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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit
Autoren: Denis Marquet
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Erpressung verdächtigten Bande wohnen, der sich allerdings nicht blicken ließ. Sie wusste, dass es zu den Aufgaben eines Detective gehörte, sich bei solchen Gelegenheiten in einem Auto zu langweilen. Besonders unangenehm wurde die Sache freilich, da ihr Vorgesetzter, von dem sie schließlich lernen sollte, kein Wort von sich gab. Mehrmals hatte sie versucht, das drückende Schweigen zu brechen. Sie hatte ihn gefragt, wo er geboren war, was seine Eltern machten, ob es eine Frau in seinem Leben gab … Vergebliche Liebesmüh, der Mann war ein Betonklotz, der nichts Persönliches preisgab. Mit einer Ausnahme: Als sie ihn schließlich ermattet und nicht ohne Selbstironie gefragt hatte, welches Sternzeichen er sei.
    »Stier.«
    Überrascht und ermutigt zugleich hatte sie sich nach seinem Aszendenten erkundigt.
    »Pitbull.«
    »Wie bitte?«
    »Stier, Aszendent Pitbull.«
    Er machte sich über sie lustig, doch auch das ohne das kleinste Lächeln.
    Am Morgen des vierten Tages begann das Funkgerät plötzlich zu knistern.
    »Zentrale an alle Wagen: 10–30–3 in einem General Store Trader Joe’s Ecke Lexington und 76th Street, ich wiederhole 10–30–3 …«
    Mulligan griff zum Mikro.
    »Wagen 3–0 Edward an Zentrale: Nachricht erhalten, wir fahren hin.«
    »Wagen 3–0 Edward. 10–4.«
    Der Sergeant fuhr mit quietschenden Reifen, Blaulicht und heulender Sirene los und schlängelte sich durch den dichten Verkehr. Ann klammerte sich fest und versuchte sich zu erinnern, was 10–30–3 bedeutete. Auf der Polizeiakademie hatte sie alle Funkcodes gelernt, und normalerweise kannte sie sie auswendig, doch nun hatte sie im falschen Moment einen Aussetzer. Absurd. Mit gerunzelter Stirn ging sie alle Kombinationen durch. Vergeblich, 10–30–3 wollte ihr nicht einfallen. Sie konnte doch nicht völlig ahnungslos am Tatort ankommen! Gerade wollte sie sich überwinden und nachfragen, als sie plötzlich hörte:
    »Zentrale an 3–0 Edward.«
    Mit dem Kinn wies Jeff Mulligan sie an abzuheben.
    »Bewaffneter Raubüberfall beendet. Verdächtiger wird überprüft. Zwei Streifenpolizisten vor Ort.«
    »Sollen wir trotzdem hinfahren?«, fragte Ann ins Mikro.
    Mit einer abrupten Bewegung schaltete der Sergeant das Funkgerät aus. Sie sah, wie sich sein Mund verächtlich verzog, so als würde er einen stummen Fluch ausstoßen. Sofort warf sie sich ihre Naivität vor. Man brauchte ja Detectives für die Zeugenaussagen und all den Routinekram, das wusste sie genau. Aber Sergeant Mulligan besaß die Gabe, sie völlig zu verunsichern.
    Zwei Blocks weiter sahen sie eine Menschenmenge und zwei Polizeiwagen, einer von beiden mit Blaulicht. Mulligan bremste, sein Gesicht hatte plötzlich einen konzentrierten Ausdruck angenommen.
    »Sie werden meine Anweisungen haargenau befolgen.«
    »Was ist los?«
    »Die Lage hat sich verändert.«
    Ann war nichts Besonderes aufgefallen. Der Sergeant hielt und machte ihr ein Zeichen auszusteigen. In diesem Augenblick bemerkte sie, dass das Polizeiauto mit dem Blaulicht von Kugeln durchlöchert war. Ein Stück weiter entfernt hielten zwei Streifenpolizisten die Schaulustigen hinter dem gelben Plastikband zurück, mit dem die Sicherheitszone abgetrennt war. Seine Dienstmarke in der Hand, bahnte sich Mulligan einen Weg durch die Menge und ging auf den ersten Uniformierten zu.
    »Was ist passiert?«
    Der Mann versuchte sich selbstsicher zu geben, doch in seinen Augen las Ann Emotionen, die er kaum zu beherrschen vermochte. An seiner Dienstwaffe waren noch Schmauchspuren zu erkennen.
    »Wir sind in eine Schießerei geraten. Die Zentrale hatte uns gesagt, die Sache sei unter Kontrolle! Und während des Beschusses hat ein Querschläger …«
    Er wandte sich ab, tat, als wolle er auf etwas zu seiner Linken deuten.
    »… ein Kind getötet.«
    Ann drehte sich um. Der zweite Cop hatte die Neugierigen zurückgedrängt. Rund zwanzig Meter entfernt lag auf dem Bürgersteig ein kleiner Körper in einer Blutlache. Mechanisch folgte sie Jeff Mulligan.
    Ein großkalibriges Geschoss hatte den Schädel zerfetzt, doch das Gesicht hatte auch im Tode noch einen schmollenden, kindlichen Ausdruck. Der Junge war von weißer Hautfarbe und höchstens acht Jahre alt. Der Körper war zusammengekrümmt, die Hände waren verschmiert vom Malen. Ann trat zur Seite, um sich zu fassen, doch plötzlich musste sie sich übergeben. Jeff reichte ihr ein Taschentuch. Er wirkte seltsam abwesend.
    »Wenn es Ihnen wieder besser geht, befragen Sie
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