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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel
Autoren: Corinna Waffender
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an.
    „Mit uns ist doch alles in Ordnung, oder?“, fragte sie leise.
    „Fühlt es sich anders an?“
    Statt einer Antwort fuhr Inge mit der Zunge leicht über ihre Lippen und küsste sie.
    Als Verónica sie vorsichtig unter einen Baum bugsieren wollte, hob Inge die Hand.
    „Das tun wir danach. Wir sind im Dienst.“
    „So kann auch nur eine deutsche Kommissarin denken!“, sagte Verónica seufzend, „Passt darauf nicht schon wieder dieses idiotische Sprichwort mit der Arbeit und dem Vergnügen?“
    „Du sagst es.“
    Eine Viertelstunde später hatte Inge Nowak die Bluse, die sie zum Wandern um die Hüften gebunden trug, wieder angezogen, die Blumen, die Verónica ihr ins Haar gesteckt hatte, herausgenommen und klingelte an der Tür von Jürgen Knapp.
    Ein eher gedrungener Mann mit Geheimratsecken und einer Brille mit getönten Gläsern, der seiner Aufmachung nach gerade aus dem Garten gekommen sein musste, öffnete ihnen die Tür.
    „Ja, bitte?“
    „Guten Tag. Hauptkommissarin Inge Nowak. Ich ermittle im Mordfall Udo Erdmann und im Mordfall Erika Mangold, geborene Klinger. Sind Sie Jürgen Knapp?“
    Sie waren auf dem Spaziergang übereingekommen zu versuchen, Knapp, sollte er etwas zu verbergen haben, überfallartig aus der Reserve zu locken.
    Und tatsächlich wurde der Mann so nervös, dass er nicht wusste, was er zuerst sagen sollte.
    „Ich, ja also, ich bin Jürgen Knapp, ja. Wieso Ermittlungen? Udo ist doch schon lange, ich meine, wieso denn überhaupt Erika?“
    „Wir hätten einige Fragen an Sie.“ Die Kommissarin zeigt ihren Ausweis und stellte dabei auch ihre Begleiterin vor.
    Es war ziemlich ersichtlich, dass er sie lieber nicht hereingebeten hätte, aber kurz darauf saßen sie zu dritt auf der Terrasse des schmucken Einfamilienhauses mit aufgeräumtem Vorgarten. Der Grill stand bereit, Jürgen Knapps Frau marinierte in der Küche Unmengen von Fleisch.
    „Möchten Sie mitessen? Wir haben genug auch für vier. Dann tau ich schnell noch was auf!“
    „Nein. danke, sehr freundlich. Wir haben gerade erst gegessen. Es dauert auch sicher nicht so lange.“
    Nun hatten sie jede ein Glas Mineralwasser vor sich und warteten auf seine Antworten.
    „Ich habe keine Ahnung, wer Udo getötet hat.“
    „Aber weshalb sich Hannes Hoffmann umgebracht hat, wissen Sie doch, nicht wahr?“
    Knapp wich ihrem Blick aus und fingerte an seinem Glas herum.
    „Erika Klinger wusste es jedenfalls.“ Die Kommissarin pokerte.
    „Und Iris Lenz auch.“ Verónica erhöhte den Einsatz und erntete einen überraschten Blick von Inge.
    „Die Alte lebt noch?“, rutschte es ihm heraus und man sah, dass er sich für diesen Kommentar hätte ohrfeigen mögen.
    „Wäre Ihnen das Gegenteil lieber?“ Inge Nowak spürte, dass er etwas verbarg.
    „Nein! Wie kommen Sie darauf?“ Er wand sich. „Und, was sagt sie? Sie glauben doch so einer nicht?“
    „Was ist sie denn für eine?“
    „Eine Lügnerin. Wir haben ihr nichts getan. Und Hannes auch nicht. Es war ein Dummejungenstreich, sonst nichts.“
    Eine halbe Stunde später hatte Jürgen Knapp sich alles von der Seele geredet.

Zwanzig
    Gott hatte mich verlassen, als ich dreiundzwanzig war. Seitdem war ich auf der Suche nach ihm, um ihn wissen zu lassen, was ich von seinem Verschwinden hielt. Jahrzehntelang war er auf der Flucht vor mir, versteckte sich selbst in Kathedralen, auf Friedhöfen, hinter seinem gekreuzigten Sohn, der Mutter Gottes und dem Vaterunser. Ich gab nicht auf. Einmal würde er sich mir zeigen müssen, mir Rede und Antwort stehen oder auch nur meine maßlose Enttäuschung aushalten müssen.
    Mit dreiundachtzig glaubt man nicht mehr an Wunder, aber noch viel weniger an Zufälle. Wenn der noch wache Geist in einem gebrochenen Körper steckt, jeder Schritt eine Qual bedeutet, wenn die Tage länger und die Nächte immer kürzer werden, dann bleibt keine Zeit mehr für Experimente. Dann ist alles, was geschieht, Schicksal, dann zählt einzig und allein die Haltung dazu.
    Wie jeden zweiten Sonntag betrat ich um zwei Uhr die Kapelle in der Seniorenresidenz. Den Weg in die evangelische Kirche war ich schon Monate nicht mehr gegangen; ich mochte den Pfarrer nicht, der versuchte, aus Gott eine Art guten Freund zu machen. Wann waren Chef und Angestellte jemals befreundet gewesen? War es nicht viel mehr so, dass einer wie Gott am längeren Hebel saß und deshalb auch die Verantwortung dafür zu tragen hatte, wenn eben jener Hebel umgelegt wurde?
    In die Kapelle kamen
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