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Toedliche Intrige

Toedliche Intrige

Titel: Toedliche Intrige
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angewiesen war, überhaupt nicht wahrgenommen.
    »Ich kenne da doch niemanden.«
    »Du kennst mich«, sagte sie mit lächelnden Augen, so als gäbe es ein kleines Privatgeheimnis zwischen uns.
    *
    Bei den Verhören habe ich wieder und wieder erklärt, dass ich unschuldig bin. Mein Rechtsanwalt hatte mir von Anfang an dazu geraten.
    Ich weiß nicht, wie er die Sache angehen will. Ich habe mein Leben und meine Ehre in seine Hände gelegt, und ich muss Vertrauen in ihn haben. Ich weiß, dass er an einigen wirklich großen Prozessen beteiligt war. Während meines Jurastudiums hielt er einmal einen Gastvortrag in einem Seminar über Strafrecht und ging auf einige seiner Fälle ein. Er hat Drogenschmuggler, Einbrecher, Gewalttäter und Mörder verteidigt. Die Polizei weiß ganz genau, wo sie ihn hat. Für die Gefängnisaufseher ist er wie ein guter Bekannter. Er ist um die sechzig, schlank und hat eine Glatze. Sein Schnauzbart verleiht ihm ein unnötig deprimiertes Aussehen.
    »Was sagen die Leute?«, fragte ich ihn eines Tages. »Was glauben sie?«
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, erwiderte er, während er seine große Aktentasche öffnete.
    »Was ist mit dem Einspruch?«
    »Das Oberste Gericht hat abgelehnt. Du musst hier so lange bleiben, wie es der Polizei beliebt.«
    »Wahrscheinlich bin ich nicht kooperativ genug«, sagte ich.
    »Du willst ja noch nicht einmal mit mir reden«, sagte er und strich sich über den Schnauzbart.
    Das stimmte. Es fiel mir schwer, über das zu sprechen, was vorgefallen war. Es fiel mir schwer, es einzugestehen. Er hielt dagegen, dass er ein geduldiger Mensch sei. Und es sei ja mein Leben. Aber er gab mir auch zu verstehen, dass sich meine Situation dadurch nicht verbessern würde. Ich müsste sowohl ihm als auch der Polizei gegenüber mehr Kooperationsbereitschaft zeigen. Ich weiß genau, was er meint. Die Untersuchungshaft bringt einen dazu, nachzudenken und Zusammenhänge zu erkennen.
    »Wie dem auch sei«, sagte er, »hier habe ich dir ein paar Bücher mitgebracht, damit du etwas zu lesen hast.«
    Er reichte mir einen Roman, die Autobiografie eines Politikers und den Erfahrungsbericht eines Mannes, der unschuldig wochen-und monatelang in Untersuchungshaft saß.
    »Ich dachte, das hier könnte dir vielleicht etwas helfen«, erklärte er.
    »Ich werde also noch lange hier bleiben müssen, nicht wahr?«, sagte ich. Er zuckte die Achseln.
    »Es sieht nicht gut aus«, sagte er. »Wenn du bloß ganz genau sagen würdest, was passiert ist.«
    »Was reden die Leute?«, fragte ich noch einmal.
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte er. »Ich habe andere Sorgen, als darüber zu spekulieren, worüber man sich in der Stadt die Mäuler zerreißt.«
    Mindestens vier Kriminalbeamte sind mit der Ermittlung befasst. Außerdem gehe ich davon aus, dass ihnen ein ganzes Bataillon von Mitarbeitern zur Verfügung steht. Diese vier verhören mich abwechselnd und kommen jeweils zu zweit. Eigentlich ist es genau wie in Filmen. Man denkt immer, dass es im Leben nicht so zugeht wie im Kino, aber es ist tatsächlich so. Im Verhörzimmer befindet sich an der einen Wand ein Riesenspiegel, und ich weiß, dass manchmal auf der anderen Seite Leute sind, obwohl ich sie nicht sehen kann. Bestimmt irgendwelche hohen Tiere. Aber sie sind nicht immer im Nebenzimmer. Ich sehe es den Kriminalbeamten an, wenn diese unsichtbaren Gestalten anwesend sind. Dann wirken sie nämlich nervöser, sie sind viel mehr auf der Hut und drücken sich gewählter aus. Darauf scheint es anzukommen. Sie sind auch viel besorgter als ich. Wenn niemand von den Bossen im Nebenzimmer ist, geben sie sich viel gelassener. Alle, die mich verhören, haben irgendeine gehobene Position bei der Kriminalpolizei, und sie sind immer zuzweit. Sie wechseln sich allem Anschein nach schichtweise ab.
    Zu der Gruppe gehört auch eine Frau. Ich weiß nicht so recht, wie ich sie einordnen soll. Sie hält eine gewisse Distanz. Die anderen erlauben sich durchaus auch einmal einen Scherz, auch wenn die Sache ernst ist. Sie lächelt aber nie. Vielleicht ist sie einfach so. Vielleicht hat sie Angst vor mir. Sie schaut mich streng an und liest ihre Fragen vom Blatt ab. Alles wirkt irgendwie inszeniert. Ein Verhör ist letzten Endes auch wie ein Theaterstück. Die Bühne ist begrenzt, es gibt nur wenige Mitwirkende, der Plot ist dramatisch, und der schlechteste Schauspieler bekommt wie immer den schwarzen Peter zugeschoben.
    Als ich wegen des Spiegels fragte,
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