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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung
Autoren: Anne Perry
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Putney fuhr. Gabriel hatte ihnen gegeben, was er erübrigen konnte, und bedauerte nur, dass sein Gesundheitszustand es nicht zuließ, dass er sie begleitete.
    Jetzt saßen Monk und Hester Seite an Seite in dem Hansom , der in flottem Tempo durch die eleganten Straßen von Chelsea rollte, - während zu ihrer Linken der Fluss im Sonnenlicht glitzerte. Auf der linken Seite lag Battersea Reach. Sie würden an den Gaswerken vorbeikommen und durch die King’s Road fahren, wo Eel Brook Common auf ihrer rechten Seite auftauchen würde. Dahinter befand sich Parson’s Green und im Süden die Putney Bridge. Es war eine sehr lange Fahrt.
    Es gab so viel zu sagen, und doch wusste er nicht recht, wo er beginnen sollte. Sie hatte ihm von den jüngsten Ereignissen im Haus am Tavistock Square erzählt, wo er sie zuvor abgeholt hatte: Leda und Phemie hatten am Morgen mit ihren sauberen Kleidern, dem gewaschenen Haar und einem guten Essen im Magen vollkommen verändert gewirkt. Aber sie waren immer noch verängstigt und weil sie nicht glauben konnten, dass dies mehr als nur ein schöner Traum war. Aber sie schienen doch recht viel zu verstehen, wenn man nur langsam genug sprach und es mit einfachen Worten ausdrückte. Was am meisten ins Auge fiel, war ihre Liebe zueinander und ihr Erstaunen darüber, dass Martha sie wirklich gern hatte, ohne etwas von ihnen zu verlangen. Sie zuckten zurück, wenn man sich ihnen zu hastig näherte, und es würde eine ganze Weile dauern, bis sie verstanden, dass man ihnen nichts Böses wollte.
    Sie entfernten sich mittlerweile vom Fluss. Auf der Straße herrschte reger Morgenverkehr, und es waren etliche andere Hansoms und mehrere Privatkutschen unterwegs. Sie fuhren durch eine wohlhabende Gegend. Vier edle braune Pferde zogen im flotten Tempo eine prächtige Kutsche, die von Lakaien in Livree begleitet wurde.
    »Wo sollen wir anfangen?«, fragte Hester, den Blick nach vorn gerichtet. »Das alles ist jetzt zwanzig Jahre her. Wer wird heute noch dort leben?«
    »Einige der Nachbarn«, antwortete er. »Sie müssen auch einen Arzt hinzugezogen haben, sodass es wahrscheinlich einen Totenschein gibt.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich nehme an, den müssten wir finden können«, erwiderte sie, ohne ihn anzusehen.
    »Als sie noch sehr jung war, hatte Zillah eine Romanze mit einem Mann namens Hubert Gibbons«, sagte er.
    Hester sah ihn überrascht an.
    Ihm wurde klar, dass seine Bemerkung ihr vollkommen zusammenhanglos erscheinen musste.
    »Ich sage das nur, weil er nie den Kontakt zu ihr verloren hat - ich meine, er hat sie nie vergessen«, erläuterte er. »Vielleicht bedeutet sie ihm immer noch sehr viel. Und sie denkt offensichtlich mit einiger Zuneigung an ihn. Ich erinnere mich an ihr Lächeln, als das Gespräch einmal auf ihn kam.«
    »Sie meinen, sie würde ihn vielleicht heiraten?«, fragte sie.
    »Nun… es wäre möglich.«
    Hester wandte sich wieder dem Fenster zu. »Gut.«
    Er sah sie von der Seite an, konnte ihren Gesichtsausdruck aber nicht deuten. Hatte er sich so angehört, als sei eine Ehe etwas sehr Erstrebenswertes? Zillah wenigstens würde nicht vom Glück übergangen werden, würde nicht am Rande der Gesellschaft stehen und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen, bemitleidet von ihren Schwestern, mit denen das Schicksal freundlicher umgegangen war.
    Aber so hatte er es nicht gemeint!
    »Es wird…«, begann er. Er hatte sagen wollen, dass es für Zillah eine Bedeutung hatte, die es für Hester nicht besaß. Aber warum nicht? Es war vermessen, so etwas zu sagen, und beleidigend obendrein. Er hatte keine Ahnung, wie wichtig es für Hester sein mochte zu heiraten. Er hatte stets vermieden, sich Gedanken darüber zu machen, welche Hoffnungen oder Träume sie vielleicht hegen mochte oder welche Verletzungen sie vor anderen verbarg. Er wollte sie so sehen, wie sie war: stark, zupackend, mutig, im Stande, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere zu sorgen. Sie hatte eine spitze Zunge und einen scharfen Verstand und konnte bisweilen sehr witzig sein. Und sie war großzügig: Wenn es um die Sorge für andere ging, war sie der großzügigste Mensch, den er kannte. Aber sie verstand sich nicht auf die Kunst, geheimnisvoll oder verführerisch zu sein, hatte keine Ahnung, wie man kokettierte, schmeichelte und faszinierte. Sie war zu direkt, kein Rätsel umgab sie. Nur dass er nicht die geringste Ahnung hatte, was sie im Augenblick dachte, während sie vor sich hin
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