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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber
Autoren: Petra Würth
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Zauberloge steht, eingehackt. Gestern Abend hatte er Glück. Die Herrschaften waren beim Essen. Er hat sich die Aufnahmen auf seinen Computer heruntergeladen und ins Netz gestellt. Der Film läuft die nächsten Tage nonstop. Also, wenn Sie jemanden darüber informieren wollen, tun Sie sich keinen Zwang an.«
    »Cornfeld, Sie sind der Größte. Ich danke Ihnen!«, rufe ich begeistert in den Hörer, beende das Gespräch und laufe in die Küche. Dort schnappe ich mir das Hamburger Abendblatt und schlage im Impressum die Telefonnummer des Politikressorts nach.
    Fünf Minuten später habe ich einen Redakteur dran, der das Gespräch nur angenommen hat, weil ich der Sekretärin gegenüber behauptet habe, eine Kollegin zu sein. Unwillig hört er zu und scheint nicht zu verstehen, worauf ich hinauswill. Erst als er die Seite aufgerufen hat und ich ihn auf ein paar Details aufmerksam mache, begreift er, was er da gerade sieht. Als wir uns verabschieden, klingt er hektisch und aufgeregt. Kein Wunder, denke ich, der Mann wittert die Story seines Lebens.
    Höchst zufrieden strahle ich Wilsberg an. »Die Herrschaften werden so schnell keine vom Aussterben bedrohten Tiere mehr vertilgen«, sage ich. »Das gibt einen Riesenskandal, der eine Menge Leute aus ihren Positionen katapultieren und von ihren Stühlen fegen wird.«
    »Du kannst ja richtig rachsüchtig sein«, sagt Wilsberg. »Mit dir möchte ich keinen Krach haben.«
    »Wir haben doch auch keinen Krach«, sage ich. »Oder?«
    Er lächelt und sieht auf die Uhr. »Jetzt, wo wir alle Probleme gelöst haben, sollte ich mich langsam mal auf den Weg machen. Fährst du mich?«
    »Klar!«, sage ich.
    Er steht auf und verlässt die Küche. Kurz darauf höre ich ihn draußen seine Sachen zusammensuchen.
    Während ich das schmutzige Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine räume, wird mir bewusst, dass ich eigentlich nicht möchte, dass er jetzt schon nach Münster zurückfährt. Und schon gar nicht möchte ich, dass er mit Anna zusammen zweieinhalb Stunden im Zug verbringt. Vertraut ins Gespräch vertieft. Womöglich im Speisewagen, wo sie sich tief in die Augen blicken können, während draußen die herbstliche Landschaft am Fenster vorbeizieht.
    Der Abschied kommt mir entschieden zu schnell. Und ist mir entschieden zu unromantisch. Mir kommt eine Idee. Ich nehme eine Flasche Schampus aus dem Kühlschrank und öffne sie. Wie nicht anders zu erwarten, passiert, was nicht passieren soll: Der Korken knallt gegen die Decke, der Sekt sprudelt aus dem Flaschenhals und hinterlässt einen nassen Fleck auf meiner Bluse.
    Wilsberg kommt herein. »Hat einer auf dich geschossen?«, fragt er grinsend und legt seine Schirmmütze auf den Tisch.
    »Wir haben den Fall aufgeklärt.« Ich reiche ihm einen Sektkelch. »Wir sollten darauf anstoßen.«
    »Gute Idee.« Er hebt sein Glas.
    Ich proste ihm zu und nehme einen großen Schluck. Wir sehen uns an. Verlegen. Keiner weiß so recht, was er sagen soll. Wie geht es jetzt weiter?, überlege ich. Nach der Devise: Don’t call me, I call you? Oder starten wir einen neuen Versuch? Einen ernsthaften? Mit mehr Vertrauen, mehr Offenheit und weniger Ängsten?
    Wilsberg mustert mich nachdenklich. Und ich habe das Gefühl, als würden ihm die gleichen Fragen durch den Kopf gehen.
    Sein Blick bleibt an dem feuchten Fleck auf meiner Bluse hängen. »Jetzt, wo du nass bist«, sagt er leise, »könntest du dich eigentlich auch ausziehen.«
    Einen Moment bin ich verdutzt. Aber nur einen Moment. Dann öffne ich den ersten Knopf meiner Bluse, gehe langsam auf ihn zu und öffne den zweiten.
    »Wann, hast du noch mal gesagt, fährt dein Zug?«

33
    Wilsberg macht Urlaub
    Es war keine Südseeinsel, sondern die kanarische Insel Fuerteventura. Immerhin gab es einen Sandstrand, ein paar Palmen und Liegestühle am Pool. Die Stadt hieß Jandía Playa, war in den Sechzigerjahren aus dem Lavasand gestampft worden und bestand aus Hotels und Einkaufszentren, die sich an der Küste aneinanderreihten. Kein Ort, an dem man es länger als eine Woche aushalten würde. Aber diese Woche wollte ich genießen. Zusammen mit meiner Tochter Sarah, der ich den Urlaub zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Zuerst hatte ich mit dem Gedanken geliebäugelt, Pia einzuladen, doch Pia war bereits mit einem neuen Fall beschäftigt: Sie musste einen Taxifahrer suchen, in den sich eine junge Frau verliebt hatte. Pia als Eheanbahnungsinstitut. Mal was ganz Neues.
    Da in Jandía Playa keine Attraktionen
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