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Tokio Vampire

Tokio Vampire

Titel: Tokio Vampire
Autoren: Florine Roth
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soll ich tun?“
    „Ich brauche Geld für ein Zugticket und ein paar Klamotten.“
    Philipp starrte mich an, als sei ich geisteskrank. Und unter Umständen war er von der Wahrheit nicht ganz weit entfernt.
    „Die Alternative wäre, dass ich ein Auto klaue“, überlegte ich. „Dann müsste ich vielleicht vorher einen der Pfleger überfallen ...“
    „Also verstehe ich das richtig – du willst abhauen?“, unterbrach Philipp mich.
    „Genau.“
    „In deinem Zustand? Haben sie dir ins Hirn geschissen? Was soll das? Und wo willst du hin?“
    Ich seufzte. Ich kam wohl nicht umhin, ihm von Are und mir zu erzählen. Ihm, Philipp, meinem ältesten Kumpel, der vermutlich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, dass ich auf Typen stand.
    Am Ende meiner Erläuterung schloss Philipp kurz die Augen, dann sah er mich wieder an. „Du spinnst, Alter. Ich meine, klar, ich kann verstehen, dass du Air geil findest. Ja, echt, das kann ich sogar verstehen! Da bist du ja nicht der Einzige. Aber du kannst ihm doch nicht nachreisen! Was für ein Schwachsinn! Egal, ob da was zwischen euch gelaufen ist! Und wenn du mit ihm gepoppt hast! Was meinst du, wer nicht noch alles?! Ihm nachlaufen ... Das ist Bullshit!“
    „Bitte Philipp! Du weißt doch, dass ich so was nicht aus einer Laune heraus machen würde.“
    „Was werden deine Eltern sagen?“
    Ich zögerte. „Die dürfen das nicht wissen. Philipp, scheiße, du bist der Einzige, dem ich vertrauen kann!“
    „Du willst mich da in die Scheiße reinreiten!“
    „Philipp, lass mich doch nicht betteln! Ich schwör dir, dass du dann was gut hast bei mir – lebenslang!“
    „Mann, Mann, Mann, das muss ja unfassbar wichtig sein.“ Er verdrehte die Augen. „Erst sagt er mir, dass er schwul ist, und dann muss ich auch noch den Handlanger spielen, toll“, brummte er.
    „Danke, Philipp.“
    „Äh, aber küss mich jetzt bloß nicht!“

17
    Am nächsten Nachmittag brachte Philipp mir einen großen Rucksack mit Klamotten. Sogar an Winterstiefel und Handschuhe hatte er gedacht, denn es schneite noch immer wie verrückt.
    „Das Geld ist vorn im Rucksack. Aber ich weiß nicht, ob alle Züge fahren – wegen dem Schnee ist da ziemliches Chaos entstanden“, sagte er zweifelnd. „Du weißt ja wohl, dass ich damit bei Leo auf alle Zeit verschissen habe, oder?“
    „Warum?“ Ich wälzte mich langsam aus dem Bett. Es ging mir zwar schon wesentlich besser, aber ich fühlte mich noch immer, als wäre ich von einem Bagger überrollt worden.
    Philipp betrachtete mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Er brauchte nicht einmal aussprechen, was er von meinem Plan hielt. Dafür war er so nett und half mir beim Anziehen.
    „Boah, Alter – das ist so eine Scheißidee!“, fluchte er, als er mir in die Hose half. Sie war etwas zu lang, daher krempelte er sie unten einmal um. Seine Stiefel passten mir. Eigentlich sah ich in seinen Sachen ziemlich stylish aus.
    „Jetzt sag mir mal, warum du bei Leo verschissen hast!“
    „Ist doch klar, Mann, ich helf ihrem liebsten Bruder, ihrem verletzten liebsten Bruder bei der Flucht!“
    „Liebsten Bruder – alles klar“, brummte ich. Aber ich wollte Philipp jetzt nicht auch noch auf die Nase binden, dass ich meiner Schwester quasi den Lover ausgespannt hatte.
    Stöhnend zog ich die Jacke an. Mit den Verbänden war ich etwa so beweglich wie eine Eisenbahnschiene.
    „Cool?“
    Philipp musterte mich. „Hier, zieh die Mütze auf. Sonst lassen sie dich gar nicht raus!“
    Ich packte alles, was mir gehörte, ebenfalls in den Rucksack. Scheiße, meine Eltern würden mir den Hals umdrehen!
    „Danke!“ Ich boxte Philipp kurz gegen die Schulter.
    „Pass auf, dass du an einem Stück zurückkommst. Ich gehe jetzt im Flur schauen, dass du niemandem über den Weg läufst.“
    Und als ich dann am Bahnhof stand, im Schnee, und der eisige Wind in mein ramponiertes Gesicht wehte, das übrigens schon viel besser aussah, als ich vermutet hätte, zweifelte ich einen Moment lang an meinem Entschluss. Ich spürte meine gebrochenen Rippen trotz des festen Verbandes, mein linkes Handgelenk war ebenfalls verbunden, aber da ich alle Finger bereits voll bewegen konnte, nahm ich an, dass diese Verletzung schon vollständig verheilt war. Meine Nase war gebrochen, aber nicht mehr angeschwollen, die aufgeplatzte Augenbraue war geklammert worden. Ich hatte Rückenschmerzen, und ich humpelte noch immer. Are hatte mir etwas von seinem Blut eingeflößt, was dazu geführt hatte, dass viele
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