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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber
Autoren: Arthur W. Upfield
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welche Zeit vermißten Sie den Tracker am nächsten Morgen?«
    »Um halb acht.«
    Bony blickte über den Sergeant hinweg durch das offene Fenster. Fast eine Minute lang schwiegen die beiden Männer.
    »Ich glaube, daß die alte Lubra in Deep Well tatsächlich krank war. Haben Sie diesen Punkt einmal nachgeprüft?«
    »Hm – nein.«
    »Dann müssen wir es noch tun. Da heißt es also, eine alte Lubra sei in Deep Well krank, zweiundvierzig Meilen von der Stelle entfernt, an der Abie als Tracker tätig ist. Während der fraglichen Nacht regnet es stark. Abie marschiert erst achtundzwanzig Meilen zum Meenasee und dann weiter vierzehn Meilen nach Deep Well. Aber die alte Frau liegt gar nicht im Sterben. Die Schwarzen machten also einen bösen Schnitzer. Wissen Sie, mein lieber Blake, langsam beginnt mich dieser Fall zu interessieren. Doch zunächst noch etwas: es konnte nie der Beweis erbracht werden, daß Andersons Pferd an dem Morgen, an dem er zum Grünen Sumpf geritten ist, eine Halsleine trug. Als der Knecht das Tier am nächsten Morgen vor dem Gattertor fand, fehlte das Lasso, obwohl Anderson stets eins mitnahm. Es besteht also die Möglichkeit, daß neben Anderson auch noch das Lasso und seine Stockpeitsche verschwunden sind.«
    Sergeant Blake nickte. Interessiert sah er zu, wie Bony etwas auf einen Zettel schrieb, den er gleich darauf dem Sergeant zuschob.
    Jemand steht vor dem Fenster, las Blake. Sehen Sie nach, wer es ist, und bringen Sie ihn möglichst herein!
    Ganz leise schob der Sergeant seinen Stuhl zurück und stand auf. Er schlich zum Fenster und beugte sich blitzartig hinaus.
    »Was suchst du denn hier, Wandin?« rief er unwirsch.
    »Ich warten auf Sie, Sergeant«, erwiderte eine Eingeborenenstimme. »Brauchen Geld, um kaufen Tabak.«
    »Ach nein? Komm mal ganz schnell herein!«
    Blake trat vom Fenster zurück, und Bony sah, wie ein hochgewachsener Eingeborener zur Tür ging. Gleich darauf war das Tappen nackter Füße im Korridor zu hören. Bony stand auf und stellte sich neben Blake.
    Ein großer, finster blickender Eingeborener mit spindeldürren Beinen trat ein, blieb dicht an der Tür stehen und rieb sich mit den Zehen des rechten Fußes seinen linken Fuß. Er war glatt rasiert, Baumwollhemd und Bluejeans waren verhältnismäßig sauber. Einen Hut trug er nicht, das volle Haar wurde bereits grau. Ein Grinsen glitt über sein schmales Gesicht, als er von Blake zu Bony blickte. Es war ein schiefes Grinsen, das seine Furcht verbergen sollte, die in den schwarzen Augen deutlich zu erkennen war.
    »Was hast du da draußen gemacht?« fragte Blake schneidend.
    »Nichts, Sergeant. Nur warten.«
    »Worauf?«
    »Geld für Tabak, Sergeant. Ich keinen Tabak. Sie mir geben zwei Shilling?«
    Bony trat dicht vor den Eingeborenen, der ein ganzes Stück größer war als er selbst.
    »Du bist also Wandin, wie?«
    »Ja.«
    »Du hast also draußen gelauscht, weil du Tabak haben möchtest. Sieh mal da!« Bony zeigte nach unten.
    Wandin blickte auf seine Hosentasche, wo sich deutlich ein Stück Preßtabak abzeichnete. Weiterhin dümmlich grinsend blickte er wieder in die blauen Augen des Inspektors.
    »Komisch. Ich vergessen.«
    Bony lächelte, griff blitzschnell zu und zog das offene Baumwollhemd auseinander. Wandin erstarrte, während Bonys Blick von der narbenübersäten Brust nach oben glitt und sich in die ärgerlich funkelnden schwarzen Augen bohrte.
    »Du bist ein großer Blackfeller, wie?« sagte Bony leise. »Du bist ein großer Zauberer? Gehörst zum Marloo-Totem? Ich kenne diese Zeichen. So, und jetzt gehst du hinaus und kümmerst dich um das Polizeipferd.«
    Der Inspektor nahm wieder am Schreibtisch Platz, während Blake dem Eingeborenen nochmals den Befehl erteilte, im Stall nach dem Pferd zu sehen. Ohne ein weiteres Wort verschwand Wandin, und das Patschen der nackten Füße entfernte sich im Korridor. Blake beobachtete durch das offene Fenster, wie der Schwarze hinter dem Haus verschwand, dann setzte er sich wieder.
    »Glauben Sie, daß er unser Gespräch belauscht hat?« fragte er stirnrunzelnd.
    »Wir haben es mit einem sehr intelligenten, schwarzen Gentleman zu tun, Sergeant. Ich bin überzeugt, daß er gelauscht hat. Jedenfalls hoffe ich es. Ja, dieser Fall beginnt interessant zu werden. Geht Ihre Uhr eigentlich richtig?«
    »Ich habe sie gestern abend nach dem Rundfunk gestellt.«
    »Gut. Übrigens – in Ihrem Bericht haben Sie nicht angegeben, ob Anderson an dem Tag, an dem er verschwand, einen Hut
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