taschen und das Krächzen der Krähen hoch oben über ihm, als er zu der Biegung kam.
    Meine Schuld.
    Am Ende der Geraden hielt er sich möglichst weit rechts, um die Kurve schneiden zu können, geriet aber ins Stolpern, als eine Katze unter einer Gartentür hervorschoss und er ihr ausweichen musste. Inzwischen war er außer Atem und völlig verschwitzt. In seinem Knie fühlte es sich an, als sei etwas gerissen. Keine zehn Meter weiter vorn bog der Weg wieder nach rechts. Zwischen den Bäumen hindurch konnte er unten die Gleise sehen. Die Brücke musste um die Ecke sein. Sobald er die Kurve geschafft hatte, hatte er die Sicht, die er brauchte.
    Er hörte einen Zug kommen.
    Er rannte, legte an
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