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TodesReich/Todesengel (German Edition)

TodesReich/Todesengel (German Edition)

Titel: TodesReich/Todesengel (German Edition)
Autoren: Andreas Peter
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sagte Weitzeger.
Dieser Höflichkeitssatz war einer der unhöflichsten Sätze, die es gab. In
Wahrheit bedeutete er nämlich: „Sie sind hier überflüssig.“
    „Frau
Hussmann. Sie wissen etwas über die verschwundenen Frauen?“
    „Wie
meinen sie das?“ fragte die Frau erschrocken.
    „Sie
schienen uns einen besonders nervösen Eindruck zu machen.“
    Wenn
man einem nervösen Menschen sagte, dass er nervös war, dann wurde er noch
nervöser. Wie wenn man jemandem der aufs Klo musste, Wasser plätschern
vorspielte, oder jemandem der rot war mitteilte, dass er rot war.
    Sie
begann an dem Ring den sie trug zu spielen.
    „Ich
bin für das Verschwinden von Frau Brückner verantwortlich.“
    „Fahren
sie fort.“
    „Sie
wohnte in einem Vorort von Bochum. Nah am Waldrand. Sie hatte nicht mal einen
Telefonanschluss. Die nächsten Nachbarn wohnten über einen halben Kilometer
weg. Ich hab ihr unser Heim empfohlen. Ich sagte, wenn ihr etwas zustoße - sie
von der Treppe fiele und Hilfe bräuchte, würde sie niemand hören. Ich habe sie
quasi in dieses Schicksal getrieben.“
    Kommissar
Kowalski atmete durch: „Frau Hussmann. Stellen sie sich vor, ich gehe nachher aus
dem Gebäude, dabei trete ich einer Mucke zufällig auf den Flügel. Jetzt kann
die Mucke nicht mehr richtig fliegen und trudelt einem Autofahrer durch das
geöffnete Fenster direkt in sein Auge, dadurch ist er für eine Viertelsekunde
abgelenkt und überfährt einen Fußgänger.
    Was
ich damit sagen will: Wir alle sind so gesehen für jedes Verbrechen
verantwortlich, dass auf der Erde geschieht. Kollektivschuld sozusagen. Sie
sind für das Verschwinden von Frau Brückner genauso wenig verantwortlich, wie
wir.
    Die Frau
nickte verstehend.
    „Holen
wir uns den Mann.“

 
    Der
junge Mann mit der Glatze hatte eine sehr sanfte Ausstrahlung. Das hieß
natürlich nichts. Es gab Wölfe in Schafspelzen, aber Weitzeger glaubte, dass
man an den Augen erkennen konnte, wieviel Charakter ein Mensch hatte und
welchen Charakter jemand hatte und in diesem Fall schien es ihm nicht so zu
sein, als wäre der Mann eines Verbrechens fähig. Nun, das Verschwinden von zwei
Frauen, die eine Vormundschaft hatten, war ja bereits ein Verbrechen. Wenn es allerdings
im ausdrücklichen Willen der Frauen geschah, war es nur vor dem Gesetz ein
Verbrechen, in Wirklichkeit aber nicht. Das half natürlich im Ernstfall nichts.
So, wie es jetzt stand, half sowieso alles nichts. Sie hatten kein Motiv. Nicht
nur bei einem möglichen Täter einer möglichen Tat, sondern es fehlte überhaupt
der mögliche Täter.
    „Herr
Karl. Kannten sie die beiden verschwundenen Frauen?“
    „Kommt
darauf an, was sie unter kennen verstehen. Ich hatte ab und zu Dienst auf den
Stationen, auf denen die Vermissten stationiert waren.“
    „Auch
zu den besagten Tatzeitpunkten?“
    „Wissen
sie den schon, dass es überhaupt eine Tat war?“
    „Nun.
Das verschwinden war jedenfalls bereits eine Tat.“
    „Aber
nicht unbedingt ein Verbrechen.“
    „Nach
dem Gesetz schon.“
    „Aber
das Gesetz ist für den Menschen, nicht der Mensch für das Gesetz.“
    „Deswegen
gibt es ja die Gerichte. Am Ende entscheidet ein Mensch über Recht und Unrecht,
nicht ein Gesetzbuch.“
    „Aber
ein Mensch ist fehlbar.“
    „Nun.
Gott ist bei weltlichen Gerichten selten zugegen, aber wir kommen vom Thema ab.
Kannten sie die beiden vermissten Frauen nun näher?“
    „Ich
habe ihnen zugehört.“
    „Auch
in den Nächten ihres Verschwindens?“
    „Nein.“
    „Hatten
sie in den Nächten des Verschwindens der beiden Frauen Dienst?“
    Kowalski
rechnete nicht damit, dass der Mann in diesem Punkt log. Das konnten sie zu
leicht nachprüfen.
    „Ja,
ich hatte Dienst. Aber nicht auf der gleichen Station.“
    „Woher
wissen sie so sicher, dass sie Dienst hatten?“ hackte Weitzeger nach.
    „Nun.
Ich bitte sie. Am nächsten Tag sind sie eingetrudelt und haben alle zum
Gemeinschaftsverhör gerufen. Da werde ich mich wohl daran erinnern, dass ich
Dienst hatte.“
    Da
hatte er natürlich Recht. Aber es half manchmal, Routinefragen zu stellen, um
Leute zu verunsichern. Je mehr Fragen man einem lügenden Menschen stellte,
desto mehr Lügen musste er erfinden. Und dabei hoffte man dann, dass er einen
Fehler machte. Wie bei einem Buchautor, der einen Roman ersann. Wobei wer bei
einem solchen einen Fehler erhoffte, der war wohl kein sonderlicher Freund
seiner Lektüre. Die Realität war nun mal immer schlüssig. Was wohl so eine
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