Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht
Autoren: T Hoag
Vom Netzwerk:
Schlacht gewonnen und den Krieg verloren. Dies war eine Nacht, in der man das Bedürfnis hatte, mit jemandem ein warmes Plätzchen zu teilen, aber der Mensch, mit dem er das am liebsten getan hätte, um seinen Sieg zu feiern, war nicht mehr da. Verloren für ihn. Verloren für sich selbst. Für immer. Und er konnte nichts weiter tun als trauern.

54
    Ein neuer, wunderbarer südkalifornischer Morgen. Sonnenschein, Verkehrsstaus und Sensationsgier.
    In den Frühnachrichten eines jeden Fernsehsenders in der Stadt wurden Aufnahmen von dem »Großeinsatz der Polizei am Pershing Square«, gefolgt von »Schießerei auf der Olvera Street« gezeigt. Ein Großteil des Fiaskos am Pershing Square war auf Video festgehalten worden, von einem Filmstudenten der University of Southern California, der dort eine Dokumentation über das Filmteam drehen wollte, das seinerseits gerade auf dem Platz drehte.
    Jeder Sender hatte Reporter zu den Schauplätzen des Geschehens geschickt, an denen um sechs Uhr morgens absolut nichts los war, und kein Mensch irgendetwas von Bedeutung zu berichten hatte.
    »Ich bin (Name des Reporters) von welchem Sender auch immer und befinde mich hier (Tatort der Wahl), um bruchstückhafte Fakten und Vermutungen wieder aufzuwärmen und zu wiederholen.«
    Fernsehjournalismus im neuen Jahrtausend.
    Parker sah mit heruntergedrehtem Ton fern und las die Untertitel mit Dianes Namen, die immer und immer wieder eingeblendet wurden. Jeder Cop und jeder von der Spurensicherung und jeder Sanitäter am Tatort kannte sie. Es hatte kein Mangel an Leuten geherrscht, die bereit waren, ins Scheinwerferlicht zu treten und irgendeinen Kommentar abzugeben oder ihr Entsetzen zum Ausdruck zu bringen. Auf jedem Kanal war in der rechten oberen Ecke des Bildschirms Dianes Foto zu sehen.
    Es tat weh, das Bild anzusehen, den leeren Blick ihrer Augen zu sehen, die Blässe ihrer Haut. Die energiegeladene, starke Frau, die er kannte, gab es nicht mehr. Das war eine andere Diane. Das war die Diane, von der sie gesprochen hatte, die selbst ihr fremd war. Diese Diane war erfüllt von Angst und Wut und jenem unerträglichen Schmerz, der an sich gute Menschen dazu brachte, Grenzen zu überschreiten, die sie normalerweise nie überschritten hätten. Diese Diane hatte jemanden zu einem Mord angestiftet. Diese Diane hatte einen Mann in den Kopf geschossen. Diese Diane hatte den Plan entworfen und ausgeführt, einem Mann die Verantwortung für ein Verbrechen zuzuschieben, auf das die Todesstrafe stand.
    Diese Diane war erfüllt von dem Bedürfnis nach Liebe, dem verzweifelten Wunsch nach einer Beziehung, der Verletzlichkeit eines Kindes. Diese Diane war von einem sexbesessenen Soziopathen für ein grausames und herzloses Spiel benutzt und missbraucht worden.
    Parker wandte sich von dem Plasmabildschirm ab und ging hinauf aufs Dach, um sich zu strecken, um sämtliche Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und die Bewegungen auszuführen, die ihm in den vergangenen Jahren jeden Tag geholfen hatten, seine Mitte zu finden, Ruhe. Heute waren seine Bewegungen angespannt vor Wut, die Energie – das Chi – wurde durch die Stärke seiner Gefühle blockiert.
    Nachdem er seine Geduld genug strapaziert hatte, gab er frustriert auf und stand lange Zeit einfach nur da, sah über die Dächer von Chinatown, lauschte auf die Geräusche der erwachenden Stadt, die den Tag begann.
    Eines der Dinge, die er an L.A. am meisten liebte, war das überwältigende Gefühl, dass jeder Tag neu war und die Möglichkeit in sich barg, Träume wahr werden zu lassen. Was er heute fühlte, war allerdings das genaue Gegenteil von Hoffnung. Heute würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Karriere enden, um die er so hart gekämpft hatte. Heute würde eine Frau, die er liebte, des Mordes angeklagt werden, und ein amoralischer emotionaler Ausbeuter würde auf freien Fuß gesetzt werden, mit der stillschweigenden Erlaubnis, sein gewohntes Leben weiterzuführen, als wäre nicht das Geringste geschehen.
    Parker stieß einen tiefen Seufzer aus und ging wieder hinein, um sich gegen das Kommende zu wappnen. Das Beste, was man mit einem schlimmen Tag machen konnte: durchstehen und zu Ende bringen und hoffen, dass der nächste Tag besser werden würde.
    Parkers erster Weg an diesem Tag führte ihn ins Krankenhaus. Zum einen, weil es noch früh war und daher die Chance größer war, den Leuten vom Raub- und Morddezernat aus dem Weg gehen zu können. Sie würden Abby Lowell heute sicher befragen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher