Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
zwei Männern oder zwei Frauen. Erst neulich hat dieser – du weißt schon – aus dem vierten Stock seinen Freund geheiratet.«
    »Mama! Geht es dir wirklich gut?«, fragt Fernando besorgt.
    »Mir geht es ausgezeichnet, danke.«
    »Du bringst nicht einmal das Wort ›Schwule‹ über die Lippen, aber du möchtest eine Frau heiraten, eine schwarze noch dazu? Wenn das Papa wüsste, der würde im Grab rollieren.«
    »Mach keine Witze über deinen toten Vater! Der würde das verstehen, der hat immer anderen geholfen. Das heißt ja nicht, dass ich eine Lesbe – siehst du, ich habe es gesagt – wäre. Es geht nur darum, dass das Mädchen und ihr Sohn hierbleiben dürfen. Und wenn man diesem Staat nicht anders beikommen kann, dann eben so.«
    »Dann müsste sie ja zu uns ziehen. Sonst fliegt ihr auf, und du wirst bestraft und sie zurückgeschickt.«
    »Ja, und? Das wollte ich ihr sowieso vorschlagen. Die Wohnung ist doch eh viel zu groß für uns beide. Früher haben wir auch zu viert darin gewohnt, dein Vater, deine Schwester, du und ich. Weißt du, was dieser Halsabschneider, ihr Vermieter, ihr für zwei winzige Zimmer abknöpft? Achthundert Euro, und das ohne Strom und Heizung! Den Kerl werde ich anzeigen, das ist doch kriminell.«
    »Mama, lenk jetzt nicht ab. Das mit der Heirat ist eine witzige Idee, aber mehr auch nicht. Weiß eigentlich Jamaina schon von diesen Plänen?«
    »Nein. Aber die wird sicher einverstanden sein, schon wegen ihrem Kleinen.«
    »Und deine Tochter? Und dein Enkel? Den wird man in der Schule dafür auslachen!«
    »Unsinn!«
    Plötzlich hat Fernando einen Geistesblitz und fängt an zu lachen: »Jetzt hab ich es kapiert! Das ist ein Trick von dir, damit ich sie heirate!«
    »Das ist kein Trick!«, entgegnet Pedra. »Übers Heiraten mache ich keine Witze.«
    Sie meint es wirklich ernst, realisiert Fernando mit wachsendem Entsetzen und spielt nun seinen vermeintlich stärksten Trumpf aus: »Außerdem bist du katholisch. Die Ehe ist ein Sakrament, und so was ist eine Todsünde. Dafür kommst du in die Hölle!«
    »Aber nein«, winkt Pedra gelassen ab. »Die Kirche erkennt Ehen, die nur vor dem Standesamt geschlossen werden, doch gar nicht an. Also wäre ich vor Gott immer noch mit deinem Vater verheiratet, der Herr hab ihn selig. Und da wir ja auch nicht zusammen … – du weißt schon, was ich meine –, ist es auch keine Todsünde, so wie bei denen aus dem vierten Stock. Wir würden nur den Standesbeamten ein bisschen anlügen, aber das ist eine lässliche Sünde. Die werde ich beichten, und mit ein paar Rosenkränzen und Vaterunsern ist die Sache erledigt.«
    Fernando ist sprachlos. Offenbar hat sich seine Mutter wirklich schon ernsthaft mit dieser wahnwitzigen Idee befasst. Er weiß, wie stur sie sein kann, und befürchtet das Schlimmste.
    Pedra meint nun etwas bekümmert: »Die Verwandtschaft in Sevilla darf das aber nicht erfahren. Vor allen Dingen Tante Esmeralda nicht. Die hält ja dich schon für nicht ganz in Ordnung, weil du noch immer nicht verheiratet bist. Die würde uns glatt enterben. Du sagst ihr doch nichts, oder, Nando?«
    »Ich geh jetzt. Morgen hast du vielleicht wieder einen klaren Kopf.« Fernando rauscht aus dem Zimmer. Im Flur sieht er den Arzt vorbeihuschen. »Herr Doktor, einen Moment, bitte! Sagen Sie, kann es sein, dass der Sauerstoffmangel doch ein paar Schäden im Hirn meiner Mutter angerichtet hat?«
     
    Oda und ihre Tochter haben gerade das Abendessen beendet. Veronika hat gekocht, Spaghetti Carbonara.
    »Es war köstlich«, lobt Oda und schenkt sich noch ein Glas Rotwein ein. Sie findet, dass sie sich das heute verdient hat.
    »Krieg ich auch was ab?«, fragt Veronika. »Oder säufst du die Pulle ganz alleine?«
    »Sei nicht so frech zu deiner Mutter!«
    Sie gießt Veronika einen Schluck ein. Während des Essens haben sie sich über den Mord an Olaf und die Umstände, die dazu geführt haben, unterhalten.
    »Ist es an deiner Schule eigentlich auch so schlimm mit Gewalt und Mobbing?«
    »Geht so«, meint Veronika. »Es gibt immer Opfer. Ist halt so.«
    »Gab es denn schon mal jemanden, der dich unterdrückt und gequält hat?«, fragt Oda besorgt.
    Veronika trinkt von ihrem Wein und gesteht dann. »Ja, gab es.«
    Oda reißt erschrocken die Augen auf. »Wer war das?«
    »Na, du natürlich«, kichert Veronika. »Wer dich zur Mutter hat, braucht keine Feinde mehr!«
     
    Das Telefon auf Jules Schreibtisch klingelt. »Wedekin?«
    »Sie arbeiten noch?«
    »Wie Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher