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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen
Autoren: Léo Malet
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Irma Denoyel und Arthur Duchemin
kaufen... gekauft haben.“
    Monsieur Bonnier hob die Hand. Ich ebenfalls.
    „Ich weiß, Monsieur!“ fiel ich ihm ins Wort,
bevor er es ausgesprochen hatte. „Sie wollen einwenden, daß das unmöglich ist,
weil so etwas bei Ihnen nicht vorkommt. Trotzdem, es kann sich nicht anders
abgespielt haben. Und es spielt sich bestimmt immer noch so ab! Warenumtausch
ist die Basis des Systems. Wenn ich noch ein wenig tiefer grabe, müßte ich bald
fündig werden.“
    Hier im Büro konnte ich nicht anfangen zu
graben. Ich verabschiedete mich von dem Generaldirektor, der mir völlig perplex
hinterherstarrte. Nein, er wußte nicht, was er von mir halten sollte. Zuerst
lieferte ich ihm eine geniale Erklärung, um dann eine so verworrene Theorie
hinterherzuschicken!
    Draußen stellte ich mich vor das berühmte
Geschäft und betrachtete die Süßigkeiten in den Auslagen. Luxuriöse Schachteln,
zierliche Kästchen — in denen man Schmuck vermuten konnte! — , kandierte
Früchte, Dragées, Schokoladenfiguren, Pralinen...
    Mir wurde etwas flau in der Magengegend.
Wahrscheinlich, weil ich so süßes Zeug nicht besonders mag, vor allem nicht im
Sommer. Dennoch faßte ich mir ein Herz und betrat das Luxusgeschäft.
    Die Kundschaft bestand hauptsächlich aus Frauen
und Kindern. Ob diese Leute keine Zeitung lasen? Oder läßt ein Schleckermaul
jede Vorsicht sausen, um seinen Hunger zu stillen? Der Laden war jedenfalls
rappelvoll. Monsieur Bonnier konnte ganz beruhigt sein. Noch war seine
Kundschaft wie wild hinter den Erzeugnissen von G & L her.
    Ich wußte nicht so recht, was ich eigentlich
hier suchte. Als ich schon wieder hinausgehen wollte, fiel mein Blick auf das
Schokoladenregal. Mir kam eine Idee.
    Ich muß dazu sagen, daß ich an meiner kleinen
Theorie festhielt, so verworren sie auch war. Ich drehte und wendete sie in
meinem Kopf hin und her, und siehe da!, so verworren kam sie mir gar nicht mehr
vor. Mußte nur noch ein wenig blankpoliert werden.
    Mein Blick fiel also auf das Regal, und da
dachte ich so, ,na ja’, dachte ich, ,so viele Opfer waren’s bis jetzt
eigentlich noch nicht... Und da es schwierig ist, ohne Training jeden Tag aus
der zweiten Etage zu springen, könnte man es doch einmal richtig versuchen, und
zwar mit Erfolg! Nur etwas Mut braucht man dazu, mehr nicht. Und ist es nicht
auch bequemer’, dachte ich weiter ,Trinkgeld zu geben, als eine Bank zu überfallen?
Auf jeden Fall mit weniger Risiko verbunden.’ Das hob natürlich meine
vorangegangenen Überlegungen auf!
    An diesem Punkt angelangt, stoppte ich den Fluß
meiner blühenden Phantasie. Fehlte nur noch, daß mir die Dichterinnung von
Saint-Germain-des-Prés im allgemeinen und die vom Café Flore im besonderen
einen Prozeß anhängten! So wenig poetisch ich sonst auch bin, bestimmt hätte
ich von den jungen Talenten noch lernen können, wie man das Morgenrot mitten in
sein Herz dringen läßt. Einfach nur deshalb, weil ich so schnell wie möglich
meine Theorie überprüfen mußte. Meine kleine, ehemals verworrene Theorie!
    Um das Recht zu erwerben, eine dieser hübschen
Schachteln mit einem Vollmond drauf nach Hause zu tragen, mußte ich einige
blaue Scheine auf die Glastheke blättern.
    Draußen winkte ich ein Taxi ran und fuhr zur
Agentur. Hélène war froh, mich wiederzusehen. Meine nicht angekündigte
Abwesenheit hatte sie so langsam nervös gemacht. Sie war drauf und dran
gewesen, einen Privatdetektiv einzuschalten!
    Schnell erzählte ich ihr alles Wichtige über
mein Abenteuer und zog mich dann für einen Augenblick in mein Büro zurück.
    „Kommen Sie mit, mein Schatz“, forderte ich
Hélène auf, als ich wieder herauskam. „Und nehmen Sie Block und Bleistift mit!
Ganz bestimmt werde ich das eine oder andere historische Wort von mir geben,
das Sie notieren und der Nachwelt — zumindest der Presse! — mitteilen sollten.
Wir fahren zu Gutt und Lambert. Nein, nein, nicht um Süßigkeiten zu lutschen!
Ich will Ihnen eine Nummer in Roter Magie vorführen. Gegen mich ist Mike
Seldow, der ,Zauberhafte Zauberer’, ein Langweiler!“
    Meine Sekretärin blieb vor dem Süßwarengeschäft
der Firma G & L stehen, während ich hineinging... und fast sofort
wieder herauskam. Wir setzten uns auf ein Gläschen in ein nahegelegenes Bistro.
Zehn Minuten später ließen wir uns bei Monsieur Bonnier anmelden.
    „Ich würde Ihnen gerne etwas demonstrieren“,
sagte ich zu dem Generaldirektor. „Würden Sie so nett sein und
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