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Toedliches Konto

Toedliches Konto

Titel: Toedliches Konto
Autoren: Wolfgang Hirsch
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sonderlich um die anderen zu kümmern, die oft einen mir widerlich erscheinenden Ehrgeiz in ihr Training legen. Ich habe da keinen besonderen Ehrgeiz, halte aber ein gewisses Maß an Fitness für notwendig, um dem unaufhaltsam näher rückenden Alter Paroli bieten zu können. An jenem Tag aber fiel mir immer wieder eine junge Dame auf, die mehrmals meinen Weg kreuzte und mich charmant anlächelte. Und sehr hübsch war sie außerdem. Der Zufall wollte es, dass wir am Ende zur selben Zeit aus den Umkleideräumen kamen und gemeinsam die Treppe hinunter gingen.
    Die junge Dame sprach mich an und sagte, dass sie gerade erst hier zugezogen sei und ob ich ihr sagen könne, mit welchem Bus sie zur Mauerkircher Straße käme. Da sie auf meinem Weg liegt, bot ich ihr an, dass ich sie mit dem Auto mitnehme. Was sie dankend annahm. Sie erzählte mir, dass sie vorher in Hamburg im Versandhandel gearbeitet habe und nun freiberuflich als Übersetzerin tätig sei. Sie sei nämlich Kroatin. Wir waren relativ schnell in ihrer Straße, und ich sagte noch zum Abschied, dass wir uns im Fitness-Center vielleicht mal wieder treffen. Und ich fügte noch hinzu, dass ich meistens am Dienstag und Freitag gegen halb sechs dorthin gehe. Im Nachhinein erschien es mir fast unpassend, das gesagt zu haben. Aber egal.
    Bei meinem nächsten Besuch gestern war sie wirklich wieder da, und sie fragte mich, ob ich Lust habe, anschließend mit ihr noch einen Cappuccino zu trinken. Dabei sah sie mich mit ihren tiefblauen Augen so intensiv an, dass ich beim besten Willen nicht hätte nein sagen können. Es war ein helles und leuchtendes Blau in ihren Augen, tiefgründig und geheimnisvoll. Wir tranken Wein statt Cappuccino, und ganz automatisch fanden unsere Hände zueinander. Ich erfuhr, dass sie Ina heißt, 32 Jahre alt ist und zurzeit solo lebt. Unter dem Tisch berührten sich auch unsere Beine, und ich fragte sie, ob wir uns morgen wieder sehen könnten. Ich hatte das Gefühl, ich könnte keinen Moment länger ohne sie leben. Glücklicherweise sagte sie ja, und sie stimmte auch zu, dass wir uns gleich in ihrer Wohnung treffen können. Sie entschuldigte sich schon im Voraus für die Einfachheit ihrer Bleibe, aber sie habe sich zunächst nur eine möblierte Wohnung genommen. Diese lag allerdings nicht in der Mauerkircher Straße, dort hatte sie das letzte Mal nur etwas zu erledigen gehabt.

    24. März

    Bei Evelin schob ich dann mal wieder ein Abendessen mit einem wichtigen Kunden vor und blieb bis um zehn bei Ina. Es war himmlisch, und ich wusste sofort, dass sich mein Leben bald verändern würde. Alles an Ina war faszinierend. Nicht nur ihr makelloser schlanker Körper, ihre rotblonden glatten Haare und ihre unheimlich schillernden Augen. Sie war auch ungemein zartfühlend und konnte gut zuhören. Sie fragte mich voll innerer Teilnahme über mein Leben aus und traf immer voll Verständnis die Punkte, in denen ich mich schwach und hilflos fühlte und wo sie mir Mut machte.
    Bei unserem zweiten Treffen zwei Tage später - das war gestern - brachte mich Ina in eine so entspannte Stimmung, dass ich sogar über mein Problem in der Bank sprach. Irgendwie war unser Gespräch in diese Richtung gegangen. Ich hatte ein solches Vertrauen zu Ina, dass ich ihr meine Einsicht in ein mir nicht zugeordnetes Bankkonto beichtete, weil mich mein Freund Günther darum gebeten hatte. Ob ich denn etwas Interessantes gefunden habe, wollte sie wissen. Da es für mich ja nicht wirklich interessant war, konnte ich guten Gewissens verneinen. Und ob ich meinem Freund Günther Summen genannt hätte. Das konnte ich genau so verneinen. Und ich wunderte mich, mit wie viel Verstand Ina mein Problem aufnahm. Sie war einfach eine tolle Gesprächspartnerin. Allerdings hatte sie bis jetzt wenig über sich selbst und ihr Leben erzählt.

    27. März

    Gestern rief wieder mal Günther an und fragte, ob ich noch sauer sei. Das war ich zwar nicht, aber seine dumme Frage brachte mich schon wieder auf den Weg dorthin. Und warum ich ihm dann einen Drohbrief geschrieben habe. Nun wurde es mir aber zu bunt, und ich schnauzte ihn ziemlich an, ob er denn total übergeschnappt sei, ich sei schließlich bekanntermaßen ein friedlicher Mensch und würde niemandem drohen und ihm schon gar nicht.
    “Ich konnte es mir ja auch nicht vorstellen”, sagte er, “aber nicht nur ich habe einen Drohbrief bekommen, sondern auch Alfred.”
    “Moment mal!” Ich war zu verwirrt und musste erst einmal meine
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