Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht
Autoren: T Hoag
Vom Netzwerk:
alles hinter sich hatte und dass seine kleine Patchwork-Familie in Sicherheit war. Familie – das klang ziemlich gut, und er überlegte, dass er versuchen könnte, sich mit der Vorstellung etwas näher anzufreunden.
    Er war sich noch nicht ganz im Klaren darüber, was er jetzt machen würde. Die gebrochene Rippe und seine anderen Verletzungen zwangen ihn, sich noch ein paar Tage auszuruhen. Als Kurier wollte er nicht mehr arbeiten. Es wäre eine zu große Belastung für Tyler, der sich alle fünf Sekunden fragen würde, ob sein Bruder auf der Straße überfahren worden war oder ob vielleicht wieder jemand wie Eddie Davis hinter ihm her war.
    Jace hätte sich also vielleicht Gedanken darüber machen sollen, was die Zukunft bringen würde, aber im Moment war er damit zufrieden, seinem kleinen Bruder dabei zuzusehen, wie er ein Kind war. Er war zufrieden, wenn er daran dachte, dass sie ein Zuhause hatten und eine Familie – eine, die nicht viel mit Blutsverwandtschaft zu tun hatte, aber sehr viel mit Liebe.
    Parker lenkte den dunkelgrünen alten Jaguar in den Hof und parkte hinter dem Fischmarkt der Chens, auf dem Parkplatz, auf dem Madame Chens Mini Cooper gestanden hatte, als er das erste Mal hierher gekommen war. Madame Chen tauchte aus ihrem Büro auf, perfekt frisiert und in makellos weißen Baumwollhosen und einem schwarzen Seiden-Twinset.
    »Sie bringen mir einen Ersatz für mein Auto, Detective Parker«, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln. »Wie nett von Ihnen.«
    »Ich werde Ihnen Ihr Auto zurückbringen, Madame Chen«, sagte er.
    »Und wann wird dieses Wunder geschehen? Bevor ich so alt wie mein Schwiegervater bin und zu schlecht sehe, um noch auf den Straßen herumzufahren?«
    »Heute«, versprach er. »Die Polizei in Hollywood hat die Untersuchungen an Ihrem Auto abgeschlossen. Ich habe persönlich dort angerufen und veranlasst, dass es Ihnen heute zurückgebracht wird.«
    Sie zog einen Schmollmund. »Mir gefällt dieses Auto aber besser. Können wir vielleicht tauschen?«
    Parker lachte. »Sie haben Sinn für schöne Dinge, Madame Chen.«
    »Selbstverständlich«, sagte sie, und in ihren dunklen Augen blitzte es. »Ich habe einen sehr einfachen Geschmack, Detective. Nur das Beste ist gut genug.«
    »Dann sagen Sie also Ja, wenn ich frage, ob Sie meine Freundin sein wollen?«
    Eine leichte Röte färbte ihre Wangen. »Das werde ich nicht tun – bevor Sie nicht in diesem Auto einen Ausflug mit mir machen.«
    Parker nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Sie wehrte sich und ließ einen chinesischen Wortschwall vom Stapel, doch als er sie losließ und einen Schritt zurücktrat, war sie rot geworden und versuchte, ein schulmädchenhaftes Kichern zu unterdrücken.
    »Ich mache irgendwann einen Ausflug ans Meer mit Ihnen«, versprach er. »Ich lade Sie zum Essen ein, und ich werde versuchen, Sie mit Wein und Charme herumzukriegen. Ich kann sehr charmant sein, wissen Sie.«
    Sie sah ihn an. »Und ich bin sicher, nicht nur das, Detective Parker.«
    »Kev!«
    Tylers Ruf ertönte vom Dach. Eine halbe Sekunde später stürzte der Junge aus der Tür.
    »Wow! Cooles Auto!«
    »Findest du?«, sagte Parker. »Ich wollte dich und deinen Bruder zu einer Spritztour abholen.«
    »Toll!«
    Zehn Minuten später waren sie auf der Straße, der Jaguar glitt dahin, ihre Haare flatterten im Wind, Tyler und Jace quetschten sich auf dem Beifahrersitz zusammen und teilten sich einen Sicherheitsgurt.
    »Ist das nicht verboten?«, rief Tyler.
    Parker warf ihm einen kurzen Blick von der Seite zu. »Was bist du? Ein Cop?«
    »Hm-hm. Ich habe jetzt eine Marke.«
    Parker hatte dem Jungen die Ehrenmarke eines Junior-Detective überreicht, in Anerkennung seiner Verdienste in der Nacht, in der sie Eddie Davis zur Strecke gebracht hatten.
    Er stellte fest, dass es ihm sehr viel Spaß machte, den Onkel zu spielen. Tyler Damon war ein großartiger kleiner Bursche. Und auch Jace mochte er. Er war ein mutiger und guter junger Mann. Die beiden war wirklich erstaunlich, wenn man bedachte, was für ein schweres Leben sie bis jetzt gehabt hatten.
    Parker hatte den Verdacht, dass Jace niemals richtig Kind gewesen war. Mit seinen neunzehn Jahren besaß er mehr Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl als neunzig Prozent der Leute, die Parker kannte. Jace hatte sein Leben so eingerichtet, dass er seinen kleinen Bruder großziehen und beschützen konnte, und er tat alles dafür, dass Tyler einmal ein besseres Leben hatte. Er hatte zwei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher