Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
Vergiftungen zu
tun“, sagte ich, „rein beruflich, mein ich! Aber ein Ausflug auf das Terrain
eines Kollegen macht Sie doch nicht bange, oder?“
    „Aber nein!“ lachte Covet. „So was kommt immer
mal vor. Und dem Galzat ins Handwerk zu pfuschen, ist mir ein ganz besonderes
Vergnügen!“
    „Übrigens, haben Sie Ihren werten Kollegen in
letzter Zeit gesehen?“
    „Heute nachmittag erst, nach mehrtägiger
Abwesenheit. Er hatte einen ,Sensationsartikel’ angekündigt und ward nicht mehr
gesehn! Wahrscheinlich hatte er Mühe, den großen Worten Taten folgen zu
lassen... Da fällt mir ein, Burma: Sie waren auch ein paar Tage nicht zu
erreichen, stimmt’s?“
    „Wir waren zusammen im Urlaub.“
    „Witzbold! Galzat hat für heute abend wieder was
Tolles angekündigt. Er muß sich sputen, es ist gleich sechs. Vielleicht will er
aber ‘ne Sonderausgabe rausbringen... Oder er löst sich wieder in Luft auf!“
    „Gut möglich.“
    „Dieses Großmaul.“
    „Ich glaube, ich wollte noch was über ihn wissen...
aber jetzt hab ich’s vergessen... Gut, reden wir von ernsthafteren Dingen.
Stellen Sie Ihre Lauscher auf Empfang, Covet! Ich werde Ihnen jetzt ebenfalls
einen Sensationsartikel diktieren!“
    Ich berichtete meinem Freund in allen
Einzelheiten von meiner Entdeckung, der inzwischen handfesten Theorie des
Verteilersystems.
    „Phantastisch!“ rief er begeistert. „Das wird
wie’ne Bombe einschlagen! Linter uns gesagt, so was brauchte ich auch so
langsam mal... Man hat mir zu verstehen gegeben, daß der Betrug von Montfleury
gar keiner war.“
    „Ach was!“ lachte ich. „Wirklich nicht? Dann
können Sie ja froh sein, wieder einen Punkt zu machen, was?“
    „Heilfroh! Fabelhaft, Ihre Theorie!“
    „Ein rein intellektuelles Vergnügen.“
    „Immer bescheiden, dieser Nestor! Wir kennen zwar
noch nicht den Namen des Mörders, aber wir wissen jetzt, wie er’s gemacht hat.
Dadurch wird er erst mal ‘n Weilchen ausgemordet haben.“
    „Hat er schon lange.“
    „Sie sind ja bestens informiert!“
    „Geht so. Überlegen Sie doch mal: Die
vergifteten Pralinen, die erst jetzt ihren Zweck erfüllt haben — wenn ich das
mal so sagen darf — , wurden vor drei bis vier Monaten in Umlauf gebracht.
Damals hat man nämlich bei Gutt und Lambert beschädigte Schachteln aus dem
Verkehr gezogen... um sie dann wieder durch den Grossisten auf den Markt zu
werfen!“
    „Bilanz: drei Tote. Bisher jedenfalls, soweit es
uns bekannt ist. Folglich liegen noch einige Kugeln samt Arsen in irgendwelchen
Geschäften rum. Mal sehn, vielleicht schenke ich Galzat ‘n Schächtelchen. Kann
nie schaden!“
    „Schenken Sie ihm lieber ‘n Fäßchen Whisky.“
    „Warum? Der trinkt doch so gut wie nichts.“
    „Das kann sich leicht ändern.“
    „Noch einmal: Warum?“
    „Aus Liebeskummer.“
    Mit diesem großen Wort legte ich auf. Als
nächstes wählte ich die Nummer von Florimond Faroux. Auch ihm wollte ich meine
Entdeckung nicht vorenthalten.
    „Ich dachte, Sie wären tot“, schnauzte er statt
einer Begrüßung.
    „Immer charmant“, erwiderte ich. „Nein, ich lebe
noch. Hatte mich nur ein wenig zurückgezogen, um das System zu ergründen, mit
dem der Mörder sein Gift verteilt hat. Nun, ich habe die Zeit genutzt.“
    Und wieder erzählte ich meine Geschichte.
    „Also... wirklich...“ stammelte der Inspektor.
    „Ja, nicht wahr? Sie können meine Theorie bei
Gutt und Lambert nachprüfen. Nachlesen können Sie das Ganze heute abend im Crépuscule. Marc Covet erklärt das System noch besser als ich.“
    „Der schon wieder!“ fauchte Faroux.
    „Und was ist mit Frédéric Tanneur?“ fragte ich. „Verdächtigen
Sie ihn jetzt immer noch?“
    Der Name hatte weiterhin eine explosive Wirkung.
    „Zum Teufel mit diesem Tanneur!“ brüllte der
Inspektor mir ins Ohr. „Der ist mir schon lange scheißegal! Verschwunden! Von
mir aus... Wahrscheinlich hat er was anderes auf dem Kerbholz... Im Moment
überprüfen wir eine Meldung, die gestern in Paris — Vingt Heures erschienen ist... Sie kennen ja die Gerüchteküche... Was soil’s? Wir sind
inzwischen so weit, daß wir sogar dieses Käseblatt ernstnehmen... Vielleicht
hängt das ja mit dem zusammen, was Sie rausgekriegt haben.“
    „Tja, vielleicht.“
    Mehr konnte ich dazu nicht sagen.
    Nach einigen belanglosen Bemerkungen meiner- und
seinerseits sowie dem Versprechen, uns gegenseitig auf dem laufenden zu halten,
legten wir auf. Ich bat Hélène, mir die gestrige Ausgabe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher