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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen
Autoren: Léo Malet
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wir annehmen, lieber Galzat... Dr. Blouvette-Targuy
weist seiner Schwägerin die Tür und kommt zu uns ins Wartezimmer. Als ich das
Wort ,Arsen’ erwähne, wird er verlegen. Klar! Er fragt sich, was ich will und,
vor allem, was ich weiß! Um mir genauer auf den Zahn fühlen zu können, lädt er mich
zum Abendessen ein. War es so?“
    „Genauso“, antwortete der entfesselte Arzt.
    „Jetzt zu Louis Béquet. Sie sind davon
überzeugt, sich bei dessen Todesursache nicht getäuscht zu haben, aber
trotzdem... Wenn nun Catherines Geschichte, so unsinnig sie Ihnen auch
erscheint, doch wahr ist? Wir leben in unsicheren Zeiten: zwei, drei mysteriöse
Verbrechen pro Monat, die die Polizei nicht aufklären kann... Kurz und gut, Sie
beantragen eine Autopsie von Béquets Leiche. Das Ergebnis enttäuscht Sie
gewissermaßen; denn im Grunde möchten Sie an die Unschuld Ihrer schönen
Schwägerin glauben! Mit jedem neuen Giftmord würde ihre Unschuld
wahrscheinlicher. Und dann stirbt Irma Denoyel. Einige Tage später besuchen Sie
mich im Hospital. Was wollten Sie eigentlich von mir?“
    „Ihr fachmännisches Urteil!“ antwortete
Blouvette. „Sie haben ständig mit Verbrechen zu tun und hätten mir sagen
können, ob so eine kriminelle Bande, von der Catherine sprach, tatsächlich
existieren könnte.“
    „Als Sie aber Catherine aus meinem Zimmer kommen
sehen, sind Sie durcheinander. Sie schimpfen über alles mögliche, nur um das
heiße Thema nicht anzusprechen. Übrigens haben natürlich nicht Sie das Gift in
meinen Kräutertee geschüttet, sondern Ihre verrückte Schwägerin! Sie war
zweimal mit Théron bei mir, ebenfalls um rauszukriegen, was ich über die
Giftmorde dachte. Nichts anderes — aber auch gar nichts! — rechtfertigte ihre
Besuche. Beim zweiten Mal hab ich vielleicht ein unvorsichtiges Wort
fallenlassen, das sie zum Handeln zwang. Handeln heißt in diesem Falle:
Umbringen!“
    Hier machte ich eine Pause, um mir eine Pfeife
zu stopfen. Dr. Blouvette-Targuy schüttelte betrübt den Kopf. Marc Covet war
fasziniert. Solche Geschichten machten ihm Spaß! Hélène genoß aus Solidarität
den Triumph, obwohl ich auch sie an der Nase herumgeführt hatte. Und René
Galzat... Tja, René Galzat saß zusammengesunken auf dem Sofa, am Boden
zerstört. Seine Lippen zitterten nervös. Im Salon herrschte tiefes Schweigen.
Das Klavier im Nachbarhaus gab keinen Ton mehr von sich. Nur ich nahm etwas
wahr: ein Atmen, schwer und pfeifend. Es kam weder von mir noch von jemandem
sonst in diesem Raum. Es kam von jemandem, der oben an der Treppe stand und
lauschte.
    „Und jetzt“, nahm ich den Faden wieder auf, „gehen
wir wieder zurück zu dem Tag, an dem wir, Galzat und ich, im Hause
Blouvette-Targuy den Streit belauscht haben. Catherines Besuch hat nämlich
nicht den gewünschten Erfolg, der Doktor läßt sich nicht umstimmen. Doch lange
wird es nicht mehr dauern. Catherine veranlaßt unseren gemeinsamen Freund
Julien Théron, eine Begegnung zwischen ihr und dem jungen Mann zu arrangieren,
über den soviel geredet wird: René Galzat. Vorsichtshalber erzählte sie Julien
von einem Unwohlsein, das sie selbst nach dem Verzehr von Kuchen befallen
hatte. Ich nehme an, das war eine Lüge. Nun, die Giftmischerin will also dem
berühmten Journalisten ihre Ideen von der anarchistischen Verbrecherbande
einflüstern, die dann durch einen Artikel im Crépuscule noch
glaubwürdiger werden würden. Galzat ist das ideale Werkzeug: jung, aktiv, auf
der Jagd nach Geheimnissen, die er k.o. schlagen kann! Catherine kann sich auf
ihren Charme verlassen. Doch es kommt, wie so oft im Leben, ganz anders:
Catherine Larcher verliebt sich in René Galzat! Nur so ist ihr späteres
Verhalten zu erklären. Der Mann, der sie zu ihrem bestialischen Tun getrieben
hat, Blouvette-Targuy, ist aus ihrem Herzen verdrängt worden. Von diesem
Augenblick an hat Catherine Angst und weiß nicht mehr, was sie tut. Das Gift —
ihr Gift! — geistert noch immer in Paris umher, sie muß es aus dem Verkehr
ziehen! Mit der Engelsgeduld eines verliebten Teufels klappert sie alle
Vorortläden ab, kauft Pralinen, so viele sie bekommen kann, und verheizt sie in
ihrer Garage. Deswegen, mein lieber Galzat, war für Sie die Garage tabu! Sie
sollten um keinen Preis irgendwelche Spuren ihrer Vernichtungsaktion entdecken.
Was für ein irrer Gedanke! Wie sollte sie den Inhalt der Schachteln
wiederfinden? Sie waren doch in alle Himmelsrichtungen verstreut worden. Wie
Sie schon so richtig
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