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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber
Autoren: Petra Würth
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gern einen Blick auf das Projektil werfen lassen, das sich in Hubertus’ Kopf befand. Er hatte nämlich bei der Vorstellung die Aufgabe, das Beweisstück zu prüfen.«
    Celenius schaute mich auffordernd an. »Dann kommen Sie mal mit!«
    »Danke.« Ich schluckte. »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich lieber hier stehen bleiben.«
    »Ach so, natürlich.« Der Professor machte ein paar Schritte zur Ablage und fischte etwas Metallenes aus einer Schale.
    Das leicht deformierte Ding, das nun in meine Hand kullerte, besaß keine Kerbe auf seinem Mantel. »Das ist nicht die Kugel, die ich auf der Bühne gesehen habe«, stellte ich fest.
    »Darf auch nicht«, sagte Stürzenbecher. »Der Trick sieht vor, dass Hubertus das Geschoss mit den Zähnen auffängt. Scheinbar jedenfalls. Also muss die Metallkugel vor den Augen des Publikums mit einer anderen vertauscht werden. Hubertus steckt sich die markierte Kugel in den Mund und schiebt sie, sobald der Schuss fällt, rasch zwischen die Zähne. Deine Aufgabe wäre es gewesen, die Markierung wiederzuerkennen und die Echtheit zu bestätigen.«
    »Dann müsste er mein Projektil ja noch im Mund gehabt haben«, sagte ich.
    »Richtig«, sagte Stürzenbecher.
    Wir drehten uns zum Metalltisch um.
    »Herr Reich-Ranitz«, rief Celenius.
    »Ja?« Der zweite Mediziner schaute auf.
    »Haben Sie den Rachenraum des Toten nicht untersucht?«
    »Natürlich. Da war …«
    »Dann machen Sie es bitte noch mal! Und zwar gründlich!«
    »Aber …«
    »Tun Sie es einfach!«
    Reich-Ranitz murmelte etwas Unverständliches und leuchtete dann mit einer kleinen Taschenlampe in den geöffneten Mund des Magiers. Schließlich nahm er eine Pinzette zu Hilfe.
    »Wie ich bereits sagte … Nein, warten Sie! Na so was! Unter der Zunge.«
    »Assistenten«, knurrte Celenius.
    Reich-Ranitz zog die Pinzette aus dem Mund des Toten und schwenkte sie in unsere Richtung. »Ein Metallprojektil. Unversehrt.« Er betrachtete seinen Fund genauer. »Bis auf eine kleine Einkerbung im Mantel.«
    »Ich glaube, ich brauche frische Luft«, sagte ich.
    Der Hauptkommissar musterte mich kritisch und griff nach meinem Arm. »Ich begleite dich.«
     
    Vor dem Institut steckte ich mir einen Zigarillo an. Der Rauch schmeckte scheußlich, aber wenigstens verdrängte er den Leichengestank.
    »Die Qualmerei wird dich noch umbringen«, sagte Stürzenbecher.
    »Was denkst du?«, fragte ich. »War es ein Unfall?«
    »Die Assistentin war letzte Nacht ziemlich durch den Wind. Ich habe nicht viel aus ihr herausbekommen. Sie redete dauernd davon, dass jemand vergessen habe, die Garderobentür abzuschließen. Theoretisch wäre es natürlich möglich, dass an der Pistole manipuliert wurde.«
    »Und warum nicht praktisch?«
    »Weil man dafür ein Insider sein muss. Solche Spezialpistolen werden nicht in hoher Stückzahl hergestellt. Um sicherzugehen, habe ich die Experten vom Landeskriminalamt gebeten, die Waffe zu untersuchen.«
    Anna selbst wusste vermutlich, wie die Pistole funktionierte. Dachte ich, sagte es aber nicht.
    »Sie heißt Anna Ortega und stammt aus Kuba«, redete der Hauptkommissar unaufgefordert weiter. »Seit fünf Jahren ist sie mit Hubertus zusammen.«
    »Die beiden waren ein Paar?«
    »Auf der Bühne und im Bett.« Er grinste anzüglich. »Die schönen Frauen sind immer vergeben. Hast du das noch nicht gemerkt?«
    »Davon habe ich gehört. Aber warum sollte mich das interessieren?«
    »Mach mir nichts vor, Wilsberg. Ich weiß genau, was du denkst.«
    »Und das wäre?«
    »Dass sie ihren Typen womöglich selbst erledigt hat. Und ich bin lange genug im Geschäft, um das Gleiche anzunehmen. Allerdings gibt es exakt drei Punkte, die für sie sprechen.«
    Ich schaute ihn erwartungsvoll an.
    »Erstens: Falls sie eine Mörderin ist, ist sie auch eine verdammt gute Schauspielerin. Zweitens: Mit Hubertus beerdigt sie ihre eigene Lebensgrundlage. Und drittens …«
    »… gibt es keine Lebensversicherung zu ihren Gunsten«, vermutete ich.
    »Doch, es gibt eine. Bloß mit einem netten kleinen Passus, der ihr nicht unbekannt sein dürfte: Die Versicherung hat sich geweigert, den Kugeltrick zu versichern. Wegen zu großem Risiko. Anna Ortega hätte ihren Stefano auf alle möglichen Weisen vom Leben zum Tod befördern dürfen, nur eben nicht mit der Pistole auf der Bühne.«
    Stürzenbecher registrierte meine Erleichterung mit einem kleinen Lachen. »Scheint dich zu freuen?«
    »Ich hatte noch nie was für schöne Mörderinnen
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