Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
Anrufe drauf, die er verpasst hatte.
    „ Shane”, erklang die Stimme seiner Exfrau Kim , „ Pamela möchte, dass wir dich am Flughafen abholen. Also unterlass es bitte diesmal, deine Pläne kurzfristig zu ändern. Ach ja, du sollst deinen Tennisschläger mitbringen, sagt sie. Bis morgen also.”
    Das hatte er schon fast vergessen ... Kim machte mit ihrer gemeinsamen fünfzehnjährigen Tochter Pamela in Cairns am Barrier Reef Urlaub. Sie hatten vereinbart, dass er sie morgen für eine Woche besuchen würde, weil Pamela so sehr an ihm hing und ihn selten zu Gesicht bekam. Shane hatte nach langem Zögern zugestimmt. Doch je näher der Abflugtermin rückte, desto unbehaglicher fühlte er sich. Was sollte er in Cairns mit seiner Exfrau und Tochter den ganzen Tag unternehmen? „Cairns ...“ murmelte er und ging in die Küche und goss sich nach.

3
    Annabel Bailor stand um sieben Uhr morgens nach ihrem täglichen Fünf-Kilometer-Lauf am Steuer ihrer Yacht. Die australische Flagge knatterte im Wind. Zischend schnitt der spitze Bug der Anemone durch die tiefblaue, im Sonnenlicht aufblitzende Fläche des Pazifiks am Great Barrier Reef. Wenn es etwas in ihrem Leben gab, das sie noch nie im Stich gelassen hatte, dann war das die Anemone : eine Fünfundachtzig-Fuß-Aluminium-Yacht, gebaut von Burger Boats in den USA, mit drei Gästezimmern und dazugehörigen privaten Bädern
.
Außen weiß mit einem dunkelgrünen Kiel und zwei Decks wirkte die Yacht sportlich. Bei der Innenausstattung hatte Annabel Wert auf Funktionalität und Klarheit der Formen gelegt. Die Innenarchitektur stammte von einem italienischen Designer, der sich an der Bauhaus-Architektur orientierte. Eine moderne Kücheneinrichtung aus blitzendem Aluminium mit italienischem Geschirr, Bezüge aus teuren asiatischen Seidenstoffen auf klar geformten italienischen Sesseln und Sofas machten die Anemone für Annabel zu einer der schönsten Yachten in Port Douglas und Cairns. Als Kind hatte sie fast die meiste Zeit auf der Brücke beim Kapitän verbracht, wenn sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder Jonathan auf der Einhundertdreißig-Fuß-Yacht ihres Vaters, dem Medienmogul William Bailor, die Küste Australiens, die Baia California Mexikos, die Fidjis oder die Inseln der Karibik umfahren hatte. Sie kannte sich mit allen möglichen Funk- und Navigationsgeräten aus, war mit Motoren vertraut und hatte auf See noch nie wirklich Angst gehabt.
    „ Was für ein großartiger Tag!” Greg war auf die Brücke gekommen und gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange.
    „Ja! Perfekt!“, sagte sie bevor ihr einfiel, dass genau mit dieser Konversation ihre erste Begegnung angefangen hatte. Nur hatte sie vor sechs Jahren nicht auf einer Yacht sondern vor der Uni in Sydney stattgefunden vor ihrem ersten Seminar über Englische Literatur . Sie, einsachtzig groß, schlank, hellhäutig mit über die Schultern fallendem weißblonden Haar, er, gebräunt und dunkel haarig , galten sie anderthalb Jahre, bis Annabel das Studium vorzeitig beendete, als das Traumpaar. Nach einer längeren Zeit, in der sie jede Begegnung gemieden hatten, waren sie seit zwei Jahren gute Freunde, die vor allem die Tauch-Leidenschaft miteinander teilten. Allerdings hatte Annabel schon öfter bemerkt, dass Greg sich offenbar noch immer - oder wieder - Hoffnungen auf eine andere Art von Verhältnis machte.
    Greg lachte und knuffte ihr freundschaftlich in die Seite. Er war inzwischen Dozent an den Universitäten in Townsville und Cairns, hatte Freundinnen und Affären, wie er zugab, aber keine Frau, auf die er sich wirklich einließ. Immer, wenn er in Cairns war, fuhr er weiter nach Port Douglas, um Annabel zu treffen, die zweimal in der Woche als Tauchlehrerin die Ausflüge des Unternehmens Quicksilver zum Barrier Reef begleitete.
    „Ich kann’s heut kaum erwarten, ins Wasser zu springen!“, sagte er, „und du?“
    „Mhm.“ Annabel atmete tief die feuchte, salzige Luft ein, nahm die Bläue des Ozeans und des Himmels wahr, das Schlagen des Wassers an die Bordwand, das Spritzen, wenn sich die zart gekräuselten kleinen Wellen überschlugen.

    Da endlich tauchte es vor ihnen auf, schaumumspült und türkis: das Korallenriff. Annabel stoppte die Maschinen.
    „He, mal sehen, was uns heute da unten begegnet!“, sagte Greg bevor er ins Wasser sprang und das Boot an der Boje festmachte . Wieder zurück an Bord halfen sie einander mit geübten Bewegungen beim Anlegen der Taucherausrüstung,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher