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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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und kamen sofort zum Thema.
    »Wir wissen auch nicht genau, warum wir hier sind«, übernahm Margeir das Gespräch.
    »Das ist nicht ungewöhnlich«, log Dóra, damit die Leute sich ein wenig entspannten. Meistens wussten die Klienten genau, was sie von ihr wollten, wobei ihre Erwartungen häufig in keinem Zusammenhang mit der Realität standen. »Sind wir Ihnen empfohlen worden?«
    »Eigentlich schon. Ein Freund von uns liefert Kaffee an Firmen aus und hat Sie empfohlen. Wir wollten nicht zu einer dieser großen, schicken Kanzleien. Die sind bestimmt viel zu teuer. Er meinte, Sie wären wohl etwas günstiger.«
    Dóra presste ein höfliches Lächeln hervor. Die Ausstattung der Kanzlei hatte den Kaffeelieferanten offenbar nicht sehr beeindruckt, und sie hätte darauf gewettet, dass Bella ihren Teil dazu beigetragen hatte.
    »Das ist richtig, wir sind günstiger als die großen Kanzleien. Aber möchten Sie mir nicht zuerst erzählen, was Ihr Problem ist? Dann kann ich Ihnen anschließend sagen, was wir tun können, und wie viel es kosten würde.«
    Das Ehepaar starrte sie schweigend an. Schließlich ergriff die Frau die Initiative, nachdem sie ihre Handtasche auf ihrem Schoß zurechtgerückt hatte:
    »Unser Sohn ist verschwunden. Seine Frau und seine beiden Zwillingstöchter auch. Wir brauchen Hilfe bei Formalitäten, mit denen wir einfach nicht zurande kommen. Wir haben schon genug damit zu tun, den Tag durchzustehen und das Allernötigste zu erledigen. Sie haben noch eine zweijährige Tochter, die bei uns ist …«
    Sie waren keine Alkoholiker. Für die roten Flecken und aufgedunsenen Gesichter gab es einen anderen, traurigeren Grund.
    »Ich verstehe.«
    Dóra meinte zu wissen, worum es ging, obwohl sie nicht regelmäßig die Nachrichten verfolgte. In den letzten beiden Tagen war in den Medien über das mysteriöse Verschwinden der Mannschaft und der Passagiere einer Motoryacht berichtet worden, die in den Hafen von Reykjavík getrieben war. An Bord hatte sich auch eine Familie befunden, ein Ehepaar mit zwei Töchtern. Die ganze Nation hatte die Meldungen über den Fall verfolgt, da er höchst merkwürdig war. Trotzdem wusste Dóra nicht allzu viel darüber, nur, dass die Sache mit dem Auflösungsausschuss einer der alten Banken zusammenhing. Die hatte die Luxusyacht konfisziert, weil der Besitzer seinen Kredit nicht mehr bedienen konnte. Die Yacht sollte vom europäischen Festland nach Island überführt und anschließend auf dem internationalen Markt zum Kauf angeboten werden, was sich nun verzögerte. Sie musste repariert werden, denn sie war ohne Besatzung gegen eine Landungsbrücke im Reykjavíker Hafen geprallt. Es gab keine Hinweise, was mit den Leuten an Bord geschehen war. Das Verschwinden der sieben Personen hatte die Nation beunruhigt und zusätzlich Aufmerksamkeit erregt, weil der insolvente Eigentümer der Yacht mit einer jungen Isländerin verheiratet war, die regelmäßig auf den Klatschseiten der Zeitungen auftauchte. Die Journalisten hatten offenbar nicht viele Infos, ließen sich aber nicht daran hindern, Theorien über den Vorfall zu verbreiten. Bisher gab es vor allem Spekulationen darüber, dass die Leute bei einem Unwetter über Bord gegangen wären.
    »Ist Ihr Sohn der Mitarbeiter des Auflösungsausschusses, der an Bord der Yacht war?«, fragte Dóra.
    »Ja«, antwortete die Frau und schluckte. Sie schien ausweichen zu wollen, riss sich dann aber zusammen und fuhr fort. »Bitte glauben Sie nicht, wir hätten alle Hoffnung, sie lebendig zu finden, aufgegeben, aber unsere Hoffnung schwindet, und das Wenige, was wir über die Untersuchung des Falls hören, gibt uns keinen Anlass zum Optimismus.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Dóra wusste nicht, ob es angemessen war, ihnen ihr Beileid auszusprechen, solange sie noch Hoffnung hatten, dass ihre Familie gesund gefunden würde. »Wir sind hier in der Kanzlei nicht auf Seerecht spezialisiert und haben keinen Schadensregulierer für Seeschäden. Ich weiß nicht, ob ich viel für Sie tun kann, falls es darum geht.«
    Der Mann schüttelte den Kopf und sagte:
    »Nein. Ich habe keine Ahnung von Schadensregulierung oder Seerecht, darum geht es nicht. Wir brauchen allgemeine Unterstützung, unter anderem dabei, einen Brief auf Englisch zu schreiben. Wir sind nicht gut in Fremdsprachen, und es ist besser, wenn das jemand übernimmt, der sich mit der Sprache und den Formalitäten auskennt. Wir bräuchten auch Hilfe beim Umgang mit den Behörden wegen unserer
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