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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung
Autoren: Anne Perry
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sagte der Richter mit einem Seufzen. »Nicht dass ich glaube, es könnte jetzt noch etwas nutzen. Sie kommen wahrscheinlich zwanzig Jahre zu spät und werden vermutlich nur zur Verbreitung der Neuigkeit beitragen, dass die Dame früher einmal Dolly Jackson aus Putney war und Leda und Phemie ihre leiblichen Kinder sind.« Es lag eine unüberhörbare Schärfe in seiner Stimme. »Und was haben Sie davon?«
    »Nur sehr wenig«, erwiderte Monk. »Es klingt nach Rachsucht und würde ihren derzeitigen Ehemann und ihre Tochter treffen.«
    »Dann sollten Sie das Beste aus Ihrer Exhumierung machen« , erwiderte der Richter mit einem kurzen Achselzucken. »Obwohl es seinen Verwandten nicht viel helfen wird, wenn Sie tatsächlich Gift in seinem Körper finden!«
    Loomis nahm das Papier an sich, nachdem der Richter es unterschrieben hatte.
    Monk schob die Hände in die Taschen. »Vielen Dank.«
    »Es mag heute vielleicht niemandem mehr helfen«, bemerkte Hester. »Aber wenn er tatsächlich ermordet wurde, können wir nicht einfach wegsehen, weil es jemandem weh tut.«
    Der Richter erwiderte nic hts.
    Den Rest des Abends verbrachten sie mit der Organisation der Exhumierung, die ihnen kaum eine halbe Stunde Zeit für ein hastiges Abendessen ließ. In Übereinstimmung mit Sitte und Gesetz musste die Exhumierung um Mitternacht stattfinden. Fünf Minuten vor zwölf fanden sie sich an den Friedhofstoren ein, zusammen mit einem blassen Küster, Dr. Loomis, drei einheimischen Polizisten vom Revier an der High Street, zu denen natürlich auch Sergeant Byrne zählte; auch drei Totengräber waren anwesend sowie Monk und Hester, die trotz entrüsteter Proteste mitgekommen war.
    Es war eine kühle Nacht, und ein feuchter Wind blies vom Fluss herauf. Ferne Nebelhörner klangen wie die Rufe verlorener Seelen durch den sich verdichtenden Nebel über dem Wasser.
    Der Küster schloss die Tore auf, und sie gingen im Schein der mitgebrachten Laternen über den Friedhof. Ein Wachtmeister wurde als Wachposten zurückgelassen, falls die ungewohnte Betriebsamkeit Neugierige anlockte. Die Totengräber trugen ihre Spaten über der Schulter, und ihre Füße klangen dumpf auf dem lehmigen Boden.
    Der Küster blieb vor Samuel Jacksons Grab stehen.
    »Also schön«, sagte er, »dann fangen Sie mal besser an. Es gibt keinen Grund zu warten.«
    Gehorsam machten die Totengräber sich an die Arbeit.
    Monk stand dicht neben Hester, Loomis auf der anderen Seite mit vor der Brust verschränkten Armen. Kein Laut war zu hören, außer dem schwachen Wispern des Windes und dem Geräusch der Spaten.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern.
    Hester rückte ein wenig näher an Monk heran, und er legte einen Arm um sie. Sie schien sehr zu frieren.
    Wieder trug der Wind den Klang der Nebelhörner vom Fluss zu ihnen herauf.
    Eine der Laternen zischte leise und erlosch.
    Endlich trafen die Spaten auf das Holz des Sargdeckels.
    Ein Totengräber nahm sich einen Augenblick Zeit, um sich zu bekreuzigen.
    Sie zogen die Seile unter dem Sarg hindurch und begannen ihn heraufzuziehen, wobei sie vor Anstrengung ächzten. Mit einer letzten Anstrengung hievten sie ihn auf die Erde neben dem dunklen Loch.
    Nun war es an Loomis, zur Tat zu schreiten. Er trat vor und massierte sich kurz die Hände, um den Blutkreislauf wieder in Gang zu bringen.
    Der Küster öffnete den Deckel und trat dann zurück.
    Einer der Wachtmeister stellte sich neben Dr. Loomis, um ihm mit einer Laterne zu leuchten, wandte den Blick aber sofort ab.
    Monk spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals klopfte.
    Byrne trat von einem Fuß auf den anderen.
    Loomis blickte in den Sarg. Er schob das, was von den Kleidern noch übrig geblieben war, zur Seite. Sie konnten nicht sehen, was er tat, sondern bemerkten nur die Anspannung in seinem Gesicht.
    Niemand sagte etwas. Monk zog Hester noch enger an sich. Die Minuten verstrichen. Es war bitterkalt.
    Endlich blickte Loomis auf.
    »Ich fürchte, es ist nicht genug übrig geblieben, um etwas sagen zu können«, erklärte er leise. Seine Stimme klang heiser und enttäuscht. »Ich kann Proben entnehmen, aber ich bezweifle, dass sich damit etwas beweisen lässt. Zwanzig Jahre… es ist einfach… weg!«
    Hester machte sich von Monk frei und trat an den Sarg. Sie beugte sich vor und blickte hinein. Byrne hielt die Lampe ein wenig tiefer. Ganz langsam streckte sie die Hände aus und zog die Überreste des Stoffs auseinander, wobei sie gründlicher vorging als Loomis.
    Monk wartete.
    Wieder
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