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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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niemand tun.
    Der Monteur wirkte erstaunt.
    »Nein? Dann muss ich wohl was missverstanden haben. Die Dame am Empfang nannte in diesem Zusammenhang Ihren Namen. Vielleicht habe ich mich ja auch verhört.«
    Dóra war fassungslos – zumal sie das eigentlich hätte wissen müssen. Bella! Natürlich.
    »Ach ja?« Mehr fiel ihr dazu nicht ein, und sie wollte sich nicht mit dem Monteur streiten, der sich von dieser gehässigen Tippse beeinflussen ließ. Sie setzte ein freundliches Lächeln auf und unterdrückte das Verlangen, zum Empfang zu stürmen und Bella zu erwürgen.
    »Ach, die darf man nicht so ernst nehmen, sie ist ein bisschen zurückgeblieben, wissen Sie, und es ist nicht das erste Mal, dass sie was durcheinanderbringt, die Arme.«
    Dem Gesichtsausdruck des Monteurs nach zu urteilen, hielt er sie beide für ziemlich durchgeknallt.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber und lasse das Gerät nachher abholen. Das ist wahrscheinlich die beste Lösung«, sagte er, nahm die Werkzeugkiste und schien es plötzlich eilig zu haben, sich um andere, traditionellere Aufgaben zu kümmern. Dóra konnte es ihm nicht verdenken.
    Sie begleitete den Mann zum Ausgang, wo Bella am Empfangstresen saß und grinste. Dóra warf ihr einen bösen Blick zu und hoffte, dass Bella ihn richtig interpretierte, sah aber kein Zeichen von Angst oder Reue.
    »Ach, Bella, ich hab ganz vergessen dir was auszurichten. Die Apotheke hat eben angerufen. Der Stomabeutel, den du bestellt hast, ist da. In XXL.«
    Der Monteur stolperte hektisch über die Türschwelle und rannte dabei fast ein älteres Ehepaar um, das vor der Tür stand. Sie wirkten nervös, nahmen sofort die Schuld auf sich und baten den Mann einstimmig um Verzeihung. Dann blieben sie zögernd in der Türöffnung stehen, entweder, weil sie damit rechneten, dass ihnen noch jemand in die Arme lief, oder weil sie zu verschüchtert waren. Wenn Dóra sich nicht sofort lang und breit für den Zusammenstoß entschuldigt hätte, hätten sie den Vorfall wahrscheinlich zum Anlass genommen, sich wieder zu verdrücken. Dóra kannte diesen Gesichtsausdruck, den viele Klienten hatten, wenn sie zum ersten Mal in die Kanzlei kamen. Eine Mischung aus Verwunderung darüber, überhaupt einen Anwalt zu brauchen, und Angst, die Kanzlei mit einem verschämten Gefühl wieder verlassen zu müssen, wenn man auf die Kosten zu sprechen kam. Ganz gewöhnliche Leute in ungewöhnlichen Umständen.
    Als die Verwirrung über den Abgang des Monteurs nachließ, fragte Dóra, ob sie behilflich sein könne, trat aber erst ein Stück beiseite, damit die beiden den Empfangstresen nicht sehen konnten. Dort saß Bella in einem schwarzen T-Shirt mit Satansmotiv und einem ordinären englischen Schimpfwort.
    »Wir wollten fragen, ob wir mit einem Anwalt sprechen können«, sagte der Mann. Seine Stimme war genauso unaufdringlich wie sein gesamtes Auftreten, und falls er den üblen Geruch wahrnahm, ließ er sich nichts anmerken. Die beiden waren im Rentenalter. Die Frau klammerte sich an ihre kunstlederne Handtasche, die bereits Risse hatte. Durch die rotbraune Farbe leuchtete weißer Stoff. Auch die Hemdsärmel des Mannes, die aus seiner Jacke ragten, sahen abgetragen aus.
    »Ich habe versucht, anzurufen, aber es geht nie jemand ran. Haben Sie denn überhaupt geöffnet?«
    Anscheinend ging Bella davon aus, dass das Telefon am Empfang nicht dazu da war, um es zu beantworten, sondern um damit stundenlang mit Freunden zu schwatzen, die sich der Telefonrechnung nach häufig im Ausland aufhielten. Zwischendurch ließ sie es meistens klingeln, damit sie in aller Ruhe im Internet surfen konnte.
    »Doch, doch, wir haben geöffnet. Unsere Telefonistin ist leider krank, deshalb antwortet niemand«, sagte Dóra. Das war höchstens eine Notlüge. Niemand konnte behaupten, dass Bella noch ganz dicht war, wobei es sich bei ihr um einen Dauerzustand handelte. »Gut, dass Sie vorbeigekommen sind. Ich heiße Dóra Guðmundsdóttir und bin Anwältin. Wir können gerne direkt miteinander reden.«
    Sie reichte dem Ehepaar die Hand und erntete zwei schlaffe Händedrücke. Die beiden stellten sich als Margeir Karelsson und Sigríður Veturliðadóttir vor. Dóra sagten die Namen nichts. Als sie in ihr Büro gingen, fiel ihr auf, wie angeschlagen die beiden aussahen, und obwohl sie keine Fahne roch, ließ ihr Äußeres auf ein Alkoholproblem schließen. Wobei Dóra das natürlich nichts anging – jedenfalls noch nicht.
    Die beiden wollten keinen Kaffee
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