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Toedliches Verlangen

Toedliches Verlangen

Titel: Toedliches Verlangen
Autoren: Coreene Callahan
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der Bewegung an.
    Metall kreischte, die schwarzen Hinterräder hoben sich kurz in die Luft und versetzten den Insassen beim Aufprall einen letzten Schlag.
    »Angeber«, sagte Rikar abschätzig, als er auf der Einstiegsseite landete.
    Er bleckte die Zähne. »Neidisch?«
    »Bitte.« Mit einem ironischen Augenrollen nahm sein Freund wieder menschliche Gestalt an.
    Bastian zog die Flügel ein und – er konnte nicht widerstehen – fauchte die Idioten wütend an, die mit offenen Mündern auf seinen Drachenkörper starrten. Wahrscheinlich machten die beiden sich vor Angst in die Hose, aber trotzdem blieben sie wie angewurzelt sitzen. Er schnaubte. Das war also die viel gerühmte menschliche Intelligenz.
    Schließlich setzte der Selbsterhaltungstrieb ein, und die beiden versuchten schreiend, ihre Sicherheitsgurte zu lösen. Bastian folgte Rikars Beispiel und verwandelte sich. Während er um die verbogene Stoßstange herumging, rief er seine Kleider herbei. Als sich seine Stiefel materialisierten, erreichte er die Fahrertür. Weit aufgerissene braune Augen starrten ihn einen Moment lang durch die Fensterscheibe an, dann riss Bastian die Tür auf. Er packte den Sanitäter am Hemdkragen, zerrte ihn aus dem Wagen und hielt ihn vor sich in die Luft, die Stiefel baumelten gut einen halben Meter über dem Boden. Außer sich vor Angst brabbelte der Mann mit bebendem Kinn und schlotternden Knien vor sich hin, seine Arme hingen schlaff herunter.
    Bastian hatte Mitleid und beruhigte den Mann, indem er tief in seinen Geist eindrang und alle Erinnerungen an die letzten Minuten auslöschte. Während der Sanitäter sich entspannte, musterte Bastian seine Uniform, merkte sich die Details, die er kopieren musste, wenn sie das Haus der Frau erreichten. In Lederkluft aufzutauchen war keine gute Idee. Er brauchte sie kooperativ und bewegungsfähig, nicht zu Tode erschrocken.
    Als er ihn genug in Augenschein genommen hatte, ließ Bastian den Mann zu Boden und befahl ihm loszulaufen. Ungefähr eine Meile weiter gab es eine Tankstelle. Bis dahin würden die Sanitäter es schaffen, wenn auch ohne Erinnerung daran, wie sie ihren Wagen verloren hatten. Mit einem letzten Blick auf die beiden Männer, die die Straße entlangtrotteten, wandte er sich dem Krankenwagen zu. Rikar saß bereits auf dem Beifahrersitz und drehte an den Radioknöpfen.
    Statisches Rauschen erfüllte den Innenraum, und sein Freund warf ihm einen besorgten Blick zu. Das Knacken verriet ihm alles, was er wissen musste. Das Radio reagierte auf die elektrische Ladung in der Luft. Es näherten sich noch mehr Drachen – und keiner von ihnen kam in friedlicher Absicht.
    Bastian sprang in die Fahrerkabine, schlug die Tür zu und wünschte sich, er bräuchte den Krankenwagen nicht. Fliegen wäre besser – und schneller – als fahren. Aber eine schwangere Frau in den Klauen zu tragen war keine gute Idee. Er könnte zu fest zudrücken und sie oder das Kind verletzen.
    Fluchend legte er den ersten Gang ein und trat aufs Gaspedal. Der Motor heulte auf, die Hinterräder drehten durch, schmolzen sich bis auf den Asphalt durch das Eis, und sie schossen den verlassenen Highway hinunter.
    Er musste die Frau zuerst erreichen. Bevor der Feind sie in Stücke riss und das kostbare Leben an sich nahm, das sie unter dem Herzen trug.

2
    Myst Munroe war so müde, dass sie es nicht einmal bemerkt hätte, wenn ihr linkes Bein abgefallen wäre. Aber im Ernst, diese Vierzehn-Stunden-Tage wurden langsam absurd. Auf übelste Weise klischeehaft. Lange Arbeitszeiten waren Teil des Jobs, das hatte sie mit der Entscheidung für ihren Beruf unterschrieben. Aber die hübschen kleinen Buchstaben unter ihrem Namen auf der Visitenkarte bildeten die Worte »Praktizierende Krankenschwester«, nicht »Sklavin«.
    Obwohl – jetzt, wo sie darüber nachdachte, sollte sie wohl noch einmal nachsehen. Der letzte Stapel der schwarz-weißen Karten war gerade gestern erst eingetroffen.
    In einer kleinen Pappschachtel: kein Prägedruck, kein besonderer Schriftsatz, nichts Aufregendes.
    Genauso wie ihr Leben.
    Nicht, dass sie sich beschwerte. Jeden Tag durfte sie anderen Menschen helfen, und nichts hätte sie mehr erfüllt. Aber an manchen Morgen sehnte sie sich nach etwas, das über das Klingeln des Weckers um fünf Uhr früh hinausging. Nach Kuscheln und Küssen zum Beispiel, und dem warmen Männerkörper, den man für beides brauchte. Myst öffnete die Heckklappe ihres Kofferraums und fragte sich, was sie wohl getrunken
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