Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Poul Anderson

Poul Anderson

Titel: Poul Anderson
Autoren: Feind aus dem All
Vom Netzwerk:
Die Abenddämmerung war kurz. Die Nacht kam schnell vom Atlantik herein und hüllte die Welt in Finsternis. Nur wenige Lichter brannten in der City. Der größte Teil der Stadt blieb dunkel. Die Sterne gingen auf und strahlten heller als alles andere.
    Seine Exzellenz, der Oberste Souverän des Sonnensystems, öffnete das Fenster, lehnte sich hinaus und ließ den Blick über den gestirnten Himmel schweifen. Tief atmete er die milde Luft ein, die aus den endlosen Urwäldern Brasiliens zu ihm heraufwehte. Eine schöne Welt, dachte er, ein fruchtbarer und lieblicher Planet, diese Erde – ein Himmelskörper, um den es zu kämpfen lohnte – wie um einen lieben Menschen.
    Er konnte unbesorgt ans Fenster treten. Der mächtige Bau, in dem sich sein geheimes Büro befand, ragte so hoch über Sao Paolo auf, daß kein Laut bis zu ihm heraufdrang.
    Nur der sanfte Wind war hier zu hören, der unaufhörlich und leise rauschend um das Gebäude strich.
    Als die Lampen mit fortschreitender Dämmerung automatisch heller wurden, wandte er sich seufzend wieder dem Raum zu. Schwer lastete die Müdigkeit auf seinen Schultern.
    Die Verfolgung war vorüber, das letzte Kapitel abgeschlossen – wirklich? Und was kam nun? So viele Aufgaben und so wenige Arbeitskräfte. Er selbst, der erwählte Führer seines Volkes, war ein Sklave des Sieges. Welchen Schlag mußten sie nächstens abwehren und wann würde er kommen? Wann würde endlich Frieden unter den Gestirnen geschlossen werden?
    Er ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder und verscheuchte gewaltsam die trüben Gedanken. Überarbeitung und Nervenüberreizung sind daran schuld, dachte er mißmutig. Aber in dieser harten Zeit war kein Platz für Gefühlsregungen. Er nahm einige Papiere, Berichte vom Mars, und begann zu lesen.
    Ein Glockenspiel ertönte. Er fuhr unwillig auf. Würden sie ihn jemals in Ruhe lassen? »Herein«, sagte er. Der Telesprecher übertrug seine Stimme in den Vorraum. Die Tür öffnete sich.
    Der Oberste Souverän sah dem eintretenden Unteroffizier entgegen. »Sie wünschen?« fragte er. »Fassen Sie sich kurz, ich habe zu tun.«
    Der Unteroffizier stand stramm und machte eine linkische Ehrenbezeigung. »Es betrifft den Fall Arnfeld, Exzellenz«, sagte er. »Mir wurde soeben neues Material für Sie übergeben.«
    »Na schön, geben Sie schon her. Stehen Sie nicht 'rum. Verdammt, das war der schwierigste Fall, seit wir die Heimat verließen.«
    Der Unteroffizier kam schüchtern näher und legte ein Heft auf den Schreibtisch. »Als das Blockhaus abgerissen wurde, fanden sie es, Exzellenz«, sagte er. »Offenbar war das ein letzter Versuch Arnfelds, seinem Volk einen Bericht zu hinterlassen – er verbarg das Heft unter den Dielenbrettern.«
    »In gewisser Weise empfinde ich für diesen Arnfeld und seine Freunde sogar Bewunderung«, sagte der Oberste Souverän nachdenklich. »Es war eine tapfere kleine Schar. Sogar die Frau, die sie am Ende verriet, hatte selbstlose Gründe für ihr Tun.«
    Das kalte Licht der Leuchtstofflampen spiegelte sich auf seinem kahlen Schädel, als er sich über die Fragmente beugte. Es war ein Schulheft, eingerissen und schmutzig, und die ersten Seiten waren mit kindlichem Gekritzel ausgefüllt. Einige Rechenaufgaben standen darin und eine ungelenke Zeichnung. Dann folgten Eintragungen von der Hand eines Erwachsenen. Der Rest des Heftes war mit ihnen ausgefüllt.
    »Ziemlich lang«, sagte er. »Arnfeld muß etliche Tage gebraucht haben, um das zu vollenden.«
    »Die Gruppe verteidigte sich ein paar Tage in dem Blockhaus, nicht wahr?« fragte der Unteroffizier.
    »Ja, ich glaube schon.« Der Blick der farblosen Augen überflog die ersten Sätze:
     
    Die folgenden Aufzeichnungen stammen von David Mark Arnfeld, Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika, Planet Erde, begonnen am 21. August 2034. Ich bin geistig und körperlich gesund, und aus meinen Personalakten geht hervor, daß ich nicht an Wahnvorstellungen leide, wie man mir nachsagt. Ich beabsichtige im folgenden wichtige Tatsachen zu berichten, die unsere Rasse und die des Mars angehen.
     
    »Hm.« Der Oberste Souverän blickte nachdenklich auf. »Wir werden diese Aufzeichnungen abändern müssen, falls jemand auf die Idee kommt, sie nachzuprüfen.« Er lächelte leicht. »Ich muß Mr. Arnfeld dankbar sein, daß er mich daran erinnert hat.«
    »Es scheint ein Bericht über die –«
    »Das werde ich schon selbst sehen. Übrigens, lassen Sie die Frau vorführen, ich möchte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher