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Toedliches Konto

Toedliches Konto

Titel: Toedliches Konto
Autoren: Wolfgang Hirsch
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dass ich Probleme mit einem Vorstand habe und ich sie bald sehen möchte. Sie antwortete sofort, doch sie habe am Abend eine Präsentation bei einem Kunden und könne mich erst am nächsten Tag sehen.
    Dann rief ich - ganz vorsichtig und leise über mein Handy - Günther an, der aber im Gespräch mit einem Klienten war, und nur ausnahmsweise, weil er meine Nummer sah, abhob. Ich konnte nur in einem Satz sagen, dass er auf keinen Fall die Information, die ich ihm am Mittag gegeben hatte, verwenden dürfe, da Schwierigkeiten aufgetaucht seien. Er antwortete genau so kurz, da müsse ich mir keine Sorgen machen und wir könnten uns morgen Abend bei ihm sehen.
    Erst danach fiel mir ein, dass ich ja auch Vera sehen wollte, aber Günther war mir in dieser Situation wichtiger. Ich schickte eine weitere SMS an Vera.

    11. März

    Jetzt will ich meine Aufzeichnungen aktuell weiterführen. Gestern Abend besuchte ich also wie verabredet Günther wieder in seiner Wohnung. Er war wie meistens ganz entspannt und kam nicht gleich zum Thema. Wie so oft schimpfte er erst einmal über die Zeitung und die Politiker.
    “Wenn ich diesen Unsinn lese. ‘Grüne und Linke fordern mehr soziale Gerechtigkeit’. Ja, in welchem Land leben wir denn? Geht es hier ungerecht zu? Wir verteilen doch wahrlich genug von oben nach unten um.”
    “Aber die Schere zwischen den Ärmeren und den Reicheren scheint weiter aufzugehen.”
    “Mag ja sein. Aber was hat das mit Gerechtigkeit zu tun. Wenn jeder das, was er erwirtschaftet und verdient, bekommt und für sich behält - ist das etwa ungerecht? Aber er behält es ja nicht einmal. Er bezahlt in vielfacher Hinsicht Steuern davon.”
    “Davon lebst du ja auch als Steuerberater. Aber die Steuern sind doch unstrittig auch notwendig, weil der Staat viele Leistungen erbringen muss, damit wir ein geordnetes Leben führen können.”
    “Und dabei viel Geld verplempert, aber das nur nebenbei. Der Staat nimmt auch diese Steuergelder, um all jene am Leben zu erhalten, die - aus welchen Gründen auch immer - selbst kein oder nicht genug Geld zum Leben haben. Also: Wo ist hier die angeblich unzureichende Gerechtigkeit? Ist das vielleicht nicht genug? Wenn wir noch weiter bis zum Extrem gehen, muss jeder alles, was er verdient, abgeben, und dann wird der ganze Topf an jeden zu gleichen Teilen verteilt. Wäre das etwa gerecht? Es würde vor allem nicht funktionieren.”
    “Weil dann die wenigsten überhaupt noch etwas tun würden, weil man auch ohne eigenen Beitrag seinen Anteil bekäme. Aber dann käme bald nichts mehr in den Topf.”
    “Eben. Das verstehst sogar du. Ich meine, du bist ja kein Volkswirt. Und deshalb ist das Gerede von fehlender Gerechtigkeit Schwachsinn, weil es zwischen den Extremen ‘gar nichts abgeben’ und ‘alles abgeben’ keinen definierbaren Idealpunkt gibt, von dem man sagen kann, das wäre der gerechte Punkt.”
    “Aber ich habe ein ganz anderes Problem, Günther, und deshalb muss ich dringend mit dir sprechen.”
    “Ich weiß schon, sie haben in der Bank gemerkt, dass du in Alfreds Konto geschaut hast und haben dich zur Schnecke gemacht.”
    Vor Schreck blieb mir der Mund offen, und ich bekam fast keine Luft mehr. “Wieso weißt du das?”
    “Alfred hat mir davon erzählt. Er hat ja keine Ahnung, dass ich das Ganze veranlasst habe. Und bitte, Walter, das darf wirklich niemals irgendjemand erfahren. Schwörst du mir das?”
    “Ja sicher, ich verspreche das. Aber wieso weiß Alfred davon?”
    “Das kriegen anscheinend doch ein paar Leute mit in Eurer Bank, wenn alte Kontodaten freigeschaltet werden. Was hattest du überhaupt gesagt, weshalb du die Daten brauchst?”
    “Die Geschichte war ganz gut und glaubwürdig. Ich verstehe nicht, wieso das Ganze zu Alfred kam.”
    “Jedenfalls hat es auch der ehemalige Kontobetreuer von Alfred mitbekommen und hat ihm diese Info als Warnung zukommen lassen. Vielleicht dachte er, dass du das an jemanden vom Finanzamt weiter geben könntest. Er weiß ja, dass auf diesem Konto Schwarzgeld war. Und Alfred hat sich gleich bei einem Vorstand von Eurer Bank beschwert, den er von Rotary her kennt. So lief das. Und Alfred hat es gleich mir erzählt, weil ich ja seinen privaten Steuerkram erledige.”
    “Hat er denn meinen Namen erfahren? Möglicherweise hast du ihm ja mal erzählt, dass wir enge Freunde sind.”
    “Nein, deine Bank hat anscheinend deinen Namen nicht erwähnt, sonst hätte er mich auf dich angesetzt, um herauszufinden, was du mit
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