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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen
Autoren: D Koontz
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Kojoten, das außergewöhnliche Unwetter und den leuchtenden Wald, so wie die Ozeane auf den Einfluss des Mondes reagieren.
    Der Augenblick war mit einer mystischen Aura aufgeladen, die so tiefgründig, kraftvoll und ungewohnt war, dass Molly von Ehrfurcht ergriffen wurde. Sie zitterte in einem eigenartigen Hochgefühl, das man fast Freude hätte nennen können. Ihr Atem wurde rasch und flach, und sie bekam weiche Knie.
    Dann wurden die Kojoten alle im selben Moment von einem Entsetzen befallen, das offenbar noch stärker war als die Furcht, die sie aus dem Wald getrieben hatte. Mit einem dünnen, panischen Winseln flohen sie von der Veranda.
    Als sie an Molly vorbeiströmten, peitschten ihr die nassen Schweife an die Beine. Manche der Tiere hoben flehend den Blick, als erwarteten sie, Molly müsse den Grund ihrer Furcht begreifen und womöglich in der Lage sein, sie vor dem realen oder imaginären Feind zu retten, der sie aus ihren Verstecken getrieben hatte.
    Sie rannten die Stufen hinab in den Regen, ein dicht geschlossenes Rudel, das nicht jagte, sondern gejagt wurde.
    Das nasse Fell klebte ihnen am Leib, sodass magere Glieder, Sehnen und zähe Muskeln sichtbar wurden. Bisher waren Kojoten Molly immer aggressiv und bedrohlich vorgekommen, doch diese Tiere sahen verloren und desorientiert, ja fast jämmerlich aus.
    Molly trat zur Treppe in den Garten und starrte hinter dem Rudel her. Der Drang, ihm zu folgen, war so stark, dass sie dagegen ankämpfen musste, so irrational und verstörend er auch war.
    Während die Kojoten durch die Nacht und den seltsam schimmernden Regen in den Wald flohen, wandten sie immer wieder den Kopf und spähten am Haus vorbei in Richtung der Hügelkuppe dahinter. Geduckt, als witterten
sie den Geruch eines Verfolgers, glitten sie zwischen die Kiefern, so flink und leise wie graue Gespenster. Dann waren sie verschwunden.
    Fröstelnd presste Molly die gekreuzten Arme an den Körper und stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    Angespannt wartete sie, doch nichts folgte dem Rudel.
    Hier in den Bergen hatten Kojoten keine natürlichen Feinde, die ihnen gefährlich werden konnten. Die wenigen Bären, die es noch gab, ernährten sich von wilden Früchten, Knollen und zarten Wurzeln; wenn sie jagten, dann nichts Größeres als Fische. Luchse hatten das Vordringen des Menschen zwar in größerer Zahl überstanden als Bären, doch sie interessierten sich nur für Kaninchen, Ratten und Mäuse; andere Raubtiere hätten sie nie gejagt, nicht als Nahrung und schon gar nicht zum Spaß.
    Obwohl die Kojoten schon einige Minuten weg waren, hing ihr herber Geruch noch in der Luft. Er schien nicht abzunehmen, sondern stärker zu werden.
    Oben an der Treppe stehend, streckte Molly eine Hand aus. In der kühlen Herbstnacht war der schimmernde Regen, der ihr durch die Finger glitt, unerwartet warm.
    Das phosphoreszierende Wasser ließ die Fältchen auf ihren Fingerknöcheln sichtbar werden.
    Sie betrachtete ihre Handfläche. Die Kopflinie, die Herzlinie und die Lebenslinie leuchteten heller als die restliche Hand. Sie strahlten eine mysteriöse Bedeutung aus, als hätte sich in Molly plötzlich ein unbekanntes Zigeunererbe samt der Fähigkeit gemeldet, aus den Handlinien die Zukunft vorherzusagen.
    Als sie die Hand aus dem strömenden Regen zurückzog und daran schnupperte, registrierte sie den Geruch, den sie bisher den Kojoten zugeschrieben hatte, noch stärker als vorher. Er war zwar nicht so angenehm, um als Duft bezeichnet werden zu können, aber unangenehm war er auch
nicht. Zudem war er reich an Nuancen wie die Luft in einem Gewürzmarkt.
    Noch nie hatte Molly einen solchen Geruch wahrgenommen, und doch entdeckte sie in seinem vielfältigen Muster irgendeine irritierend vertraute Substanz, die ganz einfacher Natur war. Je bewusster sie versuchte, diesen zentralen Duft zu identifizieren, desto mehr entzog sich ihr die Bezeichnung.
    Obgleich der Regen wie eine komplexe Mischung aus Essenzen und exotischen Ölen roch, hatte er die Konsistenz gewöhnlichen Wassers. Als Molly Daumen und Fingerspitzen aneinanderrieb, spürte sie nichts Ungewöhnliches.
    Mit einem Mal wurde Molly klar, dass sie noch immer auf der Veranda stand, weil sie hoffte, die Kojoten würden zurückkehren. Zwischen ihnen zu stehen wie ein Lamm unter Löwen und zitternd auf eine Offenbarung zu warten, war eine so überwältigende Erfahrung gewesen, dass sie sich danach sehnte, sie zu
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