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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde
Autoren: James Patterson
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gerissen. Benommen stolperte ich durchs Zimmer, bis ich das Ding schließlich in meiner Hosentasche fand.
    Es war eine 212er-Nummer, was Manhattan bedeutete. Aber den Rest der Nummer kannte ich nicht.
    Ich war noch so neben der Spur, dass ich das Telefon aus Versehen ausschaltete, statt das Gespräch anzunehmen.
    Gähnend rieb ich mir die Augen. Kein Wunder, dass ich so fertig war. Mary Catherine und ich waren ziemlich spät vom Konzert zurückgekehrt. Da das anscheinend noch nicht gereicht hatte, waren Mary Catherine, Seamus und ich noch vor dem Fernseher hängen geblieben, wo eine Folge einer alten Comedy-Serie aus den Achtzigern gezeigt wurde, die in einer katholischen Highschool im Brooklyn der Sechziger spielte. Ich hatte an meiner katholischen Jungenschule in Manhattan die gleiche Art von Freundschaften, Mist und Absurditäten erlebt. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so gelacht hatte.
    Das Telefon klingelte erneut, als ich gerade wieder ins Bett schlüpfen wollte. Diesmal schaffte ich sogar, mich zu melden.
    »Bennett.«
    »Es ist drei Uhr nachts. Wissen Sie, wo Ihre Kinder sind?«, fragte eine Stimme.
    Ich schnellte nach oben. »Was?«, fragte ich.
    »Dad?«, sagte Ricky einen Moment später. »Dad, es tut mir leid.«
    Beim Klang von Rickys ängstlicher Stimme schoss ich aus dem Bett, als hätte man mich mit dem Elektroschocker traktiert. In der Dunkelheit stieß ich mit der Schulter gegen ein Regal. Ein Stapel Bücher und ein Radio landeten auf dem Boden.
    War das ein Traum? Ich blickte zu dem vom Mond beleuchteten Fenster. Nein. Es war ein Albtraum. Ich hörte, wie Ricky das Telefon abgenommen wurde.
    »Wer ist da, verdammt?«
    »Sie wissen, wer ich bin«, antwortete die Stimme. »Und Sie wissen, was Sie zu tun haben. Lawrence hat es mir beigebracht. Jetzt werde ich es Ihnen beibringen.«
    Apt!
    »Carl«, sagte ich. »Bitte, Carl, ich tue alles, was Sie wollen. Aber tun Sie meinem Sohn nichts.«
    »Kommen Sie zum Strand, von Ihrem Haus aus Richtung Osten, Bennett. Keine Polizei, keine Waffe. Sie haben drei Minuten, bevor ich seine Kehle durchschneide. Drei Minuten, bevor Sie auf Knien versuchen werden, sein Blut aus dem Sand zu holen.«
    »Ich komme, bin schon unterwegs!«
    Ich ließ das Telefon fallen und versuchte nachzudenken. Was konnte ich tun? Dieses Schwein klang völlig durchgeknallt, und er hatte Ricky. Ich zog meine kurze Hose an, suchte nach einem Hemd, gab aber gleich wieder auf. Für ein Hemd war keine Zeit.
    »Mike? Was ist los?«, rief mir Mary Catherine hinterher, als ich die Haustür aufstieß.
    Ich konnte es ihr nicht sagen. Apt hatte ausschließlich nach mir verlangt. Ich durfte ihn nicht noch mehr auf die Palme bringen.
    »Nichts, Mary. Geh wieder ins Bett«, zischte ich.
    »Was heißt das, nichts?« Sie folgte mir. »Es ist drei Uhr morgens! Wohin gehst du?«
    Ein solches Gespräch wollte ich mir jetzt nicht auch noch aufdrücken lassen. Sie rannte mir hinterher. Ich hatte keine Zeit für Erklärungen. Wie sollte ich sie aufhalten?
    »Muss ich es wirklich extra sagen? Ich treffe mich mit Emily, okay? Bist du jetzt zufrieden?«
    Mary blieb wie erstarrt auf der Treppe vorm Haus stehen. Es tat mir in der Seele weh, ihr so etwas sagen zu müssen, doch ich hatte keine Wahl.
    »Wie kannst du nur?«, erwiderte sie kaum hörbar, als ich losrannte.
    »Geh einfach wieder ins Haus!«, rief ich.

102
    Bitte, lieber Gott, flehte ich keuchend, bitte lass nicht zu, dass meinem Sohn etwas geschieht. Beruhige dich. Ich kriege das schon hin, dachte ich und versuchte mich zu entspannen, während ich rannte. Ich würde mit Apt reden. Ihn dazu bringen, Ricky frei zu lassen. Gott hatte mir diese Gabe gegeben, die Macht, mit Menschen zu reden, sie zu beruhigen, besonders Menschen, denen in irgendeiner Weise wehgetan worden war. Menschen, die einfach nur krank im Hirn waren.
    Ich würde für Ricky alles geben, was auch immer Apt verlangen würde. Ich hatte keine andere Wahl.
    Mit Tränen in den Augen und brennenden Lungen überquerte ich die Uferpromenade und sprang auf den dunklen Sand. Über dem Wasser schimmerte eine schmale Mondsichel, am Horizont schwebten rote Lichter, winzige Lampen von weit entfernten Schiffen.
    Voller Panik dachte ich, ich wäre am falschen Ort, bis ich neben dem Sitz der Rettungswache, wo Mary und ich geknutscht hatten, eine Bewegung bemerkte.
    Oh, mein Gott! Da waren sie. Ein Mann stand neben Ricky. Er hatte einen Irokesenschnitt und trug eine Armeejacke und
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