Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
eingetippt, als ihr klar wurde, dass kein Wählton zu hören war.
    Durch die offene Leitung kam ein Klangteppich aus gespenstisch oszillierenden elektronischen Tönen. Ein tiefes Pulsieren, ein hohes Pfeifen und Kreischen.
    Sie hängte auf.
    Im Haus befand sich eine Pistole. Oben. In der Nachttischschublade.
    Neil stieß einen dritten Schrei aus.
    Molly warf einen Blick auf die verschlossene Tür und spürte erneut den Drang, wie die Kojoten in die Nacht zu fliehen. Aber egal, was mit ihr los war – ob sie nun verrückt geworden war oder so töricht und hysterisch war wie ein Teenager –, ein Feigling war sie nicht.
    Sie ging zur Besteckschublade und zog das größte und schärfste Messer heraus.

3
    Molly wünschte sich Licht, möglichst stark und grell, doch sie betätigte keinen einzigen Schalter. Sie kannte das Haus besser, als irgendein Eindringling es kennen konnte; in diesen Räumen war die Dunkelheit ihre Verbündete.
    Von der Küche in den Flur und weiter zur Treppe bahnte sie sich mit der Spitze des Schlachtermessers einen Weg durch die Schatten.
    Einige der Treppenstufen ächzten, doch das Donnern des Regens übertönte die Geräusche von Mollys schnellen Schritten.
    Oben malte das Wasser noch immer leuchtende Galaxien auf die Kuppeln der Oberlichter. Ein schwacher Abglanz desselben Musters kroch über die Bodendielen.
    Als Molly sich dem Schlafzimmer näherte, hörte sie ein Stöhnen, gefolgt von einem Schrei, der leiser war als die vorherigen.
    Ihr Herz zog sich erst zusammen, dann hämmerte es heftig gegen den Käfig der Rippenbögen.
    Sie drückte die Tür auf und trat in den dunklen Raum. Das Schlachtermesser in ihrer Hand ruckte und zuckte wie eine Wünschelrute, als wollte sie damit den Standort eines feindlichen Eindringlings aufspüren.
    Das silbrig leuchtende Licht des Regens, das mit wässriger Unbeständigkeit durch den Raum wirbelte, erhellte nicht alle Ecken. Schatten zitterten und pochten; manche von ihnen sahen aus, als wären sie eventuell nicht nur Schatten.

    Dennoch ließ Molly das Messer sinken. Aus der Nähe sah sie, dass das Stöhnen und die Schreie ihres Mannes auf nichts Bedrohlicheres zurückzuführen waren als auf einen Kampf mit einem Albtraum.
    Normalerweise war Neils Schlaf nicht nur tief, sondern auch ungestört von wilden Träumen. Wenn ihm der Sandmann überhaupt eine Geschichte brachte, dann war sie tröstlich, wenn nicht gar komisch.
    Gelegentlich hatte Molly ihn im Schlaf lächeln sehen. Einmal hatte er, ohne aufzuwachen, sogar laut aufgelacht.
    Wie bei allem, was in den frühen Stunden dieses Mittwochs geschah, gab die Vergangenheit einfach keine verlässlichen Hinweise auf die Gegenwart. Neils Traum war eindeutig von anderer Art als die Träume, die er in den sieben Jahren, die Molly das Bett mit ihm teilte, gehabt hatte. Sein jagender Atem und seine Angstschreie wiesen darauf hin, dass er verzweifelt durch imaginäre Wälder rannte, verfolgt von einem Schrecken, der unerbittlich näher kam.
    Molly schaltete die Nachttischlampe an. Das aufflammende Licht weckte Neil nicht auf.
    Vom Angstschweiß war sein braunes Haar fast schwarz. Auch sein Gesicht glänzte.
    »Neil?«, sagte Molly, während sie das Messer auf den Nachttisch legte.
    Auch sein leise ausgesprochener Name rüttelte ihn nicht wach.
    Stattdessen reagierte er, als hätte er die nahe, raue Stimme des Todes gehört. Mit verkrampften Halsmuskeln warf er den Kopf hin und her und zerrte mit den Fäusten am Laken, als wäre es ein enges Leichentuch, in dem man ihn verfrüht begraben hatte. Flach und panisch atmend, holte er Luft für einen neuen Schrei.
    Molly legte ihm eine Hand auf die Schulter: »Liebling, du träumst!«

    Mit einem unterdrückten Schrei fuhr er auf, packte die Hand, die ihn berührte, am Gelenk, und riss sie von seiner Schulter weg, als umklammerte sie einen mörderischen Dolch.
    Selbst als er wach war, schien er die Bedrohung aus seinem Traum immer noch zu sehen. Seine Augen waren angstvoll geweitet, sein Gesicht hatte neue, scharfe Konturen.
    Molly zuckte vor Schmerz zusammen. »He, lass los, ich bin es!«
    Er blinzelte, schauderte, ließ sie los.
    Sie trat einen Schritt zurück und rieb sich das gerötete Gelenk. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    Neil strampelte die Decke weg, richtete sich auf und setzte sich auf die Bettkante.
    Er trug nur seine Pyjamahose. Groß war er nicht, knapp einen Meter achtzig, aber er war fit und hatte kräftige Schultern und muskulöse Arme.
    Molly
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher