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Toedliches Verlangen

Toedliches Verlangen

Titel: Toedliches Verlangen
Autoren: Coreene Callahan
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hatte, als sie sich für zwei Tage Hausbesuche in Folge eingetragen hatte. Es musste etwas Starkes gewesen sein, mit jeder Menge Alkohol … Cocktails vielleicht, mit bunten kleinen Papierschirmen. Und davon viele in sehr kurzer Zeit. Eine dieser fruchtigen Verführungen würde ihr jetzt auch gut schmecken. Stattdessen begnügte sie sich mit e inem Schluck Kaffee aus ihrem überdimensionierten The rmobecher. Der nussige Geschmack, aufgepeppt mit einem Schuss Sahne, wärmte ihr die Kehle, während sie in ihren Kofferraum starrte. Das Innenlicht legte einen gelblichen Schimmer auf die Kisten mit medizinischem Zubehör. Sie runzelte die Stirn und versuchte, ihr Gehirn in Gang zu bringen.
    Was brauchte sie gleich noch mal?
    Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ach ja, Ersatzhandschuhe.«
    Während eines weiteren Schlucks Milchkaffee ging sie die restliche Liste im Kopf durch. Ihre Arzttasche musste dringend wieder aufgefüllt werden. Zwei Tage Hausbesuche hatten ihre wohlgeordnete Ausstattung stark in Anspruch genommen. Myst stellte den Becher auf den einzigen Fleck des Kofferraumbodens, der nicht von dem durcheinandergewürfelten Sammelsurium bedeckt war, das ihre Praxis ersetzte, wenn sie nicht im Seattle Medical Center war. Sie öffnete ein paar Pappdeckel und packte ein, was sie brauchte, verstaute das Zubehör in den zugehörigen kleinen Innentaschen und den raffinierten Steckvorrichtungen ihrer Tasche und hielt nur ab und zu inne, um ihrer Sucht zu frönen … dem Koffein.
    Es gab Menschen, denen es nicht gefallen hätte, aus einem Kofferraum zu leben. Myst machte das nichts aus. Ganz gleich, wie anstrengend es war, sie genoss ihre Hausbesuche, fuhr gerne über die ländlichen Straßen.
    Der Bundesstaat Washington war mehr als malerisch. Er war wunderschön mit seinen Bergen, Douglasienwäldern und dem Küstenpanorama. Die Küste liebte sie am meisten: die rauen Klippen und Sandstrände, der frische, salzige Duft. Irgendetwas daran sprach sie an, weckte eine tiefe Sehnsucht in ihr. Vielleicht war es die Wildheit, die Unberechenbarkeit und ungezügelte Kraft der Naturgewalt … und die Möglichkeiten, die sie barg.
    Aber vielleicht war es auch nichts davon. Vielleicht holte sie nur die Ruhelosigkeit ein, die ihre Mutter ihr immer vorgeworfen hatte.
    Myst hob die schwere Tasche hoch und ließ die Heckklappe zufallen. Sie wollte nicht an ihre Mutter denken. Der Schmerz über ihren Verlust saß noch zu tief. Sie vermisste die langen, bunten Röcke, die Perlenvorhänge in den Türrahmen und die Tarot-Sitzungen. Den Duft nach Jasmin-Räucherstäbchen, die selbst gebackenen Kekse und …
    Himmel noch mal, sie musste los.
    Die Nacht war hereingebrochen und hatte eine Dunkelheit mit sich gebracht, die man in der Stadt vergeblich suchte. Die Himmelslandschaft lag offen da, nichts störte die zarten Wolken, die unter dem funkelnden Sternenzelt entlangsegelten. Die Lichter von »Sal’s Highway Restaurant«, selbst die Leuchtstoffröhren, die wie zum Protest hinter dem S flackerten, konnten der Dunkelheit kaum etwas anhaben.
    Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Sie warf die Tasche auf den Beifahrersitz. Gerade als sie die Tür ins Schloss zog, klingelte ihr Handy; Mariah Careys »Touch My Body« erklang im Takt ihres Herzschlags. Myst seufzte. Schön wär’s.
    Sie warf einen Blick auf die Nummer des Anrufers, klappte das Telefon auf und sagte: »Ich glaube, ich bin kurz vorm Hirnschlag.«
    »So schlimm?« Das Lachen ihrer besten Freundin klang durch die Leitung. »Auf dem Weg nach Hause?«
    »Noch eine Patientin.«
    »Mein Gott, Myst, es ist fast neun Uhr. Wie war das mit dem Workaholic?«
    »Ja, ja, schon gut. Und von wo rufst du an?«
    »Okay, erwischt«, entgegnete Tania, ihre Stimme verriet, dass sie die Augen verdrehte. »Wichtiger Vertragsabschluss, du weißt schon. Muss noch die genauen Daten aufnehmen.«
    »Was macht dein Boss gleich noch mal?« Sie wusste, dass Tanias Job genauso hart war wie der ihre. Als Landschaftsarchitektin war sie dabei, sich vom untersten Ende des Totempfahls hochzuarbeiten – immer in der Hoffnung, die Anzug- und Krawattenträger zu beeindrucken und endlich die lang ersehnte Beförderung an Land zu ziehen.
    »Das hier ist mein Baby. Ich bin kurz vor dem Durchbruch.«
    »Na dann viel Glück. Woolsey mischt sich doch sowieso wieder ein.«
    »Den hab ich im Griff.« Tania hielt inne, die Besorgnis in ihrer Stimme drang von Seattle bis zu ihr durch. »Du versuchst es noch mal,
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