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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit
Autoren: Denis Marquet
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Mulligan zurück, ohne stehen zu bleiben.
    Ein erneuter Schuss verfehlte ihn. Zielte der Schütze wirklich auf ihn, oder wollte er die Reaktion des Sergeant testen? Ungerührt und ohne den Schritt zu verlangsamen, machte sich dieser daran, seine Hose zu öffnen. Er war jetzt nur noch wenige Meter von dem Haus entfernt, direkt unter dem Fenster des Schützen. Aus dieser Entfernung hätte ihn ein fünfjähriges Kind treffen können.
    Doch der Irre schoss nicht.
    Als Mulligan das Haus betrat, war er in Unterhosen.
    In diesem Augenblick kam mit quietschenden Reifen ein Mannschaftswagen zum Stehen. Zehn Männer mit kugelsicheren Westen und Sturmgewehren sprangen heraus. Als letzter stieg ein korpulenter Typ mit elegantem Jackett, breiter Krawatte und einer roten Baseballkappe aus.
    »Captain Murray, Antiterroreinheit. Was ist hier los?«
    Ann stellte sich vor und zeigte ihre Dienstmarke.
    »Ein Verrückter hat sich im sechsten Stock dieses Gebäudes im Treppenhaus verschanzt. Er hat zwei Personen getötet.«
    »Hat er eine Geisel genommen?«
    »Offenbar nicht.«
    »Also, dann los!«
    »Captain … Mein Vorgesetzter ist schon drin.«
    »Was?«
    Sie fasste die Lage zusammen. Der Mann fluchte.
    »Und er ist unbewaffnet raufgegangen? Das ist ja, als würde man dem Kerl eine Geisel auf dem Silbertablett präsentieren! Wenn dieser Idiot davonkommt, ist seine Karriere beendet, das schwöre ich.«
    Er kehrte ihr den Rücken zu, um sich seinen Männern zu widmen. Ann hatte plötzlich das Gefühl, von einem Strudel von Farben und Geräuschen aufgesogen zu werden. Sie schloss die Augen und lehnte sich an den Mannschaftswagen.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    Ein uniformierter Polizist stand vor ihr.
    Sie zwang sich, gerade zu stehen, und lächelte ihm zu.
    »Soll ich Ihnen etwas Wasser holen?«
    »Nein, danke.«
    Jeff … Man hörte keine Schüsse mehr. Hatte er den Irren erreicht? Im Schutz des Polizeiwagens gab der Captain seinen Männern leise Anweisungen. Man brachte ihm ein Megaphon. Vermutlich wollte er zunächst verhandeln. Eine Panikattacke, deren Heftigkeit Ann überraschte, schnürte ihr den Magen zusammen.
    Plötzlich richteten mehrere Polizisten ihre Waffen auf das Fenster, das sie die ganze Zeit überwacht hatten. Es öffnete sich einen Spaltbreit, und eine Gestalt tauchte auf. Von der Sonne geblendet, konnte Ann sie nicht erkennen.
    »Es ist vorbei!«, rief der Mann.
    Es war die Stimme von Mulligan.
    Die Männer der Antiterroreinheit verharrten in ihrer Position. Der Sergeant stand mit nacktem Oberkörper am Fenster.
    »Wer ist dieser Kerl?«, brüllte der Captain mit der Baseballkappe.
    »Sergeant Mulligan!«, rief Ann, »mein Chef!«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Ann verließ ihr Versteck und lief zu dem Haus. Unterwegs sammelte sie einige der Kleidungsstücke auf, die Jeff Mulligan hatte fallen lassen. Hinter ihr wurde ein Befehl gebellt, und die Männer des Einsatzkommandos folgten ihr. Ann trat ins Haus.
    »Warten Sie!«, rief man ihr nach.
    Ohne sich weiter um die Aufforderung zu kümmern, stürzte sie die Treppe hinauf. Ein Mann rempelte sie an, als er sie überholte. Sie drückte sich an die Wand, um die Einheit vorbeizulassen.
    Auf dem Treppenabsatz des sechsten Stocks stand Sergeant Mulligan in Unterhosen und rauchte eine Zigarette. Zu seinen Füßen lag der reglose Körper des Mörders in einer Blutlache.
    »Er hat sich zur Wehr gesetzt«, erklärte er. »Sie erlauben?«
    Er nahm die Kleidungsstücke, die Ann ihm reichte, und zog sich langsam an. Drohend trat der Captain näher.
    »So kommen Sie mir nicht davon!«
    »Ein Strumpf fehlt.«
    Ein Polizist, der die Socke unterwegs aufgesammelt hatte, reichte sie ihm.
    »Das werden Sie mir büßen, Mulligan.«
    »Haben Sie mein Hemd?«
    »Es liegt noch unten«, sagte Ann.
    Wütend machte der Captain auf dem Absatz kehrt, seine Männer folgten ihm.
    Als Jeff Mulligan hinter der Unfallbahre mit dem Mörder das Haus verließ, wurde er von Bravorufen empfangen, die ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken schienen. Ann fragte sich, ob er diese Gleichgültigkeit nur spielte oder ob es ihm wirklich egal war, was die anderen von ihm dachten. Unter den Neugierigen waren schon die ersten Journalisten. Der Sergeant schob sie beiseite und stieg in den Wagen. Während er sein Hemd fertig zuknöpfte, nahm Ann auf dem Beifahrersitz Platz.
    Als sie sich einen Weg durch das Gewühl bahnten, brach sie das Schweigen:
    »Ich bewundere die Art, wie Sie diesen Fall gelöst
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