Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
wieder zurückzugehen, aber er konnte das Tor nicht öffnen. »Lassen Sie mich hier raus, Rachel!«
    Immer noch keine Antwort.
    Zögernd ging der virtuelle Sorenson über den Friedhof. Der Wind rauschte in den Bäumen, doch davon abgesehen, hörte man kein Geräusch. Mehr als die Schatten der Grabsteine und Sarkophage sowie der Bäume, die sie umstanden, war nicht zu erkennen. Zwar stand der Mond am Himmel, aber er schimmerte nur schwach hinter dunklen Wolken.
    Plötzlich hörte ich ein mahlendes, quietschendes Geräusch, als einer der Steine sich bewegte. Sorenson drehte sich um. Langsam hob sich ein liegender Grabstein.
    Sorenson lachte, aber in dem Lachen klang eine Spur von Nervosität an. Sehr schön.
    Jetzt stand das Grab offen. Aus dem Erdreich stieg eine Gestalt und hockte sich auf den Stein. Es war zu dunkel, um ihr Gesicht erkennen zu können.
    Langsam trat Sorenson näher.
    In diesem Augenblick trieb der Wind die Wolken vor dem Mond davon, so daß die Gestalt deutlich zu erkennen war. Sorenson keuchte.
    »Hallo, Walter«, sagte die Gestalt.
    »Richard! Was zum Teufel?« Panisch wandte Sorenson sich zur Flucht. Als ihm einfiel, daß es sich nur um eine elektronische Demo handelte, beruhigte er sich wieder. »Rachel, das ist geschmacklos, krank. Lassen Sie mich raus hier!«
    »Sie kommen hier nicht raus«, sagte Richard. »Sie sind eingesperrt mit mir. Und ich habe einiges mit Ihnen zu besprechen.«
    Ein Schauer lief mir über den Rücken. Obwohl ich wußte, daß ich meiner eigenen Stimme lauschte, die die Techniker kunstvoll verändert hatten, sah die Gestalt genauso aus und hörte sich genauso an wie Richard. In meinem Inneren tobte ein Sturm von Empfindungen. Ich wollte selbst mit ihm sprechen. Ich stellte fest, daß das zu den Dingen gehörte, die ich am meisten vermißte – mit ihm sprechen zu können. Ich spürte einen Kloß im Hals und Tränen in den Augen.
    Der Himmel wußte, was Sorenson empfand. »Rachel!« brüllte er. »Mark!« Das Bild begann zu schwanken. Offenbar versuchte er den Helm abzustreifen. Als ich meine Brille hochschob und auf den Bildschirm blickte, sah ich, daß er sich in seinem Stuhl hin und her wand und an dem Helm zerrte.
    »Nehmt mir das verdammte Ding ab!« schrie er.
    Er versuchte aufzustehen, aber es ging nicht. Der mechanische Arm, der an dem Helm befestigt war, erlaubte ihm nur eine begrenzte Bewegungsfreiheit. Er zog an den Riemen unter seinem Kinn, aber Keith hatte sie gründlich befestigt. Sein Zappeln und Zerren blieben ohne Erfolg. Die virtuelle Welt ließ ihn nicht aus ihren Fängen.
    Er saß fest in ihr.
    Erneut sah ich mich im realen Raum in Glenrothes um. Willie, Karen und Vater saßen vollkommen still. Das Kinn meines Vaters hing etwas herab. Der Teil des Gesichtes, den ich unter dem Helm erkennen konnte, war leichenblaß. Es mußte hart für ihn sein. Und es würde noch schlimmer kommen. Aber das konnte ich jetzt nicht mehr ändern.
    Ich klinkte mich wieder in Sorensons Welt ein. Richard lächelte ihn an. Das Mondlicht fiel auf die vertrauten Züge und warf Reflexe auf das blonde Haar. Vor neun Monaten waren Richards Gesicht und Körper eingehend kartiert worden. Alle seine Bewegungen steuerte Rachel, die hochkonzentriert an ihrem Computer saß.
    »Walter, Sie können nicht entkommen. Lassen Sie uns miteinander reden.« Richards Tonfall war gelassen, vernünftig, ermutigend. »Unterhalten Sie sich mit mir.«
    »Ich werde nicht mit Ihnen sprechen«, sagte Sorenson.
    »Ich möchte Ihnen ein paar Dinge zeigen. Kommen Sie mit!«
    Er wandte sich um und ging ein paar Stufen ins Erdreich hinunter, aus dem er gekommen war. Wieder wackelte das Bild, als Sorenson versuchte, nicht zu folgen. Aber er konnte nichts dagegen unternehmen. Seine Steuermechanismen waren außer Kraft gesetzt. Und mit ihm wurden wir alle in das Grab gezogen.
    Ein paar Stufen führten zu einer Tür. Richard öffnete sie und winkte uns, ihm zu folgen. Wir folgten.
    Nun befanden wir uns in Richards Büro. Die Bilder der alten VR-Geräte schmückten die Wände, und im elektronischen Fenster war der Firth of Forth zu sehen. Richard saß hinter dem Schreibtisch.
    »Hallo, Walter. Vielen Dank, daß Sie gekommen sind«, sagte er. »Ich habe hier etwas sehr Merkwürdiges entdeckt, das ich Ihnen gern zeigen würde.
    Wie Sie wissen, bin ich über die Kursbewegung unserer Aktien seit Februar sehr besorgt. Ich habe mit der SEC in Amerika gesprochen, und dort hat man mir mitgeteilt, daß ein gewisser Frank
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher