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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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kratzte sich am Hinterkopf, mit einem gleichermaßen missbilligenden wie verwunderten Gesichtsausdruck.
    »Sagen Sie mir doch bitte noch mal, was eigentlich passiert ist.« Er klopfte mit einem kleinen Schaubenschlüssel auf die Abdeckung des Kopierers. »Ich habe mich schon mit unzähligen Geräten rumgeschlagen, aber das hier ist wirklich was Neues.«
    Dóra lächelte dumpf.
    »Ich weiß. Das sagten Sie bereits. Können Sie es nun reparieren oder nicht?«
    Trotz des Gestanks, der von dem Kopierer ausging, widerstand sie der Versuchung, sich die Nase zuzuhalten. Es war zwar ziemlich waghalsig gewesen, in der Kanzlei eine Mitarbeiterparty abzuhalten, aber sie wäre trotzdem nie auf die Idee gekommen, dass jemand auf die Glasplatte des Kopierers kotzen und ihn anschließend ordentlich wieder zumachen würde.
    »Vielleicht nehmen Sie das Gerät besser mit in die Werkstatt und reparieren es da«, schlug sie vor.
    »Sie hätten Schlimmeres vermeiden können, wenn Sie mich direkt geholt hätten, anstatt den Kopierer übers Wochenende stehenzulassen«, entgegnete der Monteur.
    Dóra wurde langsam sauer. Es reichte ihr schon, diesen ekelhaften Geruch in der Nase zu haben, da brauchte sie nicht auch noch Ermahnungen von irgendeinem dahergelaufenen Monteur.
    »Das war keine Absicht, glauben Sie mir«, sagte sie und bereute es sofort, darauf eingegangen zu sein – unnötige Diskussionen hielten den Mann nur davon ab, sich sofort um die Sache zu kümmern. »Können Sie den Kopierer nicht einfach mitnehmen und woanders reparieren? Bei dem Gestank kann man ja kaum arbeiten.«
    Ein widerwärtiger Geruch war ihnen an diesem trübgrauen Montagmorgen entgegengeschlagen. Eigentlich unfassbar, dass das bei der Party am Freitagabend niemand gerochen hatte, aber vielleicht sagte es nur etwas über den Zustand der Kollegen aus – Dóra inbegriffen.
    »Das wäre wirklich am besten für uns. Wir können gut ein, zwei Tage auf das Gerät verzichten«, fügte sie hinzu. Das stimmte zwar nicht ganz, da es der einzige Kopierer und außerdem der Hauptdrucker in der Kanzlei war, aber in diesem Moment war Dóra bereit, einige Opfer zu bringen, um das Gerät mitsamt seinem Gestank loszuwerden. Ebenso wie den Monteur.
    »Sie sind ja optimistisch. Das dauert länger als ein paar Tage. Kann gut sein, dass ich Ersatzteile bestellen muss, und dann sprechen wir von Wochen.«
    »Ersatzteile?« Dóra hätte am liebsten laut aufgeschrien. »Wozu Ersatzteile? Der ist nicht kaputt. Er muss nur saubergemacht werden.«
    »Das sagen Sie.« Der Mann warf einen Blick auf den Kopierer und piekste mit dem Schraubenschlüssel in das eingetrocknete Erbrochene. »Man kann nicht wissen, welchen Schaden die Magensäure angerichtet hat. Das Zeug ist in das Gerät gelaufen, und da ist empfindliche Technik drin, meine Liebe.«
    In Gedanken überflog Dóra die neuesten Umsatzzahlen der Kanzlei und überlegte, ob sie nicht einfach in einen neuen Kopierer investieren sollten. Im letzten halben Jahr war es gut gelaufen, und sie hatten mit den Mitarbeitern – inzwischen fünf, neben Dóra und ihrem Kompagnon Bragi – auf den Erfolg angestoßen.
    »Was kostet ein neues Gerät?«
    Der Monteur nannte eine Summe, die für Dóra ebenso gut der Kaufpreis für die Firma, in der er arbeitete, hätte sein können. Es lief zwar gut, aber sie war nicht bereit, so viel zu bezahlen, um sich von diesem Ärger freizukaufen.
    Der Monteur las ihr die Gedanken vom Gesicht ab und kam ihr zu Hilfe:
    »Es wäre dumm, wegen dieses Ungeschicks ein neues Gerät zu kaufen.« Er steckte den Schraubenschlüssel wieder in seinen Werkzeugkasten. »Wenn Sie eine Haftpflichtversicherung haben, kommt die vielleicht für die Reparatur auf.«
    »Wie denn?« Dóra verstand nicht ganz, worauf er hinauswollte. »Der Kopierer gehört der Kanzlei.«
    »Nein, so meinte ich das nicht.« Lachfältchen umspielten seine Lippen. »Das Erbrochene, Sie wissen schon. Ihre Haftpflichtversicherung übernimmt vielleicht den Schaden, den Sie verursacht haben, als Sie … Sie wissen schon …«
    Dóra wurde feuerrot.
    »Ich?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie kommen Sie denn auf die Idee, dass ich das war? Ich hab das Ding nicht angefasst!«
    Dóra war völlig schleierhaft, wie der Mann darauf kam. Nichts, was sie gesagt hatte, ließ darauf schließen, dass sie irgendetwas mit der Sache zu tun hatte. Von den Kollegen hatte sich bisher noch niemand für schuldig erklärt, und es würde wahrscheinlich auch
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