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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Stone
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löste die Leinen.
    Er warf einen Blick zu Vanetta. Sie hatte die Augen geschlossen, ihr Atem ging flach.
    Er ließ den Motor an und drehte sich um, um Rosa zum Abschied zuzuwinken, aber sie war bereits verschwunden.

60
    Bei Tagesanbruch erreichten sie die Küste Floridas. Die Sonne stieg gerade hinter dem Meer hervor, und am Strand waren die ersten Jogger unterwegs, um ihre Sollmeilen zurückzulegen, bevor es zu heiß wurde.
    Max hatte noch immer die Pistole im Hosenbund stecken. Er zog sie heraus und betrachtete sie, spürte ihr erstaunliches Gewicht. Abe Watsons ganzer Stolz, sein 1911er Colt – eigens angefertigter Perlmuttgriff und die Initialen des Besitzers mit dem Messer in den Abzug geritzt: A. J. W. – Abraham Jefferson Watson. Diese Waffe hatte Eldon und Joe getötet und Grimaud von seinen Schmerzen erlöst. Auch Ezequiel und Melody Dascal waren damit getötet worden und Dennis Peck – und noch viele andere, von denen manche schuldig und manche unschuldig gewesen waren. Max ließ das alles einen Moment lang auf sich wirken, dann schleuderte er die Waffe ins Meer.
    Er fuhr an die Küste und trug Vanetta an Land.
    Die ganze Fahrt über hatte sie kein Wort von sich gegeben. Sie war immer wieder eingeschlafen, trotz der lauten Motorengeräusche und der unsanften Überfahrt. Einen kurzen Augenblick lang hatte er sogar geglaubt, sie sei gestorben, doch als er ihren Puls fühlte, hatte sie die Augen aufgeschlagen und ihn empört angesehen, als wollte sie sagen: »Wie um alles in der Welt kommst du darauf, dass ich tot bin?«
    Er legte sie in den Sand und bettete ihren Kopf auf eine Schwimmweste.
    Sie sah in den heller werdenden Himmel hinauf, dann schaute sie ihn an.
    »Wo bin ich?« Beim Rauschen der Brandung, die schäumend auf den Strand schlug, war ihre schwache Stimme kaum zu verstehen.
    Über sich am Himmel hörte er einen Hubschrauber und in der Ferne Sirenen, die näher kamen, die ihretwegen kamen. Er hoffte, dass auch ein Krankenwagen dabei war.
    »Zu Hause«, sagte er.
    Vanetta grub ihre Finger in den Sand und nahm eine Handvoll auf. Dann legte sie sich die Faust auf die Brust, über dem Herzen.
    Max nahm ihre freie Hand und hielt sie fest. Sie war warm, aber ihr Puls ging schwach und stockend.
    Er streichelte ihr sanft das Gesicht.
    Sie sah ihm in die Augen und brachte ein sehr schwaches, sehr leises Lächeln zuwege, das alles bedeuten konnte: Erleichterung, Glück, Dankbarkeit oder vielleicht Ironie, weil auch sie die Sirenen gehört hatte.
    »Zu Hause?«, fragte sie.
    Er wollte sagen: Halt durch, nur noch ein bisschen, gleich kommt Hilfe. Aber sie schloss die Augen, und ihr Gesicht strahlte eine tiefe Zufriedenheit aus, eine Gelassenheit und einen Frieden, den er nicht stören wollte. Und so wachte er über ihr, während die Sirenen lauter und lauter heulten, nur noch wenige Sekunden entfernt.
    Vanettas Lächeln wurde breiter. Ihre Finger in seiner Hand wurden schlaff, und der Sand, den sie in der geschlossenen Faust gehalten hatte, rieselte ihr durch die Finger und lief schneller und schneller über ihrem Herzen davon.
    Und obwohl die Sonne aufging, ein warmer Wind wehte und sich in Florida ein weiterer wunderschöner Tag ankündigte, hatte Max das Gefühl, am kältesten Ort der Welt gelandet zu sein.

Neuanfang
    Es war außergewöhnlich still in Miami Beach, aber es war ja auch ein ausgesprochen außergewöhnlicher Tag – der erste seiner Art, ein Meilenstein. Amerika war kurz davor, Geschichte zu schreiben, und alle wollten dabei sein, alle wollten ein kleines Stück davon für sich haben, wollten ihr »Ich war da und da, als …« – einen Fixpunkt im Ablauf der Zeiten. Fast so gut, wie in einer Reality-Show aufzutreten.
    Die Straßen und Strände und Geschäfte waren praktisch menschenleer. Alle saßen zu Hause oder in einem Hotel, einer Bar oder einem Restaurant vor dem Fernseher oder dem Computer und warteten auf den designierten Präsidenten Obama, der seinen Amtseid leisten und seine Inaugurationsrede halten – den Deal mit dem Volk besiegeln sollte.
    Oben in Washington D.C. herrschte eisige Kälte. Was die zwei Millionen Menschen nicht davon abgehalten hatte, die National Mall ihrer ganzen Länge und Breite nach zu füllen: eine gewaltige Menschenmasse, alle Hautfarben, Geschlechter und Altersgruppen vertreten. Alle wollten sie Zeuge sein, wollten diesem Paradebeispiel für die Unbegrenztheit der Möglichkeiten so nahe kommen wie irgend möglich und wie wohl in ihrem ganzen Leben nie
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