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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber
Autoren: Petra Würth
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Laute, die beide von sich gaben, wohl eine Mischung aus Freude und Anfeuerung.
    »Okay«, sagte Pia. »In einer Minute seid ihr draußen.«
    Die Oberseite des Käfigs war nur mit einem einfachen Riegel verschlossen.
    »Lass mich ins Wasser steigen«, sagte ich zu Pia. »Es ist anstrengender, die beiden hochzuziehen.«
    Pia schüttelte den Kopf. »Du bist verletzt, Georg. Du könntest ohnmächtig werden.«
    »Es wird schon klappen«, sagte ich und ließ mich in die dunkle Brühe gleiten.
    Die Kälte spürte ich erst, als ich Anna schon erreicht hatte. Mit einem Ruck riss ich ihr das Klebeband vom Mund.
    Sie schnappte nach Luft. »Gracias!«
    »De nada.«
    Mit den Fesseln gab ich mich gar nicht erst ab. Ich hob die Kubanerin an den Füßen hoch und Pia zog sie auf die Planken. Dann wiederholten wir die Prozedur mit Cornfeld, der eine verkrustete Platzwunde an der Schläfe hatte. Schließlich krabbelte ich mit Pias Hilfe selbst ins Trockene. Eine Welle von Schmerzen und Übelkeit schwappte über mich hinweg. So erschöpft wie in diesem Moment hatte ich mich noch nie im Leben gefühlt. Am liebsten wäre ich einfach liegen geblieben. Wenigstens ein paar Minuten. Oder Stunden.
    »Georg?«, sagte Anna.
    »Ja?«
    »Ihr habt uns das Leben gerettet. Nicht mehr lange und ich wäre ertrunken.«
    »Ist im Preis inbegriffen.«
    Anna kicherte wie ein betrunkenes Partygirl.
     
    »Er ist ein diablo. Schon als Junge war er ein Teufel. Manchmal hat er sich als Miguel ausgegeben. Weil Miguel so beliebt war. Weil er die hübscheren chicas bekam. Rein vom Äußeren konnte niemand die beiden unterscheiden. Aber es fiel trotzdem auf. Nicolás verhielt sich unbeherrscht, brutal, Miguel nie. Geh weg! , sagten die Mädchen dann. Du bist nicht Miguel, verschwinde! Nicolás lachte nur. Es machte ihm nichts aus.«
    »Das heißt, Isabel und du, ihr kanntet die Brüder seit eurer Jugend auf Kuba?«
    »Sí«, nickte Anna. »Wir kommen aus derselben ciudad. Irgendwann wurde es selbst Miguel zu viel. Er ist seinem Bruder aus dem Weg gegangen. Ein Wahnsinn, wie zwei Menschen so ähnlich und doch so different sein können.«
    Sie hatte sich in eine Wolldecke gerollt und kauerte auf einem Sessel im Haus der Reichweilers. Pia, Cornfeld und ich hatten die übrigen Sitzgelegenheiten in Beschlag genommen, ebenfalls in Decken gehüllt. Inzwischen waren Polizei und Krankenwagen eingetroffen. Der Notarzt hatte Nicolás sofort nach Kiel bringen lassen, bei mir reichten als erste Hilfe ein Druckverband um die Rippen, ein Pflaster für die Verletzung unter dem Auge und zwei Tampons für die Nase. Pia und Cornfeld wurden ebenfalls mit Pflastern versorgt und gemeinsam teilten wir uns eine Packung extra starker Schmerztabletten.
    Nachdem wir den örtlichen Polizisten den Fall in groben Zügen geschildert hatten, war auch Lademann eingeschaltet worden. Zusammen mit Petersen redete er gerade im Nebenzimmer mit Frau Reichweiler. Später, das hatte er schon angedroht, würden wir an die Reihe kommen.
    »Isabel hat auf Kuba als Prostituierte gearbeitet und Nicolás war ihr Zuhälter«, erzählte Anna weiter. »Sie war so dumm. Sie hätte Miguel bekommen können, Miguel war unsterblich in sie verliebt. Aber sie hat sich für Nicolás entschieden, der ihr viel Geld und ein schönes Leben versprach. Alles Lügen. Isabel war nur seine Sklavin. Seine Nummer eins. Nie hätte Nicolás sie freiwillig gehen lassen. Also ist sie geflohen, als sich ihr eine Gelegenheit bot, in der Hoffnung, dass sie Nicolás nie wiedersehen würde. Deshalb konnte ich nicht glauben, dass Miguel Isabel ermordet hat. Und als ich Miguel im Krankenhaus besuchen wollte und Nicolás gesehen habe …«
    »Da habt ihr ihn verfolgt«, sagte ich und blickte zu Cornfeld hinüber. »Vielleicht wäre es klüger gewesen, uns oder die Polizei zu informieren. Stattdessen habt ihr euch dem Mörder als leichte Beute präsentiert.«
    »Ich habe doch angerufen«, verteidigte sich Cornfeld.
    »Sie haben nicht gesagt, dass Sie jemanden verfolgen «, sagte Pia.
    »Natürlich habe ich das gesagt.«
    »Wann?«
    »Ganz zum Schluss …«
    »Da war die Verbindung längst unterbrochen«, entgegnete Pia.
    »Davon habe ich nichts mitgekriegt.«
    Die Tür öffnete sich und Petersen kam herein.
    »Wie sieht’s aus?«, fragte ich.
    »Offenbar ist nicht Miguel, sondern Nicolás Lopez der Mörder von Isabel Ortega.«
    »Hat Nicolás ein Geständnis abgelegt?«, fragte ich.
    »Nein, das nicht. Aber Frau Reichweiler belastet ihn
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