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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit
Autoren: D Koontz
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daliegenden Mann und schoss ihm zweimal in den Rücken. Sogar ein drittes Mal hätte er noch abgedrückt, aber er hatte alle elf Kugeln, die in der Pistole gewesen waren, verbraucht.
    Holly, die sich während der Schüsse zusammengekauert hatte, stand sofort auf, als Mitch auf sie zutrat.
    »Noch einer?«, fragte er.
    »Bloß der, bloß der.«
    Sie stürzte auf ihn zu und schlang die Arme um ihn. Noch nie war er so fest, mit einer derart liebevollen Wildheit, umarmt worden.
    »Deine Hände«, sagte er.
    »Das ist nicht schlimm.«
    »Deine Hände«, wiederholte Mitch beharrlich.
    »Das ist nicht schlimm, wichtig ist nur, dass du am Leben bist!«
    Er küsste jeden Teil ihres Gesichts. Ihren Mund, ihre Augen, ihre Stirn, noch einmal ihre Augen, die nun salzig von Tränen waren, ihren Mund.
    Die Luft stank nach Schießpulver, ein Toter lag auf dem Boden, Holly blutete, und Mitch fühlte sich wacklig auf den Beinen.
    Er wollte in der frischen Luft, im scharfen Wind, im Sonnenschein sein, wenn er Holly küsste.
    »Verschwinden wir von hier«, sagte er.
    »Die Kette …«

    Ein kleines Vorhängeschloss hielt die um ihr Handgelenk geschlungenen Kettenglieder zusammen.
    »Er hat den Schlüssel«, sagte sie.
    Auf den am Boden liegenden Körper starrend, zog Mitch ein Ersatzmagazin aus der Hosentasche, um das leere damit zu ersetzen. Dann kniete er sich hin und presste dem Entführer die Pistolenmündung an den Hinterkopf. »Eine Bewegung, und ich blase dir das Hirn aus dem Schädel«, sagte er, erhielt aber selbstverständlich keine Antwort.
    Dennoch ließ er die Pistole, wo sie war, während er mit der freien Hand die Außentaschen der Windjacke durchsuchte. Er fand den Schlüssel in der zweiten.
    Sekunden später fiel das Vorhängeschloss zu Boden, und die Kettenglieder lösten sich von Hollys Handgelenk.
    »Deine Hände«, sagte Mitch, »deine schönen Hände!«
    Der Anblick ihres Bluts erschütterte ihn. Er dachte an die Szenerie in der Küche, mit der man ihn hatte ans Messer liefern wollen, an die blutigen Handabdrücke, aber das hier war schlimmer; es war so viel schlimmer, zu sehen , wie Holly blutete.
    »Was ist mit deinen Händen passiert?«, fragte er.
    »New Mexico. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Ich erkläre es dir später. Gehen wir. Ich will hier raus.«
    Mitch nahm den Beutel mit dem Lösegeld vom Boden. Holly wollte auf eine andere Tür zugehen, doch er führte sie zum Flur, weil das der einzige Weg war, den er kannte.
    Ihr rechter Arm lag um seine Schultern, sein linker Arm schlang sich um ihre Taille. So gingen sie an leeren Zimmern vorbei, in denen es spukte oder nicht, und sein Herz schlug weder weniger heftig noch langsamer als während der Schießerei gerade eben. Vielleicht galoppierte es den Rest seines Lebens so dahin.
    Der Flur war lang, und als sie im Salon angelangt waren,
wandten sich ihre Blicke automatisch dem weiten, staubigen Panorama zu.
    Als sie gerade in das riesige Wohnzimmer traten, heulte irgendwo anders im Haus ein Motor auf. Der Lärm hallte durch sämtliche Räume und brach sich an den hohen Decken, sodass man unmöglich sagen konnte, woher er kam.
    »Ein Motorrad«, sagte Holly.
    »Das hätte ich mir denken können«, sagte Mitch. »Eine kugelsichere Weste unter der Windjacke.«
    Offenbar hatte die Wucht der Geschosse, besonders der beiden Kugeln in den Rücken, Jimmy Nall kurzfristig bewusstlos werden lassen.
    Er hatte wohl gar nicht vorgehabt, für seine Flucht den Wagen zu verwenden, mit dem er hergekommen war. Stattdessen hatte er in der Nähe der Küche, vielleicht in einem der Esszimmer, ein Motorrad deponiert, um durch jede beliebige Tür des Hauses verschwinden zu können, falls etwas schiefging. Sobald er draußen war, konnte er nicht nur das Tor nehmen, das auf die Straße führte, sondern auch im Zickzack durch das abschüssige Gelände auf der anderen Seite fahren. Vielleicht gab es auch noch einen anderen Weg hinaus.
    Während das Dröhnen des Motors anschwoll, wurde Mitch plötzlich klar, dass sein Gegner gar nicht vorhatte zu fliehen. Auch um das Lösegeld ging es ihm nicht.
    Was immer zwischen ihm und Holly vorgefallen war – New Mexico, Rosa Gonzales, zwei weiße Hunde, blutende Stigmata –, all das zog ihn unaufhaltsam an, ganz zu schweigen von der Demütigung, die ihm der Nagel im Gesicht zugefügt hatte. Schon wegen des Nagels ging es ihm weniger um das Geld als um Holly. Er wollte sie töten.
    Die Logik legte nahe, dass er sich hinter den beiden
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