Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
der Wind an die Reling geweht hatte. Der Ausriss hatte zwei scharfe und zwei gerissene Ränder. Es musste die noch fehlende rechte obere Ecke des nun vollständigen Fotos sein.
Es
waren zwei Gesichter zu sehen: dieselbe Frau, die auf Goran Hentschels Foto als Soldatin abgebildet war - und einen glücklich lächelnden Lutz Weinheimer, der den Arm um sie gelegt hatte. Steve kam hinkend auf ihn zu und blickte auf das Foto.
    „Mira hat Weinheimer mit Goran betrogen - und Goran mit ihm. Sie war zur gleichen Zeit auch mit Goran zusammen”, erklärte er hustend. „ Ich habe es Weinheimer gesagt. Dann hat er sich auf mich gestürzt.”
    Soweit Shane es erkennen konnte, war der Stich seitlich am Brustkorb vorbeigegangen.
Steve hatte Glück gehabt.
Die Klinge hatte nur Haut und Muskeln zerschnitten.
    „ Wo ist die Bombe?”
    Annabel war hinzugekommen und sah
ihn entsetzt an
.
    „ Was?”, keuchte Steve.
    „ Nick hat zwei Bombenzünder gekauft, und Sie hatten einen Bauplan dieses Bootes in Ihrem Wohnwagen.” Shane spürte, wie ihm langsam übel wurde, da das Boot nun ohne Motorantrieb dem Auf- und Ab der Wogen ausgeliefert war.
    Steve wurde
aschfahl
. „ Annabel, welche Tür hast du seit drei Tagen nicht mehr geöffnet?”
    Annabels Gesichtsausdruck v erriet völliges Unverständnis. „ Du hast eine Bombe ...?”
    „ Nein, nicht ich! Nick!”, rief Steve.
    Der Helikopter war jetzt über ihnen, Tamara lehnte sich heraus, und gab Shane ein Zeichen, dass man alle hinaufziehen würde. Das Seil mit dem Haltegurt baumelte über ihnen.
    „ Annabel, los,
Sie
steigen
zuerst
ein!”, schrie Shane gegen den Lärm der Rotorblätter und der immer stürmischer werdenden See an.
    Annabel
zögerte
.
    „ Verdammt noch mal, kommen Sie! Wir müssen
sofort
weg!”
    Das Boot wurde auf einen Wellenkamm gehoben, fiel wieder hinunter. Windböen warfen es hin und her. Wenn auf der Anemone tatsächlich eine Bombe installiert war, dann grenzte es schon fast an ein Wunder, dass sie von den Erschütterungen nicht ausgelöst worden war.
    „Nein, ich bleibe. Das ist mein Boot!“, schrie Annabel und klammerte sich an die Reling. Steve packte ihren Arm.
    „ Annabel! Erinnere dich! Die Tür!”
    Noch immer schien sie nicht zu begreifen. Ihre Augen tasteten sein Gesicht ab, suchten einen Hinweis in Shanes, kehrten wieder zu Steves Gesicht zurück, verharrten dort.
    „ Welche Tür hast du länger nicht geöffnet?”
D
ie Adern und Sehnen an seinem Hals und seinen Armen traten hervor und verrieten seine große Anspannung.
    Einen Moment noch war sie wie gelähmt, dann endlich
sagt
e sie: „ Die zum Abstellraum mit den Liegestühlen.”
    Steve ließ sie los.
    Er schrie jetzt und
humpelte
zu der schmalen Tür.
    Shane machte Tamara und dem Piloten ein Zeichen, sich zu entfernen, dann folgte er Steve, vom We llengang hin- und hergeworfen. „ Gehen Sie ans Steuer, Annabel!”
    Sie nickte mechanisch.
    Als übte die schmale weiße Aluminiumtür magische Kräfte aus, blieb Steve vor ihr stehen. Wegen des immer stärker werdenden Seegangs vibrierte die Tür, sie drohte jeden Moment aufzuspringen.
    „ Im Kosovo hat man öfter diese Sprengfallen installiert. In dem Moment, in dem jemand die Klinke der Haustür herunterdrückt oder dre ht, fliegt das Haus in die Luft! ”
    „ Haben Sie die Dinger auch installiert?” Shane stand jetzt ganz dicht bei ihm
.
    „ Meine Großmutter ist so umgekommen”, antwortete Steve und streckte langsam die Hand zum Türgriff aus.
    „ Halt!”, schrie Shane und hielt Steves Handgelenk umklammert.
    „ Glauben Sie, ich bin ein Selbstmörder?”, gab Steve zurück.
    Er
lachte das Lachen eines Mannes, der sich vor nichts mehr fürchtet.
Wieder
wurde das Boot hochgehoben und stürzte dann mit Wucht ins nächste Wellental. Der Himmel war dunkelgrau und hing so tief, als würde er gleich auf sie stürzen und sie ersticken. Regen prasselte auf sie nieder. Auf Deck war es glitschig.
    „ Ich steige durch die Luke ein”,
sagte
Steve. „ Ich weiß, wie man die Dinger entschärft.
Halten Sie den Türknauf fest!

    Shane wusste nicht, warum, aber er vertraute ihm. Der Helikopter hatte sich entfernt. Es wäre eben ein Leichtes gewesen, das Seil mit dem Tragegurt zu packen und sich in den sicheren Hubschrauber ziehen zu lassen. Stattdessen hielt er jetzt einen Türknauf in der Hand, an dem - jenseits der Tür - womöglich eine Sprengfalle installiert war, die beim leisesten Drehen des Türknopfs ausgelöst werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher