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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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umgekehrt. Ægirs Eltern waren als Ersatz eingetragen, falls der erste Nutznießer bereits verstorben war. Beide Policen wiesen dieselben Beträge aus, und Dóra machte große Augen, als sie die Zahlen sah. Zusammen war das Ehepaar mit zwei Millionen Euro versichert. Mit diesem Geld war es durchaus möglich, das Kind großzuziehen. Sie räusperte sich.
    »Darf ich Sie etwas fragen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach sie weiter: »Wie kommt es, dass Ihr Sohn und Ihre Schwiegertochter so hoch versichert waren? Hatten sie Schulden?«
    »Haben das nicht alle?« Sigríður warf ihrem Mann einen Blick zu. »Weißt du was darüber?«
    »Nein. Sie haben ein Reihenhaus, das sie noch abbezahlen müssen. Ich habe keine Ahnung, wie viel das noch ist, aber ich bezweifle, dass es über Wert belastet ist. Mein Sohn ist kein Angeber. Aber man kann nie wissen, vielleicht würde die ganze Versicherungssumme für den Verlust draufgehen, wenn das Haus verkauft wird. Wir leben in seltsamen Zeiten.«
    »Ist Ihnen klar, dass zwei Millionen Euro ungefähr dreihundert Millionen Kronen sind? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie so viel für ein Reihenhaus schulden.«
    »Was?«, sagten beide gleichzeitig. Margeir starrte Dóra verständnislos an und legte den Kopf schief. »Haben Sie dreihundert Millionen gesagt? Ich hatte was mit dreißig oder so ausgerechnet.«
    »Da haben Sie aber eine Null vergessen.«
    Dóra reckte sich nach dem klobigen Taschenrechner und tippte die Zahlen ein. Dann drehte sie den Rechner um, damit die beiden die vielen Nullen sehen konnten. Vielleicht würden sie jetzt aufstehen und sich an eine der großen Kanzleien wenden. Aber erst einmal waren das nur Zahlen auf einem Display.
    »Das ist eine hohe Summe.«
    Nachdem diese Bombe geplatzt war, kam nicht mehr viel Wichtiges zutage. Das Ehepaar stand geradezu unter Schock. Sie erledigten die Formalitäten bezüglich Dóras Auftrag, und trotz des großen Vermögens, das ihnen womöglich in den Schoß fallen würde, bot Dóra ihnen den günstigsten Tarif an. Das Geld wäre für die Ausbildung des kleinen Mädchens besser angelegt. Außerdem klang der Auftrag ziemlich interessant, und Dóra wäre den Kotzegestank für ein paar Tage los. Bevor sie aufstanden, stellte sie noch eine Frage, von der sie nicht wusste, ob die beiden sie überhaupt beantworten konnten:
    »Sie wissen nicht zufällig, warum Ihr Sohn und seine Frau Sie als Ersatz in die Versicherungsverträge mitaufgenommen haben? Es hätte doch nahe gelegen, die Töchter einzutragen.«
    Die beiden tauschten einen Blick, und Margeir antwortete:
    »Das ist eigentlich kein Geheimnis, nur ein bisschen unangenehm, um mit Fremden darüber zu reden.«
    »Es bleibt unter uns.«
    »Láras jüngerer Bruder trinkt und braucht ständig Geld, um seinen ausschweifenden Lebensstil zu finanzieren. Ægir hat geglaubt, dass er die Mädchen unter Druck setzen oder versuchen könnte, ihnen das Geld abspenstig zu machen, wenn es ihnen zufällt. Oder dass er sich sogar als ihr Finanzvormund aufspielen würde. Das klingt vielleicht absurd, aber Láras Bruder ist zu allem fähig. Ægir wusste, dass er uns trauen kann, und dass wir das Geld für die Mädchen aufbewahren würden. Wir lassen uns von diesem Säufer nicht blenden, aber bei Láras Eltern ist das anders. Sie haben sich von ihrem Sohn bis aufs letzte Hemd ausnehmen lassen. Sie wären also nie als Ersatz in Frage gekommen.«
    »Ich verstehe. Das scheint eine vernünftige Entscheidung gewesen zu sein.«
    Dóra begleitete die beiden zum Ausgang und bat sie, sofort Kontakt aufzunehmen, falls etwas passierte. In der Zwischenzeit wollte sie die Sachlage bezüglich der Lebensversicherung überprüfen.
    Als sie in der Tür standen, kamen zwei Männer mit einem Rollwagen, auf dem der Kopierer stand, und versuchten, ihn um die Ecke zu schieben. Der Kotzegeruch war stärker als je zuvor.
    »Wären Sie so nett, in einen Copy-Shop zu gehen und die Versicherungspolicen zu kopieren? Wie Sie sehen, muss unser Gerät in Reparatur. Ich kann die Kopien morgen früh bei Ihnen abholen, wenn Ihnen das recht ist«, bat Dóra.
    »Ja, selbstverständlich. Sie haben ja unsere Adresse und Telefonnummer. Rufen Sie besser vorher an, aber wir sind eigentlich fast immer zu Hause.«
    Das Ehepaar verabschiedete sich und ging eilig hinaus, bevor der Kopierer ihm den Ausgang versperren konnte. Dóra blieb nachdenklich stehen, wurde aber abrupt zurück in die Realität gerissen, als ihr der eine Monteur auf die
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