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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien
Autoren: Michael Ridpath
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abgeschlossen.«
    Das war eine Lüge, aber glücklicherweise schienen sie sie alle zu schlucken. Jeder trug einen dieser sperrigen Datenhelme, die den Kopf weitgehend bedeckten. Jeder Helm war über einen mechanischen Arm mit dem VR-Rechner verbunden. Zwar stimmte es, daß solche Helme gelegentlich verwendet wurden, wenn es auf größere Genauigkeit ankam, aber für diesen Zweck hätten unsere modernen Datenbrillen völlig ausgereicht. Tatsächlich trug ich ein solches Modell, ohne daß die anderen es wußten. So hatte ich die Möglichkeit, nach Belieben aus der virtuellen in die reale Welt zu wechseln.
    Jetzt schob ich die Brille hoch. Neben mir saßen Karen, Dad und Willie, alle unter ihren Datenhelmen. Rachel bediente den Rechner, von dem aus sie die Vorführung steuerte. Auf einem kleinen Bildschirm neben ihr sah ich das Konferenzzimmer bei Jenson Computer, wo Jenson, Wagner und Sorenson trotz ihrer massigen Helme zu erkennen waren, während Keith, Andy und ein Jenson-Ingenieur an einem Computerterminal saßen. An der Tür erblickte ich zwei Sicherheitsleute.
    Ich klinkte mich wieder in das virtuelle Büro ein. Alles wartete.
    Ich räusperte mich. »Zunächst einmal möchte ich Ihnen allen dafür danken, daß Sie gekommen sind.« Ich sah mich an dem Tisch um. »Wir halten es für wichtig, daß unsere Hauptaktionäre Einblick in dieses Projekt erhalten. Dabei gilt mein besonderer Dank Scott, dem Vertreter unserer Kleinaktionäre.«
    »Ich freue mich außerordentlich, hiersein zu dürfen«, sagte Wagner mit virtuellem Lächeln.
    »Wir nehmen an, daß die Fähigkeit vom Projekt Plattform, Menschen, die Tausende von Kilometern entfernt sind, in virtuellen Konferenzen wie dieser zusammenzubringen, zu einer seiner häufigsten Anwendungsformen führen wird. Doch das System weist noch eine ganze Anzahl anderer Eigenschaften auf, die wir Ihnen gerne vorführen würden. Dazu möchten wir einen von Ihnen bitten, sich zu einer Reise durch eine virtuelle Welt bereit zu erklären. Walter, würden Sie als Aufsichtsratsvorsitzender so nett sein?«
    »Mit Vergnügen«, sagte Sorenson.
    »Gut. Wenn wir auf diese virtuelle Welt umschalten, werden wir mit Ihnen zusammen dort sein, sehen, was Sie sehen, und hören, was Sie hören. Aber Sie werden Herr der Situation sein. Mit Hilfe der 3-D-Maus können Sie sich durch diese Welt bewegen, okay?«
    »Okay. Ich bin soweit. Auf geht’s!«
    »Sehr schön, Walter«, meldete sich Rachel zu Wort. »Am Anfang der Vorführung befinden Sie sich in einem kleinen Wäldchen. Von dort aus können Sie die Steuerung übernehmen.«
    Nun wurde ich in Sorensons Welt versetzt. Durch das Medium eines virtuellen Sorenson erlebte ich seine virtuelle Welt. Genauso erging es allen anderen. Wir hielten uns in einem Kiefernwald auf. Die Sonne schien, und die Vögel sangen. Man hatte den Eindruck, es sei ein Frühlingstag. Offenbar hatte Sorenson seine Maus bewegt, denn wir begannen zu gehen. Nach etwa einer Minute gelangten wir zu einer grauen Steinmauer mit einem großen Holztor.
    »Kann ich hinein?« fragte Sorenson.
    »Klar. Sie brauchen nur am Knauf zu drehen«, sagte Rachel.
    Erneut schob ich die Brille hoch, um auf dem kleinen Bildschirm Sorenson in Palo Alto zu beobachten. Er bot einen seltsamen Anblick, wie er in seinem Stuhl saß, den größten Teil seines Kopfes unter dem großen Helm verborgen, und versuchte, mit der 3-D-Maus in der ausgestreckten Hand einen imaginären Türknauf zu drehen. Doch als ich die Datenbrille wieder über die Augen zog, sah ich, daß er einen Tunnel betreten hatte.
    Er war schlecht beleuchtet, aber am anderen Ende konnte ich eine weitere Tür erkennen. Mit dumpfem Knall fiel die Tür hinter uns ins Schloß.
    Unheimlich und eng war es in dem Gang. Plötzlich flog mir – oder vielmehr uns – eine Fledermaus ins Gesicht, so daß mir der Atem stockte. Einen Augenblick zögerte Sorenson, dann setzte er seinen Weg fort. Zu unseren Füßen konnte ich es huschen und krabbeln hören.
    »He, das ist wirklich gut«, sagte Sorenson. »Als ob ich tatsächlich in einem Tunnel wäre.«
    Rachel gab keine Antwort.
    »Rachel? Rachel?«
    Keine Antwort.
    Nach kurzem Zögern ging Sorenson weiter. Schließlich gelangten wir zu einem Tor am Ende des Tunnels. Er öffnete es, und wir wurden förmlich hinausgestoßen. Geräuschvoll fiel das Tor hinter uns zu.
    Nun befanden wir uns auf einem Friedhof. Totenstille herrschte hier. Von allen Seiten umgab uns eine hohe Mauer. Sorenson wandte sich um, um
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