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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur
Autoren: Susanne Mischke
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hören, Herr Stevens. Ich muss noch meinen Bericht fertigstellen, es war ein sehr ereignisreicher Tag, was leider immer viel Schreibarbeit mit sich bringt. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ihre spektakuläre Festnahme des Mörders von Niko Riepke hat sich schon bis zur Staatsanwaltschaft herumgesprochen, ich wollte Ihnen nur dazu gratulieren.«
    Jule atmet hörbar auf. »Da bin ich aber froh. Ich dachte schon, ich hätte dabei gegen irgendeine Vorschrift verstoßen.«
    »Das wird sich herausstellen, wenn ich Ihren Bericht gelesen habe«, antwortet Stevens, und Jule hätte zu gern gesehen, ob er dabei lächelt oder ob er das etwa ernst meint. Eine verlegene Stille hat sich in der Leitung ausgebreitet. Dann räuspert sich Stevens und sagt: »Es war sehr nett, gestern. Der Flammkuchen und der Wein … und die Unterhaltung mit Ihnen.«
    »Ja, fand ich auch«, antwortet Jule und merkt, wie sie ein wenig rot wird.
    »Vielleicht … vielleicht könnten wir das bei Gelegenheit wiederholen?«
    Jule lässt ein paar Sekunden verstreichen, dann sagt sie: »In einer Stunde im Oscar ’ s ?«
    »Ja, das wäre machbar. Was ist denn das Oscar ’ s ?«
    »Googeln Sie’s einfach.«
     
    Bodo Völxen steht am Zaun seiner Schafweide und beobachtet seine Schafe beim Grasen und die Sonne beim Untergehen. Es ist ein schönes, idyllisches Bild, auch wenn es ein wenig trügt. Das Leben hier draußen ist oft gar nicht so harmonisch, wie es sich der Städter vorstellt, der vom Landleben träumt. Woher kommt eigentlich unsere Sehnsucht nach der Natur, fragt sich der Kommissar. Ist es, weil Menschen den ganzen Tag lang täuschen, manipulieren und lügen, die Natur dagegen, auch wenn sie manchmal grausam ist, immer ehrlich und verlässlich ist? Liegt darin das Geheimnis, warum er sich hier, bei seinen Schafen, am wohlsten fühlt, besonders nach einem Tag wie diesem? Der Mensch braucht ein Revier, das ist ein Urbedürfnis. Und hier ist nun einmal seines …
    »Guten Abend, der Herr Kommissar!«, rüttelt ihn die Stimme von Jens Köpcke aus seinen philosophischen Betrachtungen. Schon stellt der Nachbar die Futtereimer für seine Hühner ab und nähert sich. »Lange nicht gesehen.«
    »Viel zu tun gehabt.«
    »Hab ich schon gehört, in den Lokalnachrichten. Zwei Morde aufgeklärt, sauber!«
    »Ja«, nickt Völxen zufrieden.
    »’n Feierabend-Herri gefällig?«
    »Her damit.«
    Köpcke grinst und zieht zwei Flaschen Herrenhäuser aus der Tasche seiner blauen Latzhose. »Prost!«
    »Ebenso.«
    Köpcke stützt die Unterarme auf die Zaunlatte, genau wie sein Gegenüber. Mathilde blökt, sonst ist es ruhig.
    »Vielleicht braucht man das alles bald gar nicht mehr«, sinniert Völxen nach einer geraumen Weile. »Vielleicht reicht es in Zukunft, die Telefondaten auszuwerten und die Facebook-Profile der Leute zu studieren. Dann wartest du noch die DNA -Analyse ab, und schon musst du nur noch eine Streife oder das SEK losschicken, um die Leute einzufangen. Und wenn du nicht weißt, wo sie sich aufhalten, schaust du nach, bei welchem Funkmast ihre Handys gerade eingeloggt sind. So einfach wird das in Zukunft sein.«
    »Mm hm«, urteilt Köpcke und nimmt einen tiefen Zug aus der Flasche. »Aber vielleicht gibt’s bald gar keine Verbrecher mehr, Völxen. Vielleicht testen sie in Zukunft die Leute schon im Reagenzglas, und wenn einer nicht ganz koscher ist, dann ab ins Klo damit.«
    »Das erlebe ich hoffentlich nicht mehr!« Völxen trinkt von seinem lauwarmen Pils, und dann schweigen sie in den Sonnenuntergang hinein.
     
    Schon wieder eine Hochzeit! Jule sitzt in der unterkühlten Kirche, ein wenig fröstelnd in ihrem tief ausgeschnittenen roten Kleid und trotz der Nerz-Stola, die sie sich von ihrer Mutter geborgt hat. Angeblich für einen Ball, denn das Reizwort ›Hochzeit‹ erwähnt man zurzeit in ihrer Gegenwart besser nicht.
    »Sie sehen chic aus, nur meine tierschützende Tochter dürfte Sie so nicht sehen«, hat Völxen vorhin bemerkt.
    Nein, der November ist kein idealer Monat zum Heiraten, aber die Umstände lassen es nicht zu, bis zum Frühjahr zu warten. Das Wie ist ja auch vollkommen egal, denkt Jule. Hauptsache, nachher klappt es einigermaßen. Während der Pfarrer seine Predigt hält, erfreut sie sich an der Backsteingotik der Kirche. Sie hat erwogen, Hendrik Stevens zu fragen, ob er sie hierher begleitet, es dann aber wieder verworfen. Zusammen ins Kino oder ins Theater zu gehen ist eine Sache, eine Hochzeit zu besuchen, eine andere. Das
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