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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber
Autoren: Petra Würth
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übrig.«
    »Ehrlich gesagt, verhafte auch ich lieber stinkende, brutale Scheißkerle.« Er wurde ernst. »Dummerweise spricht ein Punkt gegen sie.«
    Hinterhältiger Sack, dachte ich.
    »Anna Ortego ist heute Morgen aus dem Krankenhaus verschwunden, ohne Wissen und Erlaubnis der Ärzte. In ihrem Hotel ist sie jedoch nicht mehr aufgetaucht. Wenn du sie siehst, sag ihr bitte, dass sie sich bei uns melden soll. Sonst muss ich sie zur Fahndung ausschreiben.«
    »Ich habe keine Ahnung, wo sie sich aufhält.«
    »Habe ich auch nicht behauptet.« Stürzenbecher klopfte mir auf die Schulter. »Aber es könnte ja passieren, dass sich eure Wege kreuzen.«

4
    Pia Petry stellt zu viele Fragen
    Lademann hat mich abgeführt. In Handschellen. Aus reiner Schikane. Mein lautstarker Protest interessierte ihn kein bisschen. Er behandelte mich wie eine Schwerverbrecherin. Stieß mich vor sich her, drückte meinen Kopf beim Einsteigen in den Streifenwagen viel zu tief nach unten, ließ mich im Polizeipräsidium am Bruno-Georges-Platz erkennungsdienstlich behandeln.
    Ich bin davon überzeugt, dass er ein Sadist ist. Einer, der nachts in den einschlägigen Hamburger SM-Clubs sein Unwesen treibt.
    Nach dem Fotoshooting wurde ich mit schwarzen Fingerkuppen und jeder Menge schlechter Laune in sein Büro gebracht. Einen gesichtslosen Raum mit einem schräg vor dem Fenster stehenden Schreibtisch, einem kleinen Tisch und drei unbequemen Stühlen direkt neben der Tür. Keine Pflanzen, keine Fotos, keine Poster an der Wand. Als ich Lademann um einen Kaffee bat und er tatsächlich aufstand und das Zimmer verließ, hätte mich das misstrauisch machen sollen. Es dauerte über eine halbe Stunde, bis er wieder auftauchte. Einen Kaffee hatte er nicht dabei. In dem Stil verlief das gesamte Verhör. Er ließ mich meine Geschichte ungefähr zwanzigmal erzählen, stellte mir immer wieder die gleichen Fragen und hakte sofort nach, wenn ich auch nur einen Millimeter von einer früheren Version abwich. Aber ich tat ihm nicht den Gefallen, mich in Widersprüche zu verwickeln.
    Angesichts der Tatsache, dass ich keine Vorstrafen, dafür aber einen festen Wohnsitz und einen Job habe, blieb ihm nichts anderes übrig, als mich um acht Uhr abends gehen zu lassen. Unter Absingen hässlicher Lieder. Wie der Drohung, mich eine Nacht in die Ausnüchterungszelle zu stecken, sollte ich ihm je wieder in die Quere kommen.
     
    Auf der Suche nach einem Parkplatz, fahre ich völlig genervt durch die Husumer Straße. Zwischen den am Straßenrand aufgereihten Autos tut sich weit und breit keine Lücke auf. Eigentlich genieße ich es, in Eppendorf zu wohnen. Doch ich genieße es nicht, bis zu vierzig Minuten lang einen Parkplatz suchen zu müssen. Heute werde ich immerhin schon nach fünfzehn Minuten im Abendrothsweg fündig.
    Als ich auf den Eingang des ehrwürdigen Jugendstilgebäudes zuhalte, in dem ich vor sieben Jahren eine Wohnung bezogen habe, treffe ich auf meinen Nachbarn Siegfried Rebbelmeier. Er steht vor der Eingangstür und raucht. Wie ein Pennäler, der Angst hat, erwischt zu werden, sieht er sich immer wieder ängstlich um.
    »Was machen Sie denn hier?«, frage ich.
    »Rauchen.«
    »Seit wann gehen Sie dafür auf die Straße?«
    Rebbelmeier zieht sich die Strickjacke enger um die Schultern und saugt an seinem Glimmstängel wie ein Junkie an einem Joint. »Frau Linke mag es nicht, wenn ich rauche«, sagt er. »Deswegen versuche ich, es mir abzugewöhnen.«
    »Indem Sie vor die Tür gehen?«
    Er nickt und sieht verlegen auf seinen Bierbauch herab. »Sie mag den Gestank in meiner Wohnung nicht.«
    Kopfschüttelnd mustere ich ihn. Mit seinem spärlichen Haupthaar, seiner tonnenförmigen Figur und den Speckrollen unter dem Kinn sieht er nicht gerade wie ein Adonis aus. Dennoch wandelt er auf Freiersfüßen. Sein Faible für Frau Linke, die vor einem Jahr hier eingezogen ist, hat den Nachteil, dass er sich in dem Wunsch, ihr zu gefallen, jede Woche etwas Neues ausdenkt. Es hat aber auch einen Vorteil. Es lenkt ihn ab. Von mir und meiner Detektei. Denn wenn es nach Rebbelmeier ginge, wäre er längst als Senior-Partner in meiner Firma eingestiegen.
    »Wissen Sie«, sage ich, »wenn Sie hier rauchen, stinkt der ganze Eingangsbereich. Ich glaube nicht, dass das Frau Linke oder irgendeinem anderen Mitbewohner gefällt. Mal davon abgesehen, dass es auch keinen guten Eindruck …«
    »Aber was soll ich denn machen?«, jammert er.
    Ich deute auf die gegenüberliegende
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