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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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12. Halb voll. Das hatte er sich ja gedacht. Das Schrotgewehr entsprach seinem Besitzer. Gunnarstranda kam hinterher. Frølich zeigte auf die halb leere Schachtel mit den Schrotpatronen und schloss die Autotür. Die Musik verstummte fast. Aus der Ferne hörten sie näher kommende Sirenen. Jetzt wird hier auch mal für Gesprächsstoff gesorgt, dachte er. Dachte noch einmal an die Haushaltshilfe, dachte an Clint Eastwood. Mit Zigarre im Mund und einer Magnum 44 in der Hand. Drop it, angel, or I’ll make you fly! Keine Frage. Dirty Harry brauchte nie etwas zu erklären. Jedenfalls nicht, wenn er eine Magnum im Gürtel hatte. Und Dirty Harry wurde auch nie beurlaubt. Dirty Harry verlor seinen Job nicht, wenn er bei einem wichtigen Auftrag die Vorschriften brach. Frølich öffnete wieder die Tür und stellte das Radio ab. Stille senkte sich über die Straße. Himmel, gab es hier denn gar keine Kinder? Er sah, dass Gunnarstranda zum Auto zurückging und sich hineinsetzte und ins Mikrofon sprach. Die Sirenen kamen näher.
    Frølich starrte das Haus an und dachte an sie. In dem Kreis von Irren um diesen Fall war Sonja Hager eine der wenigen gewesen, die von echten Gefühlen gesprochen hatte. Für manche ist ein Versprechen ernst gemeint, hatte sie gesagt. Nachdem sie gemordet hatte. Systematisch hatte sie die Zeugen entfernt. Vielleicht war sie gerade dabei. Wenn sie das nicht schon erledigt hatte.
    War sie zurechnungsfähig? Ja, aber noch immer nicht bereit, ihre Strafe auf sich zu nehmen. Und dann kann eigentlich alles passieren, dachte er und ging langsam auf das Haus zu.

Fünfzig
    Die Stille lag wie eine alles erstickende Decke über dem Haus. Jetzt verstummten die Sirenen. Nur das Dröhnen der Dieselmotoren der Geländefahrzeuge fauchte die Straße hoch. Verschwand. Türenschlagen. Stille.
    Er dachte an Reidun, die Sonja Hager eingelassen hatte. Sie war müde, so müde. Hatte Sonja Hager sicher gebeten, sich zum Teufel zu scheren und über ihre Ehe zu sprechen, wenn Reidun ausgeschlafen war.
    Bis sie mit dem Messer in der Brust auf dem Boden lag. Danach hatte Sonja Hager Sigurd Klavestad aufgeschlitzt und sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch von Arvid Johansen befreit. Sie hatte sich einen nach dem anderen vorgenommen. Alle, die sie zu Fall bringen konnten. Die Haushaltshilfe musste sie in dieser Nacht gehört haben. Die letzte Zeugin. Ob sie schon tot war?
    Die Stille dröhnte. Frølich dachte an Sonja Hagers Lächeln, das kein Lächeln war. Was aber dann, Schock? Weil Frank Frølich ihr erzählt hatte, dass Øyvind Bregård ein Verhältnis mit der soeben Getöteten gehabt hatte? Oder war ihr der Ernst ihrer Tat aufgegangen? Hatte sie eingesehen, dass der Besuch der Polizei bedeutete, dass jemand versuchte, sie zu stellen, sie verurteilen zu lassen?
    Er ging die Treppe hoch. Griff nach der Türklinke. Die Tür stand offen. In diesem Moment vernahm er eilige Schritte. Er drehte sich um. Kampenhaug und die anderen in vollem Wichs. Natürlich Kampenhaug. Das Gesicht grün gemalt, Maschinenpistolen und Helme. Sie blieben stehen.
    »Frølich!«
    Kampenhaugs Stimme. Himmel, er stand ganz hinten. Gab’s hier keine, für die er sich an den Eiern kratzen konnte?
    Frølich lächelte den anderen ruhig zu und betrat das unverschlossene Haus. Das große Fenster im Wohnzimmer war wie eine Ansichtskarte des Oslofjords. Die Inseln lagen braun im glitzernden Wasser.
    Frølich sah sich um. Schwere Ledermöbel in englischem Stil. Ein Kamin aus Naturstein, der das Zimmer zu erschlagen drohte. Bücherschränke mit Meterware hinter Glas. Öl auf Leinwand ohne Rahmen und ein ziemlich großes Aquarium mit ein paar ungewöhnlich großen Schleierschwänzen, die ihre platten Fischmäuler an die angenehm saubere Glasscheibe pressten.
    Das Blubbern des Aquariums war das einzige Geräusch im Zimmer. Frank Frølich drehte sich zu den Soldaten um. Beeindruckt, weil sie so lautlos sein konnten.
    Der Boden knackte leise, als er sich in Bewegung setzte und quer durch das Zimmer auf eine angelehnte Tür zuging.
    »Frølich!«
    Wieder Kampenhaug.
    Frølich blieb stehen, drehte sich um und erwiderte seinen Blick. Kampenhaug stützte sich mit einer Hand gegen den Türrahmen. Mit der anderen aufs Gewehr. Still, atmete mit offenem Mund. Frank Frølich lächelte. Was gab es hier zu sagen? Dass die Frau gefährlich war? Sicher war sie gefährlich. Sie war verzweifelt und kannte keine Grenzen. Also frag mich verdammt noch mal nicht, wie das alles
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